Hohes Stresslevel in vielen Familien Eltern-Burnout: Wenn Mutter und Vater am Limit sind

Markus Brauer/AFP/

Mütter und Väter fühlen sich laut einer Untersuchung der Krankenkasse KKH immer mehr unter Druck gesetzt. Stressfaktoren sind nicht nur die Erziehung und Betreuung, auch die politischen Konflikte und Sorgen um die Finanzen können belasten, wie aus einer Forsa-Umfrage hervorgeht. Der große Anstieg sei ein Warnsignal, sagt eine Expertin.

 
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Schon mal selbst erlebt? Die Kinder streiten und die Mutter ist am Ende. Foto: dpa/Patrick Pleul

Eltern-Burnout statt Familienglück: 62 Prozent der Eltern mit minderjährigen Kindern fühlen sich häufig oder sehr häufig gestresst. Bei zwei Dritteln von ihnen nahm der Stress in den vergangenen ein bis zwei Jahren sogar noch zu, wie eine am Samstag (16. März) veröffentlichte Forsa-Umfrage unter 1000 Eltern im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) in Hannover ergab. Besonders alarmierend: Fast 70 Prozent der Befragten fühlen sich wegen der hohen Belastungen manchmal erschöpft oder ausgebrannt.

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„Großer Anstieg ist ein Warnsignal“

Fast 40 Prozent waren demnach in stressigen Situationen schon einmal niedergedrückt oder depressiv. 2019 lagen die Anteile noch deutlich darunter, wie die aktuelle Umfrage ergeben hat. „Der große Anstieg ist ein Warnsignal“, sagt Aileen Könitz, Expertin für psychiatrische Fragen bei der KKH. „Dauerstress kann unsere Gesundheit stark beeinträchtigen, da er häufig ein anhaltendes Gefühl der Hilflosigkeit, Überforderung oder gar Verzweiflung hinterlässt.“

Das könne zu chronischer Erschöpfung, Depressionen und Angststörungen führen oder bestehende psychische Erkrankungen weiter verstärken. Das Tückische sei: „Das Ausbrennen – der ‚Eltern-Burnout’ – ist ein schleichender Prozess“, so Könitz weiter.

Das Auto ist kein guter Ort, um Frust und Stress loszuwerden. Foto: dpa/Christin Klose

Das sind die größten Stressfaktoren für Eltern

Auch belastende Bindungs- und Emotionsmuster können einen Burnout bei Eltern begünstigen. Foto: dpa/Peter Steffen
  • Als größten Stressfaktor nennen die Hälfte der befragten Eltern die politische Lage, den Klimawandel und die Teuerung.
  • Danach folgen die Erziehung und Betreuung der Kinder (48 Prozent),
  • die Arbeitsbelastung im Haushalt (46 Prozent)
  • und die Angst um die Zukunft des Nachwuchses (44 Prozent).
  • 37 Prozent sehen sich durch die eigene Ausbildung oder den Beruf belastet,
  • 36 Prozent durch Konflikte in der Familie,
  • 29 Prozent der Eltern gaben finanzielle Sorgen an.

Mütter fühlen sich stärker belastet als Väter

  • Mütter fühlen sich deutlich stärker belastet als Väter. So setzt 63 Prozent der Mütter laut Umfrage die Arbeitsbelastung im Haushalt besonders unter Druck,
  • unter Männern sind es 30 Prozent.
  • Bei beiden ergab die Umfrage aber im Vergleich zu 2019 eine deutliche Zunahme der Belastung.
  • Besonders groß ist demnach die Belastung für Alleinerziehende. Auch hier tragen die Frauen die Hauptlast, da in neun von zehn Fällen die Kinder bei ihren Müttern leben.
Eine depressive Frau an ihrem Arbeitsplatz (Symbolfoto). Die psychische Belastung vorallm von Müttern und Alleinerziehenden ist drastisch gestiegen. Foto: dpa/Oliver Berg

Karriere, Familie und Erziehung überfordern viele

Das Problem bei berufstätigen Eltern, die zwischen 30 und 50 Jahre alt sind, sei oft ihr hoher Anspruch an sich selbst, sagte die KKH-Expertin Könitz. „Sie wollen Karriere machen, eine Familie gründen, ihre Kinder perfekt erziehen.“

Diese Ideale vermittelten Gesellschaft und soziale Medien. Zudem übernähmen viele auch die Wertevorstellungen ihrer Eltern und Großeltern, bei denen Eigenheim und Familie zu den Lebenszielen zählten.

Was gegen Eltern-Burnout hilft

„Burnout-Prävention fängt also bei einem selbst an“, betont KKH-Expertin Aileen Könitz. Foto: dpa-Infografik

Damit es gar nicht erst zu einem Burnout und zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen kommt, sollten Eltern ihre Bedürfnisse frühzeitig hinterfragen und diesen auch genug Wichtigkeit einräumen. Wer ausgebrannt ist, könne auch der Familie nichts mehr geben.

„Burnout-Prävention fängt also bei einem selbst an“, betont Könitz. Bevor sich Betroffene professionelle Hilfe suchen, kann es hilfreich sein, das eigene Netzwerk zu beleuchten und zu überlegen, wer wie wann unterstützen kann. So können etwa Aufgaben wie Kochen oder Kinder zur Schule bringen und von der Schule abholen mit anderen Eltern, Nachbarn oder Großeltern geteilt werden. „Wichtig ist auch, die eigenen Ansprüche herunterzufahren und weniger perfektionistisch zu denken“, rät die Expertin.

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragte im Auftrag der KKH vom 2. bis 16. Januar 2024 sowie im November 2019 deutschlandweit jeweils 1000 Eltern mit Kindern unter 18 Jahren.