Jazz in Bad Rodach Sphärischer Klangzauber

Feinstes Teamwork: Markus Stockhausen und sein Ensemble im Jagdschloss Bad Rodach. Foto: /oto: Ungelenk

Jazz zum Abheben im Jagdschloss: Markus Stockhausen und seine Group eröffnen ihrem Publikum faszinierende musikalische Universen.

 
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Bad Rodach - Notebooks, Keyboards, Effektpedale: Eine Menge Elektronik steht auf der Bühne, die eigentlich gar keine ist: Im Bad Rodacher Jagdschloss spielen die Künstler auf Augenhöhe mit dem Publikum. Wir sind nah dran am Geschehen (3 G macht’s möglich), in kürzester Zeit auch schon mittendrin und bis über beide Ohren betört von diesem Klangzauber ganz eigener Art.

Denn wer da meint, digitale Tricks und beseelte Musik vertrügen sich nicht, kennt Markus Stockhausen schlecht. Der preisgekrönte und einschlägig „vorbelastete“ Trompeter (sein Vater Karlheinz war einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts und ein Pionier der elektronischen Musik) und seine Band wissen Hightech überlegt einzusetzen, ohne in Effekthascherei zu verfallen. Behutsam wägen und modulieren sie jeden einzelnen Ton, formen Klangwelten von berührender Schönheit, in denen Jazz, Klassik und Weltmusik ganz selbstverständlich ineinander aufgehen.

„Tales“ nennt Stockhausen sein aktuelles Album, das er im Frühjahr mit seiner kongenialen „Group“ eingespielt hat – mit solcher Hingabe und Inspiration, dass gleich drei CDs daraus wurden, die von der Improvisationsfreude des Quartetts zeugen. Tales – Geschichten also - erzählen auch die Stücke, die zu Kopfreisen einladen – in galaktische Sphären (wie die kontemplative Suite „Far Into The Stars“) oder in irdische Stimmungen („Sunday Morning“). Stets keimen die komplexen, doch leicht durchhörbaren Kompositionen aus griffigen Motiven, die im famosen Teamwork ein dynamisches Eigenleben entwickeln.

Dabei dominiert durchaus nicht immer Stockhausens virtuoses Flügelhorn- bzw. Trompetenspiel: Drei ebenbürtige Partner bauen mit an den musikalischen Erzählungen und faszinieren mit der Leichtigkeit, Fantasie und Empathie ihres Spiels: Jörg Brinkmann übernimmt mit seinem Cello nicht nur den Basspart, sondern lässt es traumschön singen und zupft es auch mal wie eine Gitarre. Christian Thomés Arsenal an Percussions ist so vielfältig wie sein filigranes Schlagzeugspiel, Jeroen van Vliet changiert am Flügel und Synthesizer zwischen verhaltenem Gestus und impulsiver Improvisation – die seinen Bandleader zu einem spontanen Kompliment bewegt: „So gut habe ich ihn noch nie gehört“.

Das Publikum im voll besetzten Saal kann an diesem Abend kaum genug bekommen von diesen vier Jazzonauten und ihrer Klangpoesie. Dass sie ins Coburger Land fanden, ist übrigens einer Lücke im Tourneekalender, einem persönlichen Draht Stockhausens nach Heldritt und dem Unternehmungsgeist der Coburger Jazz-Impresaria Antonetta Bafas zu verdanken, die auch außerhalb des „Leise am Markt“ Kultur ans Publikum bringt. In Bad Rodach lief sie damit offene Türen ein.

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