Kirchturm in Eltmann Münzen und alte Schriftstücke in Zeitkapsel entdeckt

Günther Geiling
Bei der Besichtigung des Inhalts der Turmkapsel (von links) Geschäftsleiter Wolfgang Kühl, Mario Pfister, 1. Bürgermeister Michael Ziegler, Stadtarchivar Thomas Schindler, Pfarrer Bernhard Öchsner und Rainer Reitz (Bild unten rechts). Foto: /Günther Geiling

Ein Schreiben von 1954, mehrere Münzen und Auflistung der Geschehnisse in der Stadt seit dem Jahre 1905 und einiges andere befindet sich in Zeitkapsel in Eltmann. Diese hat man nun geöffnet.

 
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Eltmann - „Schon längere Zeit konnte man bemerken, daß die Turmspitze mit dem Kreuz und dem Wetterhahn sich nach links neigte und bei aufkommenden Winden derart schwankte, daß man ein Herabfallen befürchten mußte. Um weiteren Schaden zu verhüten, nahm man die Gelegenheit wahr und beauftragte (...) eine Firma mit der Überprüfung des Turmes und Feststellung des Schadens.“ So stand es in einem Schreiben aus dem Jahre 1954, dass man in dieser Woche der Kupferkapsel aus der Turmspitze der Eltmanner Stadtpfarrkirche entnahm. Der gleiche Umstand führte nun dazu, dass auch jetzt die Eltmanner Stadtpfarrkirche ohne Spitze ist und erneut die Stabilität der Turmspitze überprüft wird.

Das Rathaus der Stadt Eltmann steht ja in unmittelbarer Nachbarschaft der Pfarrkirche und gerade vom Bürgermeisterzimmer aus hat man einen direkten Blick auf den Haupteingang zum Gotteshaus und hinauf zur Kirchturmspitze. „Bei Regen und Wind haben wir in letzter Zeit festgestellt, dass der Kirchturm im oberen Bereich leicht schwankt. Deswegen haben wir uns für Sicherungsmaßnahmen entschieden und mit Hilfe von Zimmerermeister Bauerschmitt aus Dippach Kuppel und Kreuz abgenommen. Die wenigsten Bürger Eltmanns haben dies vielleicht bemerkt, dass der Turm ohne Spitze ist“, betonte Bürgermeister Michael Ziegler, als er einige Mitarbeiter und Pfarrer Bernhard Öchsner in den Rathaussaal eingeladen hatte.

Hintergrund war der Zusammenkunft war, dass man unter dem wachsamen Auge von Stadtarchivar Thomas Schindler natürlich auch einmal die Kupferkapsel öffnen und sehen wollte, welche geschichtlichen Funde möglicherweise darin verborgen wurden und aus welcher Zeit sie stammen.

Der Vorsitzende des Vereins für Heimatgeschichte Eltmann Rainer Reitz und Mario Pfister mussten sich schon anstrengen, denn die 40 cm hohe Kupferkapsel, die einen Durchmesser von 14 cm hatte, war fachmännisch verschlossen und verplombt, um sie vor dem Eindringen von Feuchtigkeit zu bewahren. Auf der silbernen Plombe waren Einritzungen zu finden und auch ein Zimmerer mit einem Geldsack und einem 1 000 Mark-Schein. Nur mit Hammer und Maisel war es schließlich möglich, zum Inhalt vorzudringen. Dann waren alle gespannt, was zum Vorschein kommen sollte.

Aus der Kapsel zog man dann zahlreiche Schriftstücke wie zwei Geschichtsbeschreibungen der Überschwemmungskatastrophen in Bamberg im Jahre 1784, die Abschrift eines Stadtratsbeschlusses aus dem Jahre 1883, Postkarten mit Ansichten von Eltmann aus dem Jahre 1905, Berichte der örtlichen Geschehnisse seit dem Jahre 1905 und vieles andere mehr. Gespannt fühlte man dann zwei Päckchen auf den Grund, in denen 19 Silbermünzen aus dem Jahre 1702 und 8 Stück aus dem Jahre 1872 mit Bayerischen Münzen des jugendlichen König Ludwig II. enthalten waren.

