Junges Ehepaar vor Gericht Der Beweis kommt per Video

Martin Schweiger
Eine Videokamera hat alles aufgezeichnet, der Nachbar hat die Straftat beobachtet: Das Schöffengericht verurteilte den siebenfach vorbestraften Angeklagten wegen Diebstahls und Computerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Foto: picture alliance / dpa/David Ebener

Geldbeutel gestohlen und Konto leergeräumt: Trotz erdrückender Beweislast können sich die Angeklagten zu keinem Geständnis durchringen.

 
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Selten haben zwei Angeklagte am Amtsgericht die gegen sie erhobenen Anschuldigungen trotz erdrückender Beweise so abgestritten, wie es ein 27-jähriger Manager und seine 24-jährige Frau aus dem Maintal am vergangenen Mittwoch taten. Der Vorsitzende Richter Christoph Gillot hatte den Angeklagten ein strafmilderndes Geständnis nahegelegt, das dem Ehepaar jedoch nicht über die Lippen kam.

Im Februar vergangenen Jahres soll der Angeklagte einen Geldbeutel mit 120 Euro Bargeld aus einem Haus in der Nähe von Schlüsselfeld gestohlen haben und anschließend mit darin befindlichen Bankkarten fast 1000 Euro an zwei Bankautomaten abgehoben haben. Dabei wurden er und seine Frau von Videokameras gefilmt. Beim dritten Versuch in Bamberg blieb die Bankkarte im Automaten stecken, weil sie als gestohlen gemeldet worden war. Das Schöffengericht verurteilte den siebenfach vorbestraften Angeklagten wegen Diebstahls und Computerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Außerdem muss er das gestohlene Geld zurückzahlen. Seine Ehefrau muss wegen Beihilfe eine Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro zahlen.

Das Paar fuhr im Februar 2021 Werbezeitungen mit dem Firmenauto seines Arbeitgebers aus. Als in der Nähe von Schlüsselfeld in einem Haus die Haustüre offen stand, ging der Angeklagte hinein und klaute den Geldbeutel einer Rentnerin aus ihrer Handtasche, die an der Garderobe hing. In dem Geldbeutel befand sich eine Bankkarte samt PIN-Nummer, womit der Dieb das Geld abheben konnte. Sein Pech war, dass im Firmenauto ein GPS-Sender installiert war, der dokumentierte, dass der Angeklagte – oder zumindest dessen Dienstfahrzeug – zur Tatzeit am Tatort war. Das Auto war auch jeweils in der Nähe der Bankautomaten geparkt, an denen das Paar das Geld abhob. Zudem hatte der Nachbar der bestohlenen Rentnerin den Angeklagten bei der Tat beobachtet.

Doch trotz der eindeutigen Beweislage wies das Paar jede Schuld von sich. Der ähnlich aussehende Bruder des Angeklagten soll die Tat zusammen mit seiner Freundin begangen haben, so die Angeklagten. Doch die Beschuldigten wiesen die Schuld von sich. Sein Bruder habe ihn schon mehrfach bezichtigt Straftaten begangen zu haben, sagte der Bruder des Angeklagten im Zeugenstand.

Die Staatsanwältin hatte aufgrund der Beweise „keinerlei Zweifel“ an der Schuld der Angeklagten. Sieben Vorstrafen habe der Angeklagte seit 2019 gesammelt. Zum Tatzeitpunkt stand er zudem unter laufender Bewährung. Die Anklagevertreterin forderte daher eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten. Die beiden Verteidiger forderten beide Freispruch für ihre Mandanten. Den Schlüssel zum Firmenauto hätte auch ein Dritter nehmen können. Auf den Videoaufnahmen seien die Angeklagten nicht eindeutig zu erkennen, argumentierten die Anwälte.

Dies sah das Schöffengericht anders. Es sei eine leichte Entscheidung gewesen, den Angeklagten hinter Gitter zu schicken, sagte der Vorsitzende Richter Christoph Gillot. Für den Angeklagten kann es jetzt noch dicker kommen. Das Amtsgericht in Obernburg verurteilte ihn im vergangenen Jahr wegen Besitzes und Verbreitung von Kinderpornografie zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Diese droht nun widerrufen zu werden. Den Knast kennt er bereits von innen, weil er Geldstrafen absaß, die er nicht bezahlen konnte.

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