Jerusalem - . Die Basilika ist grabesstill. Einsam kniet eine stumme Gläubige im Weihrauch vor dem Salbungsstein. Sie presst ihr mit einer Schutzmaske bedecktes Gesicht gegen die von Abertausenden Pilgern blankgeküsste Marmorplatte. An ihrer Stelle beweinte der Überlieferung nach die schmerzerfüllte Gottesmutter den Leichnam ihres gekreuzigten Sohns. Das Gesicht der Betenden ruht minutenlang auf dem Stein. Ein Augenblick stiller Andacht wie dieser schien in der Jerusalemer Grabeskirche, dem Allerheiligsten der Christenheit, lange unvorstellbar. Vor der Pandemie drängten sich hier Tag für Tag Tausende um den Salbungsstein. Meist blieben den Pilgern aus aller Welt vor allem in der Passionszeit nur wenige Sekunden an den Schauplätzen, wo sich der Kirchentradition nach die Kreuzigung und Auferstehung nur ein paar Dutzend Schritte voneinander zugetragen haben sollen. Dann stießen sie andere Gläubige zur Seite.