Hitzewelle Patienten leiden unter hohen Temperaturen

Der Innenhof im Haßfurter Seniorenheim bietet glücklicherweise viele schattige Plätze. So kommt der heilige Bruno, Namensgeber der Einrichtung, nicht ins Schwitzen. Foto: Christine Vogl

Menschen, die im medizinischen sowie im Pflegebereich arbeiten, sind bei Hitzewellen besonders gefordert

 
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Während der Sommer 2021 sprichwörtlich ins Wasser gefallen ist, kämpft Deutschland in diesem Jahr mit zahlreichen Hitzewellen. Temperaturen über 30 Grad, mancherorts sogar bis 40 Grad: Da fragt sich mancher, wie er das noch aushalten soll. Wohl dem, der daheim in einem gut temperierten Haus sitzt oder auf der Arbeit die Vorzüge einer Klimaanlage genießen kann. Doch dieser Luxus ist nicht jedem gegönnt. Im Medizin- und Pflegebereich gelten häufig besondere Kleider- und Hygienevorschriften, die es dem Personal oft unmöglich machen, sich „luftiger“ zu kleiden. Die ihnen anvertrauten Patienten und Senioren können zwar die Kleidung anpassen – in ihren Zimmern allerdings sind in der Regel auch keine Klimaanlagen vorhanden.

Während sowohl die Haßberg-Kliniken als auch das BRK nicht von einer deutlich spürbaren Zunahme an „Notfällen“ durch Hitze sprechen, sind die Probleme für Personal und Patienten sehr wohl ein Thema. „Unsere Patienten bekommen anstatt dicker Decken dünne Laken und werden vermehrt zum Trinken angehalten“, so Anja Engel vom Qualitätsmanagement der Haßberg-Kliniken. „Die Klinik bietet unserem Personal zudem seit der letzten Hitzewelle kostenlos Wasser an und wir hatten auch eine Aktion, bei der Gratis-Eis an die Kollegen ausgegeben wurde.“

Auch die Diakonie Bamberg-Forchheim versucht in ihren Einrichtungen das Möglichste, um Personal und Bewohnern die Hitze so erträglich wie möglich zu machen. Stefan Dünkel, Einrichtungsleiter des Diakonie-Seniorenzentrums St. Elisabeth in Ebern, erzählt: „Wir arbeiten viel mit Ventilatoren und versuchen, tagsüber so wenig Hitze wie möglich in die Einrichtung zu lassen. Zusätzlich verteilen wir an Pflegekräfte ein kühlendes Spray, die Küche macht mal Eiskaffee, es gibt Wassermelone, allgemein leichtere Kost. D ie Betreuer und die Pfleger achten verstärkt auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr bei den Senioren.“ Generell stünden, so Ute Nickel, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Diakonischen Werks Bamberg-Forchheim e. V., „den Mitarbeitenden und Bewohnern in unseren Pflegeheimen ausreichend Getränke zur Verfügung.“ Die Nachtschicht lüftet, tagsüber wird beschattet – das sei in allen Einrichtungen der Diakonie so. „Auch Ventilatoren sind im Einsatz. In der ein oder anderen Einrichtung erlaubt die jeweilige Leitung den Mitarbeitenden an heißen Tagen auch, kurze Hosen statt der ‚Diensthose’ zu tragen“, so Nickel.

Eine Besonderheit gebe es in dem Bamberger Diakonie-Seniorenzentrum Albrecht Dürer: „Unsere Nachtwachen haben ein ‚Kühlwännchen’, das ist eine Waschschüssel mit Wasser und einer Ölmischung aus Zitrone und Pfefferminze, die unsere Aromapflegerin herstellt, mittels der man mit Einmalwaschhandschuhen den Bewohnern an Armen und Gesicht etwas Abkühlung verschaffen kann“, so Christine Lechner, die dortige Einrichtungsleiterin.

Spannend ist auch, was Wolfgang Streit, Abteilungsleiter stationäre Altenhilfe, berichtet: „Zwar noch nicht realisiert, aber vorgesehen ist in unserem Seniorenzentrum Dietrich Bonhoeffer, das aktuell in Frensdorf gebaut wird, die Kühlung der Aufenthaltsräume der Bewohner und der Diensträume der Mitarbeiter auf besonderem Weg. Möglich werden soll das durch die Nutzung von Geothermie, mittels der wir das Gebäude im Winter beheizen und im Sommer kühlen können. Wir versprechen uns dadurch eine Absenkung der Raumtemperatur von zwei bis drei Grad.“ So stellt sich die Diakonie Bamberg-Forchheim unter anderem auf zukünftige Hitzewellen ein, die sicher kommen werden.

