Das Wort Roms gilt
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) äußerte sich irritiert über die Intervention des Vatikans. "Das ZdK erwartet, dass der Synodale Ausschuss bei seiner nächsten Sitzung im Juni voll arbeitsfähig ist", sagte die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp. Mehrere führende Theologen kritisierten den Vatikan scharf. Das Eingreifen von höchster Stelle belege die "panische Angst Roms, dass in Deutschland zukünftig Bischöfe den verbindlichen Rat der Gläubigen einholen müssen", sagte der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller der Deutschen Presse-Agentur.
Für Bätzing und andere Reformer sei es ein "Schlag in die Magengrube". "Der Papst misstraut abgrundtief der deutschen Kirche und ihren Bischöfen", sagte Schüller, der selbst Mitglied im Synodalen Ausschuss ist. Wie willkürlich die Entscheidung von Franziskus sei, zeige sich darin, dass er für das Amazonasgebiet durchaus ein Statut genehmigt habe, bei dem Bischöfe und Laien gleichberechtigt und stimmberechtigt seien. "Damit wird deutlich: In der katholischen Kirche entscheidet allein der Papst, was aus seiner Sicht synodal bedeutet und wem er es gestattet und wem nicht." Im Ergebnis bedeute dieses Machtwort das Ende des Synodalen Ausschusses.
Der Theologe Daniel Bogner warnte die deutschen Bischöfe davor, jetzt einzuknicken und das Reformversprechen zurückzunehmen. "Beugen sie sich der römischen Forderung, wird das vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der Vertretung der Laien, als Verrat an der gegebenen Zusage empfunden werden, eine verbindliche Antwort auf die Missbrauchskrise zu geben", sagte Bogner der dpa. "Von Rom her wird die Situation momentan derart zugespitzt, dass die Bischöfe um diese Güterabwägung nicht länger herumkommen."
Spaltet sich die Kirche?
Ähnlich äußerte sich die Erfurter Theologin Julia Knop. Die Bischöfe müssen klären, ob sie sich den Gläubigen in Deutschland verpflichtet fühlten "oder ob sie sich von der haltlosen Unterstellung aus Rom einschüchtern lassen, sie würden die katholische Kirche in Deutschland ins Schisma führen", sagte Knop dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die Gefahr eines Schismas - einer Kirchenspaltung - wird auch von konservativen deutschen Bischöfen wie dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki immer wieder ins Feld geführt.
Die breitere Verteilung der Macht und andere Reformprojekte sind Ergebnisse des Reformprozesses "Synodaler Weg", mit dem die katholische Kirche in Deutschland unter anderem auf den massenhaften sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester reagiert hat. Als Konsequenz daraus sollen Strukturen, die den Missbrauch begünstigt haben, geändert werden. Dazu gehört nach Überzeugung der Mehrheit der Bischöfe auch, dass wichtige Entscheidungen nicht nur von ihnen, sondern auch von normalen Gläubigen ohne Weihe - den sogenannten Laien - getroffen werden.