Junge Glaskunst im Rödentaler Museum Kraftfelder aus Glas

Die zweite Ausstellung der Klasse Freie Kunst Glas der Hochschule Koblenz im Europäischen Glaskunstmuseum Rödental zeugt vom hohen Niveau und von der Experimentierfreude junger Künstler.

 
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Der eine legt uns ein ganzes Universum zu Füßen, der andere einen Sack Trocken-Beton. Die eine hüllt Keramik in eine gläserne Haut, die andere entblößt den eigenen Körper. Was sie alle verbindet, ist die Neugierde und der Mut zu unkonventionellem Umgang mit einem Werkstoff, der an Vielseitigkeit kaum zu toppen ist: Glas. Auf welchem Niveau und mit welcher Freiheit und Kreativität der künstlerische Nachwuchs mit Glas in den verschiedensten Techniken und Kombinationen experimentiert und erzählt, demonstriert das Institut für Künstlerische Keramik und Glas der Hochschule Koblenz (IKKG) im Europäischen Museum für Modernes Glas in Rödental mit seiner Tandem-Ausstellung „Double Feature“.

Nur vier Tage nach Abbau des ersten Teils stellen sich nun zehn weitere Studierende und Absolventen der Klasse Freie Kunst Glas vor – mit Werken, die zum großen Teil „frisch aus dem Ofen“ kommen. Ein „blind date“ also für Museumsdirektor Sven Hauschke, für dessen Vertrauen der Leiter der international besetzten Klasse, Jens Gussek, bei der Vorstellung ebenso ausdrücklich dankte wie für die Möglichkeit, die raumgreifenden Arbeiten hier angemessen inszenieren zu können – und damit gewissermaßen zu vollenden.

„Eine Arbeit ist erst dann fertig, wenn sie sich im Raum bewährt“, erklärt der Koblenzer Kunstprofessor, der gemeinsam mit der Doktorandin Lena Trost und dem Künstler Christian Schultz die Sonderausstellungsfläche beziehungsreich bespielt. Nicht das einzelne Objekt steht im Fokus, sondern die Wechselwirkung zwischen den Werken und dem Raum, die „Kraftfelder“ (Hauschke), die sie entwickeln.

Die stärkte „Gravitation“ umgibt Ibrahim Erdogans Installation „Re-creation through Orbits“, die sich als Griff nach den Sternen lesen lässt: Die (Himmels?)Leiter inmitten schwarzer Kugeln erlaubt durchaus auch düstere Deutungen menschlicher Allmachtsfantasien. Christian Schultz geht es in seiner Arbeit „Linie A B D“ um Plastizität: Zeichnungen transformiert der 34-Jährige in den dreidimensionalen Raum und spielt dabei mit den Gegensätzen der Materialien: Eine fragile Schicht aus dichroitischem Glas umfängt eine aufgerollte Schaumstoffbahn, die von „Linien“ aus Metall gerahmt wird.

Scheinbar der klassischen Glaskunst näher verrät die Vase „Implantat“ des Kolumbianers Alejandro Peña Chipatecua auf den zweiten Blick ihre Besonderheit: Der Künstler „pflanzt“ Porzellan in Glas ein – eine technisch heikle Fusion zweier Materialien, die sich eigentlich nicht vertragen. Helena Sekot erfindet die Glasur neu, indem sie keramische Objekte in gläserne Scheiben hüllt – drei 1. Preise trugen ihr ihre innovativen Skulpturen bereits ein.

Laufzeit: 19. Januar bis 16. April, Öffnungszeiten bis 31. März: Di-So 13 bis 16 Uhr, montags sowie am Faschingsdienstag, 21. Februar, ist geschlossen. Ab 1. April täglich 9.30 bis 13 Uhr und 13.30 bis 17 Uhr.

Online-Vortrag mit Jens Gussek und Sven Hauschke: Wohin geht die Reise? Akademische Ausbildung im Bereich Skulptur/Modernes Glas, 15. Februar, 18 Uhr, Anmeldung: sekretariat@kunstsammlungen-coburg.de, Tel. 09561/87910

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