Heizungsdebatte Coburg Fernwärme wird attraktiver

Zum Erreichen der Klimaziele gibt es einige Technologien, auf die Städte setzen können. So planen Coburg, Rödental und Neustadt die Wärme aus der Leitung.

 
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Der rote Bereich zeigt, wo es derzeit Fernwärme in der Stadt gibt. In den kommenden Jahren sollen mehr Gebiete dazukommen. Die Versorgungstrassen in Coburg wachsen jährlich um zwei Kilometer, heißt es von der SÜC . Foto: NP/NP

Während bei einigen schon beim Wort „Grüne“ der Hut kocht, können sich andere in der Heizungsdebatte schon jetzt entspannt zurücklehnen. Fernwärme heißt das Zauberwort! Sie soll nach den Vorstellungen von Wirtschaftsminister Robert Habeck in ganz Deutschland eine wirkliche Alternative zu Wärmepumpen und anderen klimafreundlichen Heizungen werden, mit jährlich 100 000 neuen Anschlüssen ans Leitungsnetz. Auch diese Novellierung des Fernwärme-Gesetzes bringt die Bundesregierung derzeit auf den Weg. Kleinstädte sollen bis Ende 2028 Pläne hierzu vorlegen.

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In der Vestestadt liegt das Thema fest bei der SÜC, die seit Beginn des Ukraine-Krieges und der damit einhergehenden Energiekrise eine deutlich höhere Nachfrage wahrgenommen hat. Sie erklärt auch, wie die Technologie funktioniert: „Unsere Fernwärme wird im hiesigen Müllheizkraftwerk durch die Abwärme aus der Müllverbrennung erzeugt und kommt per unterirdischer Rohrleitung zu unseren Kunden. Daneben betreiben wir zur Strom- und Wärmeerzeugung aber auch ein Blockheizkraftwerk auf unserem Betriebsgelände am Anger.“

Es mangelt der Heiz-Debatte an sachlichen Argumenten

Deutschlandweit stammt die Energie noch zu rund 70 Prozent aus klimaschädlichen, fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas. Das soll sich aber laut Fernwärmegesetz bis 2030 auf 50 Prozent erneuerbare Energien oder Abwärme ändern. Bis 2045 müssen sie gar komplett CO2-neutral sein. Die Fernwärme der SÜC im Coburger Stadtgebiet gilt im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes als klimaneutral, heißt es vom Konzern. Die Nachfrage sei zudem ungebrochen: „Aktuell versorgen wir etwa 500 Kunden (750 Zähler), darunter zahlreiche Industrie- und Gewerbekunden sowie viele Mehrfamilienhäuser. Unser Stadtnetz hat eine Trassenlänge von 30 Kilometer und befindet sich östlich der Bahnlinie. Daneben betreiben wir aber auch mehrere Arealnetze mittels Kraft-Wärme-Kopplung, zum Beispiel in Cortendorf, auf der Bertelsdorfer Höhe oder auch in Weidach.“ Die SÜC versorgt etwa 60 000 Haushalte und 2 500 Gewerbekunden mit ihren zahlreichen Angeboten.

Klimaschutzbeauftragter Stefan Sauerteig (SPD) sieht im Ausbau des Fernwärme-Netzes einen wichtigen Baustein der Energiewende in Coburg. Dabei ist die derzeitige Heizdebatte aber ein Problem: „Leider wird in der politischen Diskussion viel mit unsachlichen Argumenten gearbeitet, die zur Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger führen. Dies ist absolut kontraproduktiv, sowohl für das Erreichen unserer Klimaziele als auch bezüglich der Bereitschaft der Bürger, in eine nachhaltige Zukunft zu investieren.“ Häuslebauern, die aufgrund einer intakten Heizung keine akute Not haben, würde er raten, zunächst die Angebote der Bürgerenergieberatung in Anspruch zu nehmen und anschließend einen Energieberater zu konsultieren, der einen individuellen Plan zur Steigerung der Energieeffizienz passend zu ihrem Gebäude erstellt. Zum Erreichen der Klimaziele müsse aber auch beim Fernwärmeausbau klar auf „Grüne Fernwärme“ gesetzt werden: „Dazu zählt neben der Verbrennung von Biomasse, der Nutzung von Solarthermie oder Erdwärme meiner Meinung nach auch die Nutzung der Abwärme aus der Verbrennung von Abfall in Müllheizkraftwerken“, sagt Sauerteig. Auch in der Wasserstofftechnologie sieht er Chancen.

