Jubiläum Alles tun, um Krieg zu verhindern

Coburg und Oudenaarde feiern ihre vor einem halben Jahrhundert geschlossene Partnerschaft. Der Festakt ist ein Appell, den Frieden in der Welt zu bewahren.

 
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„Es war kein längst vergangenes Ereignis oder eine gemeinsame Geschichte der beiden Städte, die zu dieser Verbrüderung führte. Es war ein globaler, bewaffneter Konflikt.” Mit diesen Worten blickte Oudenaardes Bürgermeister Marnic de Meulemeester beim offiziellen Empfang seiner Stadt am vergangen Samstag auf die Anfänge der Städtepartnerschaft mit Coburg, die vor 50 Jahren geschlossen wurde.

Ehemalige deutsche und belgische Kriegsgegner, die sich als Feinde gegenüber gestanden hatten, hätten sich die Hand gereicht und auf einer sehr persönlichen Ebene einen Friedensschluss angeboten. Diese Chance zu nutzen sei vor einem halben Jahrhundert alles andere als eine Selbstverständlichkeit gewesen. „Dafür verdienen alle Beteiligten bis zum heutigen Tag unser aller höchsten Respekt”, stellte Coburgs Oberbürgermeister Dominik Sauerteig in seiner Festansprache ebenfalls die Verbindung zwischen den Anfängen und der aktuellen Situation her.

Von Mensch zu Mensch

Aktueller denn je sei der Text der Urkunde, die am 5. Mai 1972 von den damaligen Stadtoberhäuptern von Oudenaarde und Coburg unterzeichnet wurde: „...durch die Herstellung menschlicher und kultureller Beziehungen wollen wir eine Verbindung von Mensch zu Mensch, von Stadt zu Stadt, von Land zu Land schaffen. (...) Wir verpflichten uns mit Überzeugung und aus tiefstem Herzen, alles zu beseitigen, was in der Vergangenheit der Harmonie zwischen unseren Völkern abträglich war, und alles zu fördern, was geeignet ist, unsere Mitbürger zusammenzuführen“, zitierte de Meulemeester.

Die Tatsache, dass an diesem Wochenende in Belgien mit dem „Befreiungstag“ dem Ende des Zweiten Weltkriegs gedacht wurde, nahm OB Sauerteig zum Anlass, die Bedeutung einer Städtepartnerschaft in der heutigen Zeit einzuordnen: „Wenn wir morgen zusammen mit den Freunden aus Hastings einen Kranz in Erinnerung an den ,Befreiungstag’ niederlegen und den Opfern des Krieges gedenken, ist das aus meiner Sicht nicht nur ein Akt der Erinnerung – es ist vor allem eine Warnung und eine Mahnung. Eine Mahnung, dass von europäischem Boden nie wieder Handlungen ausgehen dürfen, die den Frieden zwischen unseren Völkern, den Zusammenhalt und das Miteinander in Europa gefährden. Unser Mahnen an diesem Festwochenende stellt für mich insofern auch ein Versprechen dar, dass wir gemeinsam alles tun werden, um jedwede Form von Krieg in Europa zu verhindern”. Dem schloss sich am Abend der belgische Premierminister Alexander de Croo an. Bei seinem Besuch in Oudenaarde betonte der Premier ebenfalls die Bedeutung der europäischen Völkerverständigung und die Wichtigkeit der Werte, für die die Europäischen Union steht.

Eine besondere Erfahrung konnte die Coburger Delegation am Sonntag machen, als sie an der Kranzniederlegung während der Gedenkveranstaltung anlässlich des ,Befreiungstages’ teilnahm. Im Namen der Stadt Coburg legten die Stadträte Jürgen Heeb und Martin Lücke in Vertretung des erkrankten Oberbürgermeisters einen Kranz am Mahnmal nieder.

Heeb und Lücke vertreten Oberbürgermeister

Die Veranstaltung in Oudenaarde, aber auch der Besuch des deutschen Soldatenfriedhofs in Meenen, auf dem rund 48 000 deutsche Soldaten ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, und die abendliche Zeremonie des „Last Post“ in Ypern hinterließen die Coburger Delegationsteilnehmer tief beeindruckt, aber auch nachdenklich. Jeden Abend, um 20 Uhr, gedenkt man damit der gefallenen britischen Soldaten des Stellungskrieges rund um die Stadt, der nahezu die gesamte Zeit des Ersten Weltkrieges tobte. Coburgs Ehrenbürger und Altoberbürgermeister Norbert Kastner legte zusammen mit Jürgen Heeb und Martin Lücke einen Kranz nieder. „Dass wir heute hier stehen dürfen, dass wir gemeinsam mit Menschen verschiedenster Nationalitäten den Kriegsopfern gedenken dürfen, ist etwas ganz Besonderes, etwas unglaublich Beeindruckendes und etwas, dessen Geist wir unter allen Umständen bewahren und verteidigen müssen“, betonte Kastner.

Die Delegation aus der Vestestadt, der neben Stadträten und Mitarbeitern der Verwaltung auch Mitglieder des Städtepartnerschaftsvereins angehörten, war sich am Ende des dreitägigen Besuchs einig, dass die Partnerschaft mit Oudenaarde etwas Außergewöhnliches darstellt. „Soviel Gastfreundschaft, Herzlichkeit und Offenheit, mit der die Partnerschaft gelebt wird, findet man nur sehr selten, und diese Werte gilt es nicht nur zu bewahren, sondern vor allem zu erwidern”, waren sich die Teilnehmer einig.

Der Gegenbesuch in Coburg wird am Feiertag Christi Himmelfahrt erwartet. Auf Einladung des Coburger OB werden auch Vertreter aus dem englischen Hastings, einer weiteren Partnerstadt von Oudenaarde, am Festwochenende teilnehmen.

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