Janine Rohrbach aus Reichenbach Zwölf Monate im Mekka des Wohlstands

Heike Schülein

Janine Rohrbach arbeitete ein Jahr in einem Hotel in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nun hat die Reichenbacherin an ihrer früheren Schule, dem KZG, von ihrer Zeit dort erzählt.

 
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Reichenbach/Dubai - Eine glitzernde Perle am Persischen Golf, mit Hochhäusern, künstlich aufgeschütteten Inseln und exklusiven Malls: Dubai wirkt wie ein schillerndes Mekka des Wohlstandes. Wie es dort als Gastarbeiterin ist, wie „westlich“ die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) tatsächlich sind, welche Stellung der Frau zukommt und warum es für diese trotz wenig Kriminalität nicht ungefährlich ist – das schilderte Janine Rohrbach, Zwölftklässlern des Kronacher Kaspar-Zeuß-Gymnasiums, im Geografie-Unterricht.

„Als ich erzählte, dass ich nach Dubai möchte, war das für alle wie ein rotes Tuch“, erinnerte sich die Fremdsprachenkorrespondentin für Englisch, Spanisch und Arabisch. Viele hätten es nicht nachvollziehen können, weshalb sie als Frau allein in die arabische Welt wollte. 2016 machte sie ihren Traum wahr und arbeitete ein Jahr in einem Hotel in der Wüstenmetropole.

Reich über Nacht

Dort sei, wie sie ausführte, zunächst Perlentauchen der vorherrschende Wirtschaftszweig gewesen. Nach dem Erdölfund im Jahr 1966 habe sich jedoch die Erdölindustrie rasant entwickelt und die größte Stadt der Emirate quasi über Nacht reich gemacht. Die VAE besitzen das siebtgrößte Ölvorkommen der Welt, seien die am weitesten entwickelte Volkswirtschaft des Nahen Ostens und weltweit eines der reichsten Länder. In Dubai stehe mit der „Burji Khalifa“ mit 828 Metern nicht nur das höchste Gebäude und größte Einkaufszentrum der Welt, auch die Luxushotels eiferten um die Wette. Der Inbegriff von Luxus sei das wegen seiner segelförmigen Kubatur und ausgesetzten Lage unverwechselbare, weltweit als einziges Sieben-Sterne-Hotel geltende Burj Al-Arab.

Obwohl die Stadt durch Erdöl reich geworden sei, drehe heute vor allem der Tourismus die Mühlen dort weiter. Star der sieben Emirate sei neben Dubai auch die Hauptstadt Abu Dhabi. Insgesamt verzeichneten die VAE im Jahr 2019 rund 22 Millionen Besucher und erwirtschafteten allein im Tourismus-Sektor rund 34,31 Milliarden Euro. Etwa 85 Prozent der Drei-Millionen-Einwohner-Stadt Dubai sind Einwanderer und erbringen den größten Teil der Wirtschaftsleistung. Das Hotel, in dem Janine Rohrbach beschäftigt war, befindet sich auf einer aufgeschütteten Insel. Dort arbeitete sie an sechs Tagen die Woche mindestens in Zehn-Stunden-Schichten. „Es kam auch vor, dass ich bis früh um 2 Uhr arbeitete und um 7 Uhr schon wieder an der Rezeption stand“, blickte die 28-Jährige zurück.

Für die Einheimischen seien die Arbeitsbedingungen wesentlich besser. Diese hätten Freitag und Samstag frei und arbeiteten lediglich acht Stunden pro Tag. Trotzdem verdienten sie das Fünffache und hätten einen besonderen Kündigungsschutz. Sie seien auch von den Einheimischen getrennt untergebracht gewesen – nach der Devise: „Ihr bleibt unter Euch und sie unter sich“.

Betteln verboten

Großer Wert werde in den Emiraten auf Sauberkeit gelegt. Betteln sei verboten und werde mit einer hohen Geldstrafe belegt. Gleiches gelte, wenn ein Auto nicht geputzt sei oder falsch parke. „Wenn ein Auto, wie manchmal bei uns in Kronach, zwei Parkplätze brauchen würde, würde es sofort abgeschleppt“, schmunzelte sie. Auch Videos von Unfällen oder Fotografieren bestimmter Dinge – wie des Scheich-Palasts – werde streng geahndet und es drohe sogar die Ausweisung.

Dubai wirke sehr westlich, sei aber nicht sehr westlich eingestellt, sagte sie. Per Gesetz seien Mann und Frau zwar gleich. Frauen müssten sich auch nicht verschleiern und dürften Auto fahren, Eigentum besitzen und arbeiten; bräuchten hierfür aber eine Genehmigung durch Ehemann, Vater oder Bruder. Die Zustimmung des männlichen Familienoberhaupts bedürfe es auch bei Heirat oder Wohnungssuche. Gleichzeitig werde aber eine schützende Hand über Frauen gelegt. Es gebe extra Taxis für Frauen beziehungsweise Familien und auch in der Bahn Extra-Abteile. „Dubai gehört zu den sichersten und am besten überwachten Städten überhaupt“, verdeutlichte sie. Die Gesetze seien jedoch – insbesondere in Fällen von sexueller Belästigung und Vergewaltigung – nicht zugunsten der weiblichen Opfer gestaltet. Da Vergewaltigung nicht „existent“ sei, landeten stattdessen die Frauen als Strafe im Gefängnis. Auch bei einer Schwangerschaft würde dem Mann nichts passieren, die Frau müsse dagegen ins Gefängnis oder zurück in ihre Heimat. Gleiches gelte für Cross-Dressing, gleichgeschlechtliche Beziehungen, uneheliche Kinder sowie Abtreibungen, die ebenfalls verboten seien.

Respekt zeigen

„Viele Dinge in den Emiraten sind für uns befremdlich. Das ist ein ganz anderes Leben, woran man sich gewöhnen muss“, sagte Janine Rohrbach. Dennoch habe sie sich dort sehr sicher gefühlt und viele gute Erfahrungen gemacht. Wichtig sei es, sich mit dem Staat und dessen Kultur auseinanderzusetzen und Respekt zu zeigen. Wenn man sich darauf einlasse, sich angemessen verhalte und bestenfalls noch die Landessprache spreche, werde einem Respekt entgegengebracht.

Dem konnte sich Geografie-Lehrerin Andrea Wittmann, bei der Janine Rohrbach einst die Einführungsklasse besucht hatte, nur anschließen. Wir alle seien aufgerufen, nicht mit erhobenem Zeigefinger auf andere Länder zu zeigen und unsere Lebensweise als beste zu betrachten, sondern allen Kulturen Achtung entgegenzubringen, sagte sie.

Nach ihrer Rückkehr arbeitete die Reichenbacherin in verschiedenen Hotels in Deutschland. Wegen der Corona-Pandemie ist sie in die Heimat zurückgekehrt, wo sie in einem Unternehmen tätig ist. Wenn es wieder möglich ist, möchte sie jedoch erneut ins Ausland – etwa nach Amerika oder wieder in den Nahen Osten: „Das Fernweh ist immer noch da.“

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