SÜC erweitert Trassen jährlich um zwei Kilometer

Besonders bei schwierig zu sanierenden historischen Gebäuden sieht der stellvertretende Klimaschutzbeauftragte Wolfgang Weiß (Grüne) in der Wärme aus dem Kraftwerk großes Potenzial. Auch er will den Ausbau schneller voranbringen: „Die grüne Fraktion hat im Dezember 2021 einen Stadtratsantrag gestellt, um einen Energie- und Wärmenutzungsplan für die gesamte Stadt auf den Weg zu bringen und so die Fernwärme zu forcieren.“ Der Antrag wurde positiv beschieden, konzentriere sich zunächst auf die Bereiche ‚Demo’ und das Neubaugebiet ‚Am Flecken’ in Seidmannsdorf.

Während der Energieeffizienz-Verband für Wärme, Kälte und KKW in Zukunft einen Fernwärme-Anteil von derzeit 14 auf 30 Prozent bis 2050 prognostiziert, verlängert auch die SÜC ihre bestehenden Trassen jährlich um etwa zwei Kilometer: „Daneben ist unser mittelfristiges Ziel, die Arealnetze an das Stadtnetz anzubinden, aber auch weitere Netze mit nachhaltigen Energiesystemen zu entwickeln.“

Demnächst stehen der Ausbau in der Rosenauer Straße Richtung Cortendorf, im Kürengrund, in der Lauterer Straße Richtung Bertelsdorfer Höhe und im Bereich Gustav-Hirschfeld-Ring an. In engem Austausch steht die SÜC zudem mit dem CEB, wo im Klärwerk eine Energiezentrale entsteht. Dort könnte man in naher Zukunft aus der Abwärme der Abwässer Fernwärme erzeugen. Da, wo es nicht wirtschaftlich ausgebaut werden kann, sollte die Stadt laut Klimaschutzbeauftragten auf dezentrale Nahwärmekonzepte setzen: Bei neu zur Erschließung anstehenden Bauflächen – sollte immer nach Lösungen gesucht werden, die für weitgehende Klimaneutralität sorgen.

Wie sieht es in Rödental und Neustadt bei Coburg aus?

In Rödental betreiben die Stadtwerke aktuell zwei Heizzentralen, eine davon im Hallenbad. Diese versorgt die Bereiche um den Bürgerplatz mit elf Abnahmestellen, unter anderem das Rathaus, die Franz-Goebel-Halle oder den Kindergarten und die Schule Rödental-Mitte. Die zweite Heizzentrale in der Schule Rödental-Oeslau versorgt umliegende Häuser der Wohnbau. In Neustadt bei Coburg gibt es schon seit Ende der 70er-Jahre ein kleineres Fernwärmenetz mit 25 Hausanschlüssen im Bereich Schaumberger Siedlung. Derzeit wird ein zweites im Bereich ehemalige Märchenschau, also der Karl-Kiesewetter-Straße aufgebaut. In den kommenden Wochen werden die Rohre für fünf größere Anschlussnehmer mit bis zu 30 Wohneinheiten verlegt. Die Wärme kommt aus einem erdgasbetriebenen Blockheizkraftwerk. Weitere Gebiete im Zuge des neuen Energienutzungsplans der Stadt sind in Untersuchung, heißt es von den Stadtwerken.