Wer heutzutage zum ersten Mal den Mount Everest in der Hauptsaison im Frühling besteigen will, hat inzwischen doppelt so hohe Erfolgschancen wie noch vor etwa 20 Jahren, berichten US-Forscher im Fachjournal "PLOS One". Und die Sterberate blieb demnach nahezu unverändert.
300 bis 400 Gipfelstürmer im Jahr
Mit der Sherpa-Unterstützung schaffen es nun jedes Jahr 300 bis 400 Ausländerinnen und Ausländer zum höchsten Selfie-Punkt der Welt - Abenteurer, Monarchen, Milliardäre und viele Rekordjägerinnen. Auch ein 80-jähriger Japaner, ein 13-jähriger Amerikaner und mehrere amputierte sowie blinde Menschen waren schon dort.
"Bergsteiger müssen heutzutage nicht mehr hart arbeiten", konstatierte Kami Krita Sherpa. "Sie können sich einfach den Seilen entlanghangeln, die Sherpas entlang der ganzen Route verankert haben." Insgesamt standen nach Angaben des Expeditionsarchivs "Himalayan Database" mehr als 6600 Menschen 12.000 Mal auf dem Gipfel. Sie hinterließen kaputte Zelte, leere Sauerstoffflaschen, Essensverpackungen und anderen Abfall, der dem Berg traurige Berühmtheit als höchstgelegene Müllhalde der Welt verschafft hat.
"Es ist gut, dass der Mount Everest jetzt so beliebt ist", sagt Kami Rita Sherpa. "Mehr Tourismus hilft uns allen." Aber die Tatsache, dass immer mehr Menschen ohne jegliche Erfahrung das große Abenteuer am Berg suchen, beunruhigt ihn: "Sie riskieren ihr Leben - und das von anderen." Auch von Sherpas wie ihm. "Man braucht trotz alledem gewisse Fähigkeiten, eine gute Gesundheit und Glück, um die Kälte, die dünne Luft, Lawinen und andere Gefahren zu überleben."
Berg des Todes
Einige Abenteurerinnen und Abenteurer holen sich Frostbeulen oder sie bekommen anschließend Zehen amputiert. Und wer nach oben will, muss an Leichen vorbei. Dutzende Körper sind nie geborgen worden - auch weil dies teuer ist. Insgesamt sind nach Daten der "Himalayan Database" mehr als 300 Menschen bislang auf dem Berg gestorben - mehr als ein Drittel davon Sherpas. Sie müssen die großen Lasten schleppen und damit häufiger zwischen den vier Höhenlagern auf- und absteigen als ihre Kundinnen und Kunden, die hingegen oft mehr Ruhm und Anerkennung in Form von Sponsoring oder Bücherverträgen kriegen.
Inzwischen würden etliche Sherpa-Bergführer ihren Job aufgeben und Alternativjobs suchen - etwa als Bergführer im Ausland oder in einem ganz anderen Beruf, sagte Kami Rita Sherpa. Die hohen Risiken seien für viele Bergführer trotz einer Bezahlung von umgerechnet knapp 3000 Euro bis mehr als 10.000 Euro je nach Erfahrung für pro Saison schlicht nicht wert, ihr Leben zu riskieren.
Und wenn einem etwas zustieße, sei die Familie schlecht abgesichert. Um die Nachfrage im Bergsteigerbusiness zu decken, würden Expeditionsfirmen heutzutage Bergführer und Gepäckträger mit wenig oder gar keiner Erfahrung anheuern, sagte er. Das sei ein besorgniserregender Trend. Selbst will er so lange weiter auf den Mount Everest steigen, wie es seine Gesundheit erlaube. Aber seinen Kindern rät er, einen anderen Job einzuschlagen. Seine Tochter Pasang studiert Informatik, sein Sohn Lakpa Tourismusmanagement.