In Seßlach Fünf Storchenküken sind geschlüpft

Wer genau hinsieht, entdeckt auch den fünfte Schnabel. Foto: Hans Schönecker/Hans Schönecker

LBV-Kreisgruppenvorsitzender Frank Reißenweber spricht von einer „Besonderheit“: Auf dem Horst in Seßlach sind fünf Storchenkinder geschlüpft. Nun gilt es, die Kleinen wohlbehalten über die nächsten Wochen zu bringen.

 
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Es ist eine Sensation: In Seßlach sind fünf Storchenkinder geschlüpft. Das meldete der Storchenbeauftragte des Coburger Landesbund für Vogelschutz, Hans Schönecker, am Wochenende unter Zusendung einer fotografischen Dokumentation dieser Ausnahmeerscheinung. „Der Durchschnitt der Gelege beim Weißstorch in unserer Region liegt bei drei, wenn es gut läuft bei vier Eiern. Fünf geschlüpfte Jungstörche sind schon seltener und deuten auf ein gutes Nahrungsangebot für die Störche, im Umfeld von Seßlach, hin“, freut sich der Storchenbeauftragte. Nach seinen Beobachtungen sind die ersten beiden Küken am bereits am 8. Mai geschlüpft. Am 10., 12. und 14. Mai folgten dann die restlichen drei Jungen. Der Storchenbeauftragte erklärt das so: „Die Eier werden im Abstand von zwei Tagen gelegt, deshalb sind die Jungen auch unterschiedlich groß.“ Nun hätten die Storcheneltern erst mal allerhand zu tun, „um genug Futter herbeizuschaffen“, wie er betont.

Frank Reißenweber, Biologe am Landratsamt Coburg und Kreisgruppenvorsitzender des Coburger LBV, nennt die Fünflinge von Seßlach gar eine „Besonderheit“. Er sagt: „Das kommt schon relativ selten vor und ist schon eine Sensation.“ Fünflinge seien es allerdings bei genauem Hinsehen nicht, eher fünf Geschwister, da die Storchenkinder ja nicht eineiig seien. Nichtsdestotrotz sei es ein enormer Erfolg, dass die Brut beim Seßlacher Paar so erfolgreich abgelaufen ist und fünf Küken schlüpfen konnten. Herausfordernd sei es nun allerdings, die Brut großzuziehen, wie der Biologe zu bedenken gibt. „Man kann jetzt natürlich noch nicht sagen, ob aus allen Küken etwas wird. Das wird erst das weitere Brutverhalten zeigen“, meint er. Auch müsse ein reichhaltiges Nahrungsangebot in der Umgebung sichergestellt sein. „Um alle satt zu bekommen“, so Frank Reißenweber, der sogleich die Lieblingsspeise der Storchenkinder nennt: „Regenwürmer. In den ersten Lebenswochen ernähren sie sich praktisch nur davon.“ Erst später kommen auch Feldmäuse und Frösche auf den Speiseplan.

Hans Schönecker ist bezüglich des Nahrungsangebotes guter Dinge. „Meteorologisch gesehen ist in den vergangenen Monaten eine positive Entwicklung der Feuchtigkeit in den Wiesen, insbesondere in den oberen Grundwasserschichten, festzustellen“, freut er sich und meint: „Außerdem konnte ich in diesen Tagen die erste Mahd beobachten. Dadurch ergeben sich in den Tälern kurz gehaltene Flächen und die Störche kommen dadurch leichter an das für die Jungstörche wichtige Futter, wie beispielsweise Würmer, kleine Insekten und andere Weichtiere.“

Wichtig für die kommenden Woche sei aber auch, dass das Wetter gut bleibt. „Im Moment ist es das ja“, so Frank Reißenweber, der hinzusetzt: „Aber es sollten keine längeren, nassen Regenperioden kommen. Die gehen meist zu Lasten der ganz kleinen Störche.“ Denn immerhin bestehe zwischen den Küken durch das zeitversetzte Schlüpfen ein erheblicher Altersunterschied. Aber auch von schweren Unwettern mit Hagel oder drohendem Blitzeinschlag gehen erhebliche Gefahren für die Brut aus. „Bei einem Platzregen stellen sich die Altvögel schützend über die Jungen, spenden ihnen Wärme und so trocknen die Kleinen auch wieder. Ein Hagelschlag aber wäre verheerend“, so der Lbv-Vorsitzende.

Sorgen bereiten sowohl Hans Schönecker als auch Frank Reißenweber möglich Angriffe von Fremdstörchen auf die mit Jungtieren besetzten Horste. Ein solcher hatte Anfang Mai dazu geführt, dass die Küken auf dem Bad Rodacher Horst getötet wurden. Ein aktiver Vor-Ort-Beobachter hatte von Angriffen eines Fremdstorches berichtet und dieses auch fotografisch dokumentiert. Kurze Zeit danach hatten beide Altstörche das Nest aufgegeben. „Diese Beobachtungen und meine Erfahrung mit Storchenangriffen lassen mich zu dem Ergebnis kommen, dass es zu einem heftigen Angriff durch einen Storch gekommen ist. Bei diesem Angriff wurde der Horst verteidigende Storch aus dem Nest geworfen und der Fremdstorch tötete sofort die schon geschlüpften Küken mit dem Ziel, den Horst zu übernehmen“, erläutert Hans Schönecker. Danach habe das alte Storchenpaar den Horst zwar zurückerobert, sei aber außerordentlich verstört gewesen.

Kurz darauf wurden die Rodacher Störche beobachtet, wie sie erneut kopulieren; offenbar, so die Schlussfolgerung des Storchenbeauftragten, waren sie bereit für eine neue Brut. „Die Störchin kann aber nur in einem kleinen Zeitfenster im Frühjahr Eier produzieren – und dieses Zeitfenster ist wahrscheinlich inzwischen geschlossen“, so Hans Schönecker.

Angesichts des Bad Rodacher Dramas drücken Frank Reißenweber und Hans Schönecker dem Seßlacher Paar nun umso stärker die Daumen, dass in den nächsten Wochen alles gut geht. „In der letzten Juniwoche sollte dann der älteste Jungstorch soweit sein, an’s Ausfliegen zu denken“, stellt Frank Reißenweber in Aussicht und hofft: „Wenn von den fünf Küken vier groß werden, dann ist das ein hervorragender Bruterfolg.“ Erst vor wenigen Tagen hatte ein Storchenpaar aus Mainburg im bayerischen Landkreis Kehlheim Schlagzeilen gemacht – auch hier waren fünf Storchenküken geschlüpft. Wer mag, kann den Kehlheimer Rekordnachwuchs gar über die Storchen-Cam der Stadt live im Alltag verfolgen.

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