2022 wird’s wunderbar skurril

Kronach - Man muss sie einfach lieben: Die durchaus zwielichtigen, aber rundum sympathischen Gestalten, die im neuen druckfrischen Grafik-Text-Kalender „Tagträumer“ von Georg Baier und Ingo Cesaro ihr „Unwesen“ treiben. Jedem seiner Kalender-Helden, die der Falkendorfer Maler durch das Jahr 2022 schickt, ist ein Kurzgedicht in Haiku-Form gewidmet. Die Dreizeiler mit insgesamt 17 Silben gelten als kürzeste Gedichtform der Welt. Sie stammen aus der Feder von Ingo Cesaro.

„Die Entstehung eines solchen Kalenders dauert jedes Jahr sehr lange“, erzählt der Kronacher Kulturvermittler, dem der Zeichner und Grafiker rund 30 Arbeiten zukommen ließ. Hieraus wurden schließlich 13 für den Kalender ausgewählt. Zu jeder Zeichnung schrieb der Schriftsteller jeweils sechs bis zehn Gedichte in Haiku-Form, von denen er zwei oder drei an Georg Baier weiterleitete. Dieser wiederum suchte sich aus den Vorschlägen sein jeweiliges Lieblings-Haiku aus. Für ein stimmiges Gesamtbild wurden die Abbildungen und pointierten Texte mehrmals abgeglichen und zugeordnet, bis sich die Beiden schließlich einigten und die jeweiligen Kalenderblätter in Bild und Wort festlegten.

„Das ist ein langer Prozess, der über Wochen hin und her geht. Aber am Ende passt es doch immer“, freut sich Ingo Cesaro, der seit 1980 Jahr für Jahr ganz unterschiedliche Grafik-Text-Kalender herausbringt. Hierfür pflegt der Autor, Herausgeber, Galerist und Handpressendrucker, der bislang weit über 300 Einzelveröffentlichungen und über 150 Herausgaben bibliophiler Editionen mit Texten anderer Autoren vorzuweisen hat, eine enge Zusammenarbeit mit Malern und Grafikern. Mit Georg Baier, der dem kunstinteressierten Kronacher Publikum beispielsweise von seiner Beteiligung an der Kunstmesse ARTKronach bekannt ist, arbeitete er unter anderem auch für die beiden Editionen „Heringsaugen“ und „Nur Rückenschwimmen“ zusammen – und eben auch für die gemeinsamen Kalender.

Bunter Hingucker

„An unserem Kalender kommt niemand vorbei“, schmunzelt Ingo Cesaro, der von ganz unterschiedlichen Reaktionen berichtet, wenn der bunte Hingucker normalerweise auf großen Buchmessen vorgestellt wird. Hin und wieder höre er Aussagen wie: „So etwas kommt nicht in meine Wohnung!“ Die allermeisten aber seien von den Fratzen, Grotesken und Strichmännchen begeistert. Lachend erinnert er sich an zwei ältere Damen, die den Kalender letztes Jahr gekauft hätten. Während die eine neugierig war und sich gleich alle Blätter anschauen wollte, habe sie die andere davon abgehalten – nach dem Motto „Nix gibt es; es wird nicht vorgeblättert.“ Auch bei der diesjährigen Kunstmesse „Umschlagplatz“ Ende September in Bad Staffelstein sei der bunte Hingucker auf großes Interesse gestoßen. Er selbst findet die Arbeiten von Georg Baier, dessen Werke von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen bereits mehrfach aufgekauft wurden, hintergründig-skurril. Frech ja; aber dabei in kleinster Weise bösartig, sondern immer liebenswert und freundlich.

Wenn man sich Baiers schräge Typen betrachtet, mag man ihm beipflichten. Der Humor zwischen lässiger Ironie und Sarkasmus ist sicherlich speziell. Trotzdem findet sich wohl jeder in dessen Kritik an den Unzulänglichkeiten des menschlichen Alltags in irgendeiner Form wieder. Den seltsamen Gestalten haften dabei immer ein wenig das Image eines Verlierers an – keine generellen „Looser“, sondern solche, die einfach halt mal Pech haben im Leben. Manche neigen auch etwas zu Größenwahn. Der Betrachter möge sich – so Ingo Cesaro – seine eigenen Gedanken machen. Das Titelbild ziert natürlich ein namensgebender „Tagträumer“.

Fortsetzung geplant

Da noch viele weitere tolle Zeichnungen von Georg Baier auf eine textliche Abrundung warten, setzen die beiden freischaffenden Künstler ihre Zusammenarbeit fort. So wird es auch wieder einen gemeinsamen Kalender für das Jahr 2023 geben. Nun aber dürfen sich alle Fans erst einmal über diesen ganz speziellen Jahreskalender im Din-A3-Hochformat freuen.