Hochschule Coburg Hebamme? Studium!

Bislang absolvierten Hebammen eine Ausbildung an einer Berufsfachschule. Eine neue Regelung sieht vor, dass – nach einer Übergangsfrist – Hebammen künftig ein Studium absolvieren müssen. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Jan Woitas

Ab sofort wird die Ausbildung akademisch: Beim Studiengang Hebammenkunde an der Hochschule haben sich rund 20 Studierende eingeschrieben.

 
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Coburg - Der Beruf gehört wohl zu den ältesten überhaupt: Die Hebamme, die werdende Mütter während Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit begleitet, unterstützt und berät. Während das Berufsbild Mitte bereits des 20. Jahrhunderts einmal einen einschneidenden Wandel erlebte – nämlich mit der Verlagerung der Geburt in das Krankenhaus – steht nun ein neuer Abschnitt der Ausbildung von Hebammen an. Seit Anfang des vergangenen Jahres gilt: Wer Hebamme werden will, muss ein Studium absolvieren. Lediglich in einer Übergangsfrist dürfen Hebammenschulen noch Kurse anbieten.

Passend dazu startet im anstehenden Wintersemester an der Hochschule Coburg der neue Studiengang Hebammenkunde. Ein duales Studium, sieben Semester lang, angesiedelt an der neu gegründeten Fakultät Ganzheitliche Gesundheitswissenschaften. „Das Studium der Hebammenkunde an unserer Fakultät kommt dem Bestreben aller Beteiligten aus der Praxis entgegen, die Geburtshilfe weiter zu professionalisieren“, betont Gründungsdekan Andreas Helmut Grün. Bisher sind rund 20 Studierende eingeschrieben, wie Pia Dahlem vom Referat für Marketing und Kommunikation an der Coburger Hochschule bestätigt. Ein Mann sei zwar nicht darunter, aber: „Das Interesse für den Studiengang war schon in den vergangenen Monaten sehr, sehr groß.“

Unterstützt wird sein Team von der Hebamme Andrea Paucke, die auf viele Jahres Berufserfahrung zurückblickt. Sie hat ganz klar die Vorteile der akademischen Ausbildung im Blick: „Der medizinische Anspruch an Hebammenleistungen ist deutlich gestiegen und der Wissenszuwachs in der Medizin ist enorm. Daher ist es nötig, sich mit der Wissenschaft auseinanderzusetzen und sie fundiert und reflektiert einzusetzen.“ Auch könne es so gelingen, mit anderen Berufsgruppen im klinischen Bereich auf Augenhöhe zu agieren. Das ist besonders wichtig, denn: „Hebammen müssen oft schnell verantwortungsvolle Entscheidungen treffen, auch wenn mal keine Ärztin oder kein Arzt dabei ist.“

Gelingen soll die akademische Ausbildung durch eine Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis. So werden die Studierenden praktische Erfahrungen in den kooperierenden Kliniken des Gesundheitssystems sammeln können. Dafür ist ein berufspraktischer Ausbildungsvertrag der Studierenden mit einem der Praxispartner nötig. „Mit dem Ausbildungsvertrag ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Ausbildungsgehalt garantiert“, erklärt Andrea Paucke. Das könne eine zusätzliche Motivation sein, schließlich erleichtere ein fixes Einkommen das Studium. Wichtig sei ferner, dass Interessierte über eine besondere soziale Kompetenz verfügen. „Das Fachwissen lernt man ja, aber man braucht vor allem viel Empathie, um sich in die Situation der werdenden Eltern einzufühlen. Gleichzeitig die Fähigkeit sich zu distanzieren. Das ist gerade in Notfallsituationen wichtig“, verdeutlicht die erfahrene Hebamme.

Während der Übergangsfrist, die noch bis zum 31. Dezember 2022 läuft, haben Hebammenschülerinnen somit zwei Möglichkeiten: Entweder können sie sich für ein Studium wie das an der Hochschule Coburg entscheiden oder aber sie absolvieren die Ausbildung an einer Berufsfachschule, die dann aber bis spätestens 2027 abgeschlossen ist. Für letztere reicht weiterhin eine zehnjährige allgemeine Schulbildung als Zugangsvoraussetzung. Für das Bachelorstudium ist das Abitur beziehungsweise eine Fachhochschulreife Voraussetzungen.

Sorge darum, dass es damit Hebammen zweiter Klasse gibt, haben die bereits praktizierenden Hebammen nicht, wie die Coburger Hebamme Ulrike Yassin bestätigt. „Das wurde bereits ganz klar vom Berufsverband kommuniziert. Die jungen Kolleginnen sind dann eben akademisch sozialisiert, aber sozial gesehen können wir das aufwiegen mit vielen Jahren an Berufserfahrung. Es wird auch keinen monetären Unterschied geben“, sagt sie und fügt hinzu: „Hebamme ist Hebamme.“

Nach Abschluss des Studiums eröffne dieses den frisch gebackenen Hebammen zahlreichen Möglichkeiten. „Man kann nach dem Studium in geburtshilflichen Abteilungen von Krankenhäusern, in Hebammenpraxen oder Geburtshäusern arbeiten. Aber auch als freiberufliche Hebamme oder Beleghebamme, damit ist man etwas selbstständiger“, zählt Andrea Paucke auf. Die akademische Qualifikation erschließe zukünftig weitere Berufsfelder, beispielsweise im öffentlichen Gesundheitswesen, in Beratungsstellen oder in Leitungsfunktionen im Krankenhaus.“ Durch das Studium sei den Hebammen auch die Chance mitgegeben, sich in der Forschung zu engagieren und eine wissenschaftliche Karriere auszubauen.

Egal, welche Richtung die Studierenden später einschlagen, für Andrea Paucke steht fest: „Als Hebamme ist man die erste Ansprechpartnerin während der Geburt und in dem Beruf wird es niemals langweilig. Das Herausforderndste ist – wenn ich die Türe zum Kreißsaal aufmache, kann es sein, dass ich von der ruhigen Kaffeepause kommend, direkt in einer Not-OP stehe.“

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