Und auch die Caritas versucht, ihren Bewohnern und Mitarbeitern die Hitze erträglicher zu machen. Heike Ehlert, Einrichtungsleiterin Caritas-Seniorenheim Sankt Bruno in Haßfurt: „In regelmäßigen Trinkrunden animieren wir die Bewohner, genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Und auch die Küche versorgt uns mit flüssigkeitsreicher Kost. Da gibt es zwischendurch mal Wassermelone, Eis, Eistee, Eiscafé oder fruchtige Smoothies.“ Darüber hinaus sorge man natürlich mit Beschattungsmaßnahmen und Ventilatoren für ein gutes Raumklima und meide den Gang nach draußen in den heißen Phasen des Tages. Das Betreuungsangebot sei den Temperaturen entsprechend angepasst. Zwar könne man nicht verhindern, dass die Mitarbeiter ins Schwitzen kommen, aber „mit Ventilatoren im Dienstzimmer und Wasserspendern versuchen wir, es zumindest erträglicher zu machen.“

Noch größeren Herausforderungen müssen sich die Mitarbeiter des BRK stellen. Auch hier kann man nicht von einer Zunahme an hitzebedingten Einsätzen in den vergangenen Jahren sprechen, wie Michael Will, Pressesprecher des BRK Haßberge, ähnlich wie seine Kollegen aus den Haßberg-Kliniken bestätigt. „In den vergangenen Wochen mit zum Teil starker Hitzebelastung und Temperaturen von teilweise über 35 Grad Celsius hatten wir einige Dutzend Einsätze mit direktem Hitzebezug. Dabei handelt es sich in aller Regel um keine lebensbedrohlichen Ereignisse, sondern in den allermeisten Fällen um Kollaps-Geschehnisse in Verbindung mit Blutdruckentgleisungen.“ Bedingt werden diese beispielsweise dadurch, dass sich der Patient bei hohen Außentemperaturen zuvor körperlich extrem angestrengt hat, in aller Regel auch in der Kombination mit für die Temperaturen und die körperliche Betätigung nicht ausreichend zugeführter Trinkmenge.“ Körperliche Extrembelastung – ein Stichwort, das vor allem auch auf die Retter selbst zutrifft. Ob 20 Grad oder 40 – sie müssen raus, helfen. Und das häufig in Schutzkleidung wie Sicherheitsstiefel, Einsatzhosen und in bestimmten Fällen auch Einsatzjacken und Schutzhelm. „Hinzu kommt bei Einsätzen oft starke körperliche Anstrengung: beispielsweise beim Tragen der schweren Notfallausrüstung in obere Stockwerke, bei mitunter bis zu 45 Minuten dauernden Reanimationsmaßnahmen sowie beim Tragen und Transport von nicht gehfähigen Patienten aus Obergeschossen zum Rettungswagen“, so Will.

Im Zuge von Infektionstransporten, die aufgrund von Corona-Infektionen aktuell wieder deutlich zunähmen, komme auf die Kollegen im Rettungsdienst eine weitere Belastung zu: Solche Transporte können nur mit besonderer Schutzausrüstung durchgeführt werden. Zusätzlich müssen hierbei ein Schutzkittel und gegebenenfalls auch eine Schutzbrille getragen werden. „Der Kittel hat innen eine Plastik-Beschichtung, wodurch man bei hochsommerlichen Temperaturen noch mehr schwitzt“, erklärt Will. Generell helfe da nur viel trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Es gebe Acht- beziehungsweise Zwölf-Stunden-Schichten, da komme man „auf eine Flüssigkeitszufuhr von vier bis fünf Liter Wasser, wenn man von einem Einsatz zum nächsten unterwegs ist und dabei zudem stärkere körperliche Anstrengungen leisten muss. Möglichkeiten zur Abkühlung gibt es während des Dienstes in aller Regel selten, da hohes Einsatzaufkommen herrscht.“ Mitunter bestehe nach Patienteneinlieferung in Kliniken die Möglichkeit, „sich mal frisch zu machen. Und wenn sich die Möglichkeit bietet, können sich die Kollegen zwischendurch mal ein Eis gönnen.“ Oder sie bekommen es gleich spendiert – wie am Mittwoch der vergangenen Woche. Da konnten sich die BRKler über eine Abkühlung freuen, die der Kreisverband gesponsort hatte.

Natürlich seien auch Rettungsdienstmitarbeiter nur Menschen und nicht vor Überanstrengung oder Hitzebelastungen gefeit: „So musste vorletzte Woche beispielsweise ein junger Notfallsanitäter von einem Kollegen abgelöst werden, weil er aufgrund der Hitze gesundheitliche Probleme bekam. Er war zuvor mit seinem Team bei einem schweren Verkehrsunfall im Einsatz und stand an der Unfallstelle während der Versorgung und Rettung der Patienten fast eine Stunde lang in der prallen Sonne“, führt Will aus. Nach dem Einsatz folgten unmittelbar darauf noch zwei weitere Notfalleinsätze bei starker Sonneneinstrahlung im Freien, sodass der Notfallsanitäter rund eineinhalb Stunden vor seinem Dienstende am Abend über starke Übelkeit und Schwindel klagte und kurz vor einem Kreislaufkollaps stand. „Diesen konnten seine Kollegen durch entsprechende Erste-Hilfe-Maßnahmen zum Glück gerade noch abwenden.“

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