Kammerkonzert im Coburger Rathaus Besen-Ritt mit Hörnerglanz

Bernd Schellhorn
Die schönsten Passagen aus Engelbert Humperdinck Foto: /Bernd Schellhorn

Beim 3. Kammerkonzert im Rathaussaal gibt es Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ als kunstvolle Märchenstunde.

 
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Coburg - Ein Lebkuchenhaus ist einfach verlockend, auch mit Hexe drin wird dran geknabbert. Da kann man den Hänsel verstehen, der genau das tut. Naja, und die Hexe braucht ja auch was zu essen, könnte man als verständnisvoller Kannibale zustimmen und zack - ist die Story fertig: Hänsel und Gretel lösen ihre Pubertätsprobleme im Hexenwald und verwandeln Lebkuchen in menschliche Wesen.

Zu welch wundersamer Kunst solch menschliche Wesen fähig ist, das erlauscht der Zuhörer immer wieder bei den Kammerkonzerten des Landestheaters im Rathaussaal. Diesmal verziert und garniert musikalisch ein Horn-Quartett mit Jonathan Baur, Filip Kovac, Martin Osterhammer und Jutta Rohleder das Märchen von Hänsel und Gretel. Die schönsten Passagen aus der gleichnamigen Oper von Engelbert Humperdinck erklingen in einem äußerst anspruchsvollen Arrangement für vier Hörner.

Diese prachtvollen instrumentalen Goldstücke mit den vielen Windungen, Ventilen und riesigen Trichtern sind zu unglaublichen Leistungen fähig: Sie zaubern einen satten Bassklang und glänzende Höhen sowie sämtliches dazwischen. Zu viert gekoppelt sind sie ein Orchester im Orchester. Als Quartett verschmelzen sie sich in sanfter Zufriedenheit in die Innigkeit des „Abendsegen“, purzeln knackig in den tänzerischen Übermut des „Brüderlein, komm tanz mit mir“ oder zaubern mit Hauchen und Mundstück-Geräuschen eine gruselige Nachtstimmung mit Käuzchen im Wald.

Wie technisch erhaben und virtuos die vier Musiker des Philharmonischen Orchesters mit ihren Instrumenten umgehen, das kann das Publikum aus nächster Nähe miterleben: Denn im Rathaussaal kann ein jeder den vier Hornisten genau auf die Finger schauen. Und natürlich der zauberhaften Märchengeschichte lauschen, deren Version der Coburger Musikdramaturgin Dorothee Harpain der Schauspieler Niklaus Scheibli in bester Verständlichkeit und voller Leidenschaft vorträgt.

Manchmal singt er sogar, der Sprecher, mit wohlklingender Tenorstimme: „Einmal hin, einmal her, rundherum…“, wenn es besonders gut zur Märchenstimmung passt. Denn so eine Schauspieler-Stimme setzt einen Text in allen Nuancen und Farben um. Den vier Hornisten bleibt dann etwas Zeit, um die Lippen zu entspannen, bevor sie sich in die nächsten Höhepunkte der Oper vertiefen und die Zuhörer mit ihrer goldenen Klangschönheit bezaubern.

Wie berauschend doch ein (musikalischer) Besenritt mit einer übermütigen Hexe sein kann! Dass die sich später in einen Lebkuchen verwandelt, ist danach wirklich zu verstehen. Hoffentlich wird dieser wunderbare Kammerkonzert-Schatz als Kinderkonzert noch ein paar Mal wiederholt, denn von solch schlauen Geschichten und so bezaubernder Instrumentalkunst kann Jung und Alt nicht genug bekommen!

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