Die heiligen Kuh der Marktwirtschaft hat Gisela Raab vom Hof gejagt, genauer gesagt aus ihrem Ebensfelder Bauunternehmen: Weil sie weiß, das unbegrenztes Wachstum nicht möglich ist, setzt die Chefin von 220 Mitarbeitern auf Klasse statt Masse: „Wir wollten nicht größer werden, sondern besser“. Die Baubiologin, die sich schon in den 90er-Jahren im Rahmen der Agenda 21 umweltpolitisch engagierte, sieht im Bereich des ökologischen Bauens noch viel ungenutztes Potenzial: „Wir könnten mehr tun, wenn Bevölkerung und Politik es wollten“.
Es bedarf noch erheblicher Überzeugungsarbeit, das weiß auch Christian Gunsenheimer, der Klimabeauftragte des Landkreises Coburg: „Wir müssen 80 Prozent der Menschen mitnehmen, wenn wir die Schalter umlegen wollen“. Immerhin: In acht der 17 Landkreis-Gemeinden gibt es mittlerweile Klimaschutz-Beiräte, parteiübergreifend wächst das Problembewusstsein und damit das Verantwortungsgefühl, meint Gunsenheimer. An die Bürgerinnen und Bürger appelliert er, ihre Einflussmöglichkeiten besser zu nutzen und Politiker vor Ort immer wieder an deren Versprechungen zu erinnern.
Wolfgang Weiß, sein früherer Amtskollege in der Stadt, unterstreicht, dass Bürgerbeteiligung auch ein Mitwirkungsrecht beinhalten muss – auch er hat, wie Gisela Raab im Agenda 21-Prozess miterleben müssen, wie Arbeitskreise sich totliefen und Ideen verpufften. Als Förster kennt Weiß die dramatischen Auswirkungen der Umweltