Elke Rauch von der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München sieht auch ein großes Problem darin, dass bestimmte Katzen- und Hunderassen in Medien so präsent sind, zum Beispiel als Werbefigur oder weil Stars sich mit ihnen schmücken. "Das vermittelt einfach so eine Normalität. Da hinterfragt keiner mehr, ob das Tier vielleicht Probleme hat."
Achim Gruber sieht darüber hinaus noch einen psychologischen Effekt. Kleine Tiere wie Möpse, Französische Bulldoggen, Faltohrkatzen oder Perser seien oft ein Babyersatz. "Jeder findet das niedlich und bei jedem springen sofort diese Beschützerinstinkte an."
Zum Teil werde die Abhängigkeit und Pflegebedürftigkeit der Tiere selbst zum Ziel, so Gruber. "Es erhöht den Selbstwert des Menschen und auch seine gesellschaftliche Anerkennung, wenn er ein krankes Tier pflegt." Er beobachte, dass sich viele Leute immer wieder Defektzucht-Katzen kauften - wider besseres Wissen also.
Warum kann man diese Rassen überhaupt kaufen?
Eigentlich verbietet der Paragraf 11b des Tierschutzgesetzes Qualzuchten in Deutschland. Doch das Gesetz sei zu schwammig formuliert, kritisiert der Deutsche Tierschutzbund. "Der Begriff Qualzucht bezieht sich nicht auf eine ganze Rasse, sondern auf Merkmale, die gehäuft bei bestimmten Rassen auftreten", erläutert Sprecherin Nadia Wattad.
Diese Merkmale seien bei jedem Tier unterschiedlich ausgeprägt, ergänzt die Expertin. Deshalb müssten die Veterinärbehörden jeden Einzelfall prüfen. Auch die Gerichte könnten nur im Einzelfall entscheiden, das heißt nur einem bestimmten Züchter die Zucht verbieten. Andere halte das nicht ab.
Die geplante Reform des Tierschutzgesetzes sei ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, sagt Rauch. Der Paragraf 11b wäre dadurch präzisiert und um konkrete Merkmale für Qualzucht wie Atemnot, Lahmheit oder Haarlosigkeit ergänzt worden. Doch dazu sei es durch den Bruch der Ampel-Koalition nicht mehr gekommen. "Wie es jetzt weitergeht, ist ungewiss."
Was können künftige Katzenbesitzer tun?
Sich gut informieren, betonen die Fachleute, und auf Defektzucht-Exemplare zu verzichten. Generell sei es problematisch, Tiere zu kaufen, bei denen bei der Zucht größerer Fokus auf gewünschte optische Merkmale als auf die Gesundheit gelegt werde, sagt Rauch. Abzuraten sei zudem vom Kauf über die einschlägigen Verkaufsplattformen im Internet, ohne nähere Informationen zur Zucht und zu den Elterntieren.
Der Deutsche Tierschutzbund empfiehlt, Katzen mit Qualzucht-Merkmalen höchstens aus einem Tierheim zu adoptieren. Ins Berliner Tierheim ziehen regelmäßig Modekatzen wie Scottish Fold oder Nacktkatze ein, wie Sprecherin Christine Streichan sagt. Zum Teil stammten die Tiere von Anbietern, die illegal mit den Katzen handelten. Veterinärämter ließen dann oft die Elterntiere kastrieren, um eine weitere Zucht zu verhindern. Die Besitzer wollten die Tiere danach meist nicht mehr zurück.
Das Interesse an solchen Katzen sei bei Besuchern anfangs oft groß, sagt Streichan. "Wir achten aber darauf, dass sie zu Leuten kommen, die wissen, worauf sie sich einlassen." Zum Beispiel auf möglicherweise viele Besuche beim Tierarzt und entsprechend hohe Kosten.