Hochschule Coburg Studierende verbinden analoge mit digitaler Welt

Natalie Schalk
Informatik-Student Christian Rähder (links) baute mit seinem Kommilitonen Alexej Hermann ein Spiel, in dem ein alter, geschrotteter Toaster umfunktioniert wurde. Foto: Natalie Schalk

Informatiker kennen keinen Spaß? Mitnichten! An der Hochschule Coburg entwickelten Studierende Spiele. Einzige Vorgabe des Professors: Sie sollten dabei die digitale und analoge Welt verbinden.

 
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Dass der Toaster in Flammen aufging, war Christian Rähders Glück. Die Elektrik war futsch, sonst passierte nichts. Aber in dem nutzlos gewordenen Altgerät fanden Rähder und sein Kommilitone Alexej Hermann die perfekte Grundlage für das Praxisprojekt ihres Informatik-Professors.

Im vergangenen Sommersemester hatte nämlich Professor Thomas Wieland Studierenden des vierten und sechsten Semesters die Aufgabe gestellt, ein „Gameful Gadget“ zu entwickeln. „Die meisten Spiele sind heute entweder komplett analog wie Brett- und Kartenspiele oder aber komplett digital wie Videospiele auf Konsolen, PCs und Smartphones“, erklärt Wieland. Er verlangte von den Studierenden nun aber, dass sie einen Weg finden, beide Welten zu verbinden: Dank digitaler Technik sollten Gegenstände zum Spiel werden. Vier Studierenden-Teams entwickelten vier sehr unterschiedliche Spiele, die sie dann im Plenum vorstellten. Ob ihre Algorithmen Spaß machen, ob ihr Spiel funktioniert – das sollten die anderen ausprobieren.

„Endlich frei“

Schon von Weitem hallte lautes Lachen aus dem Vorlesungsraum durch den sommerleeren Flur. Florentine Viviane Leybold testete den „Escape Toaster“. Das Gerät spricht und zeigt Text an und es gibt ein künstliches Toastbrot mit Displays als Augen, die zum Beispiel mit einer Taschenlampe geblendet und etwas später zugehalten werden müssen. Florentine Leybold löste nach und nach alle Rätsel in dem frechen Spiel um den verzweifelten Keksmann, der dem Toaster zu entrinnen sucht. Am Ende öffnet sich eine Klappe, die die Studierenden aus Lego und Servomotoren gebaut hatten. „Endlich frei“ jubiliert die Computerstimme – und im Praxistest jubelte auch Florentine Leybold: „Geschafft!“

Ihr Team hatte aus der Vorgabe etwas ganz anderes gemacht. Nämlich kein Spiel. Zumindest behauptet das die nölige Retro-Konsole im Gameboy-Style ununterbrochen. Sie fordert die Menschen auf, wegzugehen, etwas anderes zu tun, die Kiste in Ruhe zu lassen – und hält damit die Spieler im Bann. Die Idee hatten die Studierenden aus dem Videospiel „There is no game“ übernommen und in eine schwarze Kiste gepackt. Sie hatten einige Mühe mit der Hardware. „Angefangen haben wir mit einem Mockup aus Papier“, berichtet Leybold. Endergebnis war ein 3D-gedruckter Kasten mit Display, Mikrocontroller und Sensoren. So kann es auf das Verhalten der Nutzer reagieren.

Das Team „Timelimit“ setzte auf einen schlichten Würfel aus Holz, auf dessen Seiten verschiedene technische Rätsel eingebaut sind – Spielereien für Informatiker – vom Drehschloss bis zur Sinuskurve, die sich mit Reglern verschieben lässt. Das Ganze muss in der vorgegebenen Zeit gelöst werden. Der Faktor Zeit war auch beim vierten Team entscheidend: Rot blinkend zeigt die Digitalanzeige in einem Koffer, dass zehn Minuten bleiben, um die Bombe zu entschärfen. Wie in jedem ordentlichen Thriller geht es auch bei diesem Spiel darum, die richtigen Drähte zu durchtrennen. Um die Reihenfolge herauszufinden, müssen verschiedene Herausforderungen gemeistert werden: ein Leiterspiel, ein Labyrinth, ein Toggel-Rätsel. Dabei piepst ein Timer. Eine Binärzahl wird angezeigt und muss als Dezimalzahl eingegeben werden. Und immer läuft die Zeit. Dabei bringen die Aufgaben die Spieler im Testlauf ganz schön ins Schwitzen.

„Oller“ Toaster

Projektarbeit im Studium habe unterschiedliche Ziele, betont dann auch Wieland. Von der Idee bis zur realen Umsetzung sollten Studierende ein Thema durchziehen. Sie müssten dabei mit Rückschlägen umgehen und sich im Team organisieren. „Meist arbeiten wir bei den Projekten mit Unternehmen zusammen“, erklärt der Professor. Die Studierenden kombinieren Wissen aus verschiedenen Lehrveranstaltungen, lernen Neues und probieren aus: von der Microcontrollerprogrammierung über Beschleunigungs- und Temperatursensoren oder den Vibrationsmotor bis zu verschiedenen Eingabe- und Ausgabegeräten. „Man lernt wirklich viel, wenn man so spielerisch mit Hardware umgeht. Das Studium hat ja eine riesige Bandbreite“, sagt Florentine Leybold. „Und Projekte machen einfach Spaß!“

Christian Rähder ergänzt: „Ich studiere Informatik, weil mich schon immer fasziniert hat, wie tote Gegenstände wie ein Fernseher oder eine Spielkonsole quasi lebendig werden.“ Und bereits im vierten Semester des Informatikstudiums wurde selbst seinem „ollen Toaster“ nun tatsächlich Leben eingehaucht.

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