Illegaler Drogenhandel Was ist Captagon?

Lenya Trautmann/Michael Bosch

Es sollte Patienten mit ADHS helfen und gilt heute als wirtschaftliche Lebensader Syriens. Was hinter dem ehemaligen Medikament steckt.

 
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Kleine Pille mit großen Folgen. Foto: imago/Le Pictorium/imago stock&people

Der Schmuggel mit der Droge Captagon in Deutschland breitet sich aus. Das geht aus einer Recherche mehrerer Medien hervor. Demnach ist Deutschland nicht mehr nur Transitland für das Captagon - die Droge wird mittlerweile auch hierzulande hergestellt. Dabei ist das Problem offenbar deutlich größer als angenommen - das Dunkelfeld ebenso. Wie die Droge beispielsweise verteilt wird, dazu gibt es bislang wenig Erkentnisse. Behörden warnen jedoch davor, dass sich das Problem ausweiten könnte.

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An den Recherchen waren waren Investigativ-Reporter von BR, MDR, RBB, SWR, der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und der Mediengruppe Bayern beteiligt. Über zwei Jahre wurden Ermittlungsergebnisse ausgewertet und mit Experten sowie Behörden gesprochen.

Captagon als Medikament

Ursprünglich war Captagon ein Medikament. Zollfahnder hatten Mitte des vergangenen Jahres die bislang größte in Deutschland gefundene Menge der Droge Captagon sichergestellt. Insgesamt seien 461 Kilogramm Tabletten im Wert von 64,5 Millionen US-Dollar gefunden worden, teilten die Zollfahndung Essen und die Staatsanwaltschaft Aachen damals mit. Das entspricht rund 59 Millionen Euro.

Was ist Captagon - und wie wirkt es?

Captagon war urspünglich der Markenname eines psychoaktiven Medikaments mit dem Wirkstoff Fenetyllin. Es gehört zur Gruppe der Amphetamine und Methamphetamine und wurde 1961 vom deutschen Pharmakonzern Degussa auf den Markt gebracht. Captagon sollte ursprünglich zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) eingesetzt werden.

Wegen schwerer Nebenwirkungen wurde es aber bereits 1986 wieder vom Markt genommen und verboten. Die Droge kann zu Depressionen, Halluzinationen und Schlaflosigkeit - aber auch Euphorie - führen. Seither wird es nur noch illegal mit dem Betäubungsmittel Amphetamin als Hauptwirkstoff produziert und als Droge verkauft. Die Einnahme des Aufputschmittels unterdrückt Müdigkeit und Hungergefühl sowie Angst.

Captagon in der Golfregion

„Inzwischen gelten die Tabletten – vor allem in den arabischen Golfstaaten – als eine der meistkonsumierten synthetischen Drogen“, erklären die Pharmazeuten. Es werde heute größtenteils in Syrien produziert - teils auch im Libanon - und als Rauschgift in andere Länder exportiert. Schätzungen zu Folge konsumieren rund 40 Prozent aller saudi-arabischen Männer zwischen 12 und 25 Jahre Captagon.

Captagon in Syrien

Captagon ist die Droge, die das diktatorische Regime von Präsident Baschar al-Assad in Damaskus aufrechterhält, heißt es von der humanitären US-Nichtregierungsorganisation MedGlobal. Der weltweite Handel mit den Amphetamin-Tabletten zählt den Angaben nach zu den Haupteinnahmequellen der syrischen Regierung. Internationale Ermittler halten Syrien mittlerweile für einen der weltweit größten Hersteller der Droge. 80 Prozent des weltweiten Captagon-Angebots werden demnach in Syrien hergestellt. Beteiligt am Schmuggel sind den Angaben zufolge Menschen aus dem engsten Kreise Assads und Anführer der libanesischen Hisbollah. Deren Miliz kämpft im syrischen Bürgerkrieg an der Seite der Regierungstruppen.

Mit Material von dpa.