Damals war die Kupferkapsel am 14. Oktober 1954 vom Turm genommen worden. Es hatte sich herausgestellt, dass der Balken im Kirchturm, in dem das Turmkreuz mit Kugel und Hahn eingelassen war, ausgeschlagen war und das Turmkreuz keinen Halt mehr hatte. „Es war schon erregend, den Männern beim Aufbauen des Gerüstes am Turme zuzusehen, beängstigend aber dann die Arbeiten beim Abbauen der Turmspitze. Fast einen Tag sah und hörte man die Männer hämmern, bis es ihnen gelang, den Bolzen, der Kreuz und Kugel zusammenhielt, loszubekommen“, steht in dem Baubericht.

Die Kugel wies damals 15 Einschüsse von Gewehrschüssen auf, wohl Andenken an die Kriegswirrnisse und die Besatzungszeit. „Sogar die in der Kugel befindliche Kapsel mit alten Urkunden und Münzen war durch einen Schuss beschädigt“, hieß es weiter.

Interessant ist aber auch eine Auflistung der Geschehnisse in der Stadt seit dem Jahre 1905 mit der Einweihung der städtischen Wasserleitung mit der „Kalkofener Quelle“ und dem neuen Hochbehälter unterhalb des Wallburgturmes im Jahre 1909, die Übergabe des „Ludwigs-Donau-Mainkanal“ im Jahre 1912, wo zur Feier selbst Sr. Majestät König Ludwig III. von Bayern in Eltmann weilte und für ihm ein Bankett im Rathaus stattfand. „Es war ein großer Tag für Eltmann und seine Bewohner“.

Natürlich wird auch viel über die Ereignisse im 1. und 2. Weltkrieg berichtet, über Arbeitsdienstlager und die Raumnot nach 1945, als nach Eltmann rund 900 Flüchtlinge kamen und „hier in sehr primitiven Verhältnissen untergebracht werden“. Auch die Aufbauarbeiten nach dem Krieg mit dem Bau der Mainbrücke im Jahre 1949, die Bereitstellung eines Industriegelände im Jahre 1951 mit dem Umbau des Umspannwerkes durch die Bayernwerk AG und viele andere Geschehnisse werden dabei erwähnt.

Angemerkt wird auch, dass im November 1951- also vor genau 70 Jahren – ein neues Kirchengeläute mit 4 Glocken im Turm aufgehängt wurde. Drei der angeschafften Glocken kamen aus Mitteln der Stadt, während eine Glocke Dr. Georg Schäfer aus Schweinfurt stiftete. Die Verwaltung bekam den Auftrag, diese Schriftstücke alle abzufotografieren und alles für die Nachwelt zu erhalten.

Natürlich stellte man auch Überlegungen an, was wieder neben den bisherigen Erinnerungsstücken dann aus der Neuzeit eingelegt werden sollte, wenn die Kupferkapsel am Donnerstag den 22. April mit Hilfe eines Hochkrans wieder in die Turmspitze gebracht wird. Dazu sollen eine Tageszeitung gehören, weitere Informationen über die Zeit von 1954 bis 2021 und natürlich auch neue Münzstücke mit Euro und Cent. Dabei brachte Stadtpfarrer Bernhard Öchsner auch die Idee ein, eine Covid-Maske mit aufzunehmen und er sei auch gerne bereit ein kleines Schreiben zu gestalten, was die Corona-Pandemie alles für die Menschen und die Stadt für Auswirkungen habe.

So wird sicher auch für viele Bürger zu einem kleinen Spektakel werden, wenn am Donnerstag eine Firma mit einem Hochkran Turmkugel mit Kreuz und Wetterhahn auf die Spitze des Turmes bringen und Zimmerermeister und Arbeiter alles wieder so fest verankern, dass die Turmspitze wieder über viele Jahrzehnte Stürmen, Wind und Wetter erfolgreich Widerstand leisten kann.

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