Der Tod von Ramona Kraus hat den Ermittlern seit mehr als zwei Jahrzehnten Rätsel aufgegeben. Das Mädchen war Mitte August 1996 aus Jena verschwunden. Im Januar 1997 wurden ihre sterblichen Überreste dann etwa 130 Kilometer entfernt nahe der Grenze zu Hessen in einem Waldstück bei Treffurt im Wartburgkreis gefunden.
Es ist ein weiterer spektakulärer Erfolg der Soko "Altfälle", die seit Ende 2016 mehrere lange zurückliegende Tötungsverbrechen aufarbeitet. So wurde im vergangenen Jahr der Mord an der ebenfalls zehnjährigen Stefanie aus Weimar aufgeklärt, die 1991 von der Teufelstalbrücke an der A 4 geworfen worden war.
Die Ermittler berichteten am Mittwoch, wie der Fall Ramona noch einmal ganz von vorn aufgerollt worden war. Über 180 Aktenordner seien dafür zunächst digitalisiert und dann ausgewertet worden. Akribisch sei geprüft worden, wer sich damals in der Nähe des Ortes aufgehalten habe, an dem Ramona verschwand. Aus dieser Arbeit hätten sich zunächst 30, letztlich zwei Tatverdächtige herauskristallisiert, von denen aber einer ausgeschlossen werden konnte. Blieb noch der 76-Jährige.
Er habe 1996 nahe des Einkaufscenters in Jena gewohnt, wo Ramona das letzte Mal lebend gesehen wurde, sagte Staatsanwalt Zschächner. Möglicherweise hätten er und Ramona sich vom Sehen her gekannt. Die Polizei observierte den Mann. Schließlich sei er vergangene Woche angerufen und damit konfrontiert worden, dass man einen Haftbefehl gegen ihn habe, sagte Soko-Leiter Gerstberger. Man habe die Reaktion des Mannes beobachten wollen. Der 76-Jährige habe daraufhin sein Handy ausgeschaltet und weggeworfen.
Die Beamten überwachten den Mann weiterhin - und registrierten dabei nach eigenen Angaben Wissen über den Mordfall, das nur ein Tatbeteiligter gehabt haben kann. Wo oder wem gegenüber er dieses Wissen geäußert hatte, wollte die Polizei am Mittwoch nicht erläutern. Man habe auch andere Aufzeichnungsmöglichkeiten als Telefonate abzuhören, sagte Gerstberger. Schließlich lockten Polizisten den Mann am Dienstag nach Erfurt. "Wir haben ihn so gelenkt und geleitet, dass wir ihn letzten Endes in unserem Territorium festnehmen konnten", sagte Gerstberger. Staatsanwalt Zschächner bezeichnete die Arbeit der Soko "Altfälle" als großen Erfolg. Weitere Details wollten die Ermittler nicht preisgeben, das werde wohl erst in der Gerichtsverhandlung geschehen.
Der in der DDR aufgewachsene und 1965 in den Westen geflüchtete Mann hat schon viele Jahre in Gefängnissen verbracht - meist wegen Diebstahls, Betrugs und Hehlerei. 1988 war auch eine erste Verurteilung wegen eines Sexualdelikts hinzu gekommen. Nach den Taten unter anderem in Schweinfurt lautete das Urteil für den einstigen Fremdenlegionär auf die Höchststrafe von 15 Jahren Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung. Nach Verbüßen der Haftstrafe war der Mann in Sicherungsverwahrung gekommen. Aus dieser wurde er 2016 entlassen.