Perfekte Kulisse
„Der Jedermann, das sind wir alle. Er zeigt den Menschen im Spannungsfeld zwischen Lebensdurst und Sinnsuche. Das Stück entstand in einer Zeit des reformatorischen Aufbruchs. Kronach als Wiege des Malers Lucas Cranach d.Ä. und kongenialem Unterstützers Martin Luthers bietet dafür den passenden historischen Bezug und die perfekte Kulisse.“
Dechant-Sundby führt beim Jedermann – einem großen Werk, das für die meisten untrennbar in Salzburg verortet ist – auch Regie. Flößt ihr das Respekt ein? „Das ist eine großartige, künstlerische Herausforderung. Dr. Kerstin Löw, die als Tourismuschefin der Stadt Kronach die Festspiele verantwortet, hat ebenso wie ich ganz klar das große Potenzial gesehen, das dieses Stück in dieser Zeit bietet. Wir werden eine für den Festspielort Kronach angepasste und eigenständige Version entwickeln“, so Anja Dechant-Sundby.
Nicht alles werde, wie von Hofmannsthal ersonnen, in Versform vorgetragen. Die erfahrene Theaterfrau wird der allegorischen Ausarbeitung der Figuren besonderes Augenmerk schenken. „Allegorien und reale Figuren spiegeln sich in diesem Stück. Um dies zu unterstreichen, werden wir beispielsweise Tod und Schuldknechts Weib, die Werke und die Mutter, den guten Gesell und den Teufel sowie Schuldknecht und Mammon in Doppelrollen besetzen.“ Für den Jedermann konnte Anja Dechant-Sundby den aus Kronach stammenden Musicaldarsteller und Schauspieler Uli Scherbel verpflichten. „Wir haben uns ganz bewusst nicht für einen alternden, gezeichneten Jedermann entschieden. Uli Scherbel verkörpert die Figur jung, schön und verführerisch. Sein Jedermann steht für das pralle Leben. Man nimmt ihm ab, dass er sich nur schwer vom Diesseits und den weltlichen Wonnen lösen kann. Das schafft Identifikation. Und genau das wollen wir ja erreichen. Wir wollen das Herz unserer Zuschauer berühren.“
Komische Szenen
Die Rolle der lebenslustigen Buhlschaft übernimmt die international tätige TV-, Film, und Theater-Schauspielerin Anne Scherliess. Auf kirchliche Anspielungen wird verzichtet. Es werde bei ihr auch keine Mönche oder Nonnen geben, so Dechant-Sundby. „Wir werden das Stück weiter fassen und unterschiedliche kulturelle Einflüsse einarbeiten.“ Trotz aller Moral biete das Stück in ihrer Bearbeitung auch hinreißend komische Szenen.
Die künstlerische Leiterin setzt auf eine märchenhafte Inszenierung mit fantasievollen Kostümen und einem entsprechenden Bühnenbild. Dafür hat sie sich die Österreicherin Ruth Pulgram ins Team geholt. „Der Jedermann wird bei uns ein farbenprächtiges Bühnen-Spektakel, bei dem auch das Leben und das Feiern nicht zu kurz kommen. Schließlich soll das Publikum für gut zwei Stunden die derzeit schwierige Situation im Außen vergessen.“
Der Jedermann ist ein Fest der Reinigung und Abbitte. Menschen kommen hier unter freiem Himmel zu-sammen, um einen der Ihren sterben zu sehen – und sich hernach erst recht lebendig zu fühlen. Die „Jeee-dermann“-Rufe hallen bei den Rosenberg Festspielen 2021 von einer der schönsten und größten Festungsanlagen Deutschlands mit renaissancezeitlicher und barocker Architektur über die Dächer der pittoresken Geburtsstadt des berühmten Malers Lucas Cranachs d.Ä. in die einmalige Kulisse des Frankenwaldes. Mehr Faszinosum und Theaterfeeling sind kaum möglich.