Hilfe für Nachbarn Unterstützung für Familien in der Pandemie

Einer hilft dem anderen. Das ist das Grundprinzip von Hilfe für Nachbarn Coburg. Der Verein hat auch 2020 seine erfolgreiche Arbeit fortsetzen können, sagt Vorstandsvorsitzender Dr. Jürgen Müller. Foto: hfn

Die Corona-Pandemie belastet Menschen in bislang ungekanntem Ausmaß. Der Verein Hilfe für Nachbarn Coburg kann Auswege aus Notsituationen aufzeigen.

 
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Coburg - Herr Dr. Müller, wie sieht die Bilanz des Vereins Hilfe für Nachbarn Coburg für das „Corona-Jahr“ 2020 aus?

Jürgen Müller: Es ist anders verlaufen, als wir dies eingeschätzt haben. Wir haben eine deutliche Zunahme an Hilfsanträgen erwartet. Aber nach Einführung der Ausgangsbeschränkungen im Frühjahr war die Zahl der Hilfsanträge sogar rückläufig, weil die persönliche Vorsprache der Antragsteller bei den Wohlfahrtsverbänden und bei den Ämtern von Stadt und Landkreis nicht oder nur in Ausnahmefällen möglich war. Viele Betroffene wussten zudem nicht, dass wir als Verein unsere Arbeit – wenn auch mit gewissen Veränderungen in den Abläufen – auch ohne persönliche Termine fortsetzen konnten. Im zweiten Halbjahr hat sich die Anzahl der Anträge und der geleisteten Unterstützungen auf das Niveau der Vorjahre eingependelt.

Wie entwickelt sich das Spendenaufkommen?

Der Verein Hilfe für Nachbarn Coburg hat seit seiner Gründung im Jahr 2011 im vergangenen Jahr das zweithöchste Spendenaufkommen verzeichnen dürfen! Wir stellen unverändert eine große Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in Stadt und Landkreis Coburg fest. Darüber sind wir sehr erfreut, und dafür sind wir dankbar. Auch hier lagen wir mit unseren Erwartungen – erfreulicherweise – nicht richtig; wir haben eingeschätzt, dass aufgrund der pandemiebedingten Verunsicherung der nahen und mittelfristigen Zukunft die Bereitwilligkeit zu Spenden abnimmt. Dass das nicht der Fall ist macht deutlich, wie hoch das bürgerliche Engagement in der Bevölkerung ist.

Wo konnte Hilfe für Nachbarn Coburg 2020 Unterstützung leisten?

Die Förderungen liegen in einer Bandbreite von fünf bis zu rund 1200. Beispielhaft zu nennen sind Hilfsleistungen in Form von Zuschüssen zum Lebensunterhalt und zu Gesundheitskosten. Auch Zuzahlungen für Möbel bzw. Umzugskosten im Zusammenhang mit einem Wohnungswechsel, der alters- oder gesundheitsbedingt notwendig wurde, hat der Verein übernommen. Der Großteil der finanziellen Leistungen liegt im Bereich unter 200 Euro. An erster Stelle stehen nach wie vor existenzsichernde Unterstützungen in akuten Notlagen. Darüber hinaus wurden Spenden für Möbel, Haushaltsgeräte, Fahrt- und Umzugskosten, Gesundheit sowie Kinder und Bildungen geleistet. Hinzugekommen sind – allerdings in geringem Umfang – pandemiebedingte Notlagen.

Wie läuft trotz aller Kontaktbeschränkungen die Zusammenarbeit mit den Sozialämtern von Stadt und Landkreis Coburg sowie den Wohlfahrtsverbänden?

Sehr gut! Die Ansprechpartner bei den Wohlfahrtsverbänden, vor allem bei der Caritas und der Diakonie, sind für Anträge von Hilfesuchenden uneingeschränkt erreichbar. Dies gilt auch für die Sozialämter, wenn auch mit Einschränkungen im persönlichen Kontakt. Die Kommunikation zwischen den Wohlfahrtsverbänden sowie den Ämtern von Stadt bzw. Landratsamt und dem Verein erfolgt ohnehin elektronisch; auch der Vorstand trifft seine Entscheidungen über Hilfsanträge digital oder im Einzelfall telefonisch.

Wie sind die Aussichten für 2021, wo wird Unterstützung, die Hilfe für Nachbarn Coburg leisten kann, Ihrer Erwartung nach besonders nötig sein?

Unsere Tätigkeit, unverschuldet in Not geratene Bürger in einer vorübergehenden Krisensituation zu unterstützen, wird möglicherweise auch von Familien und Alleinstehenden in Anspruch genommen werden, die bisher weit von einer solchen Situation entfernt waren. Aber wenn Kurzarbeit und der Verlust eines Minijobs zu erheblichen Einbußen beim monatlichen Einkommen führen, sind Rücklagen schnell aufgebraucht. Dann ist für einen finanziellen Sonderbedarf, der keinen Aufschub duldet, kein Spielraum mehr. Auch das Home-Schooling wird für uns ein Thema sein. Nicht in jeder Familie ist die benötigte Hardware und Software vorhanden. Zur „digitalen Teilhabe“ bedarf es finanzieller Mittel. Wer über diese Mittel nicht verfügt, dem ist eine solche Teilhabe versagt.

Was hat sich der Verein Hilfe für Nachbarn Coburg für das Jahr 2021 vorgenommen?

Wir glauben, dass pandemiebedingt Familien in eine finanzielle Schieflage geraten, weil – wie schon erwähnt – Kurzarbeit und der Verlust eines Minijobs nicht ohne Auswirkungen bleiben können. Wir haben erwartet, dass uns vor diesem Hintergrund viel mehr Anträge erreichen. Entweder wollen die betroffenen Familien keine Spendenleistungen beantragen, weil sie bisher noch nie in einer solchen Situation waren. Oder die betroffenen Familien wissen nicht, dass wir in einer solchen Situation Hilfe anbieten können. Es ist unser Ziel, diesen Familien unser Angebot nahe zu bringen. Bei Fragen rund um Unterstützungsleistungen von Hilfe für Nachbarn ist beispielsweise die Caritas unter der Telefonnummer 09561/81 44 11 oder die Diakonie unter der Telefonnummer 09561/79 90 500 erreichbar. So können gemeinsam mit dem Berater weitere Einzelheiten geklärt und das weitere Vorgehen besprochen werden. Das erfolgt – wie bisher – schnell und unbürokratisch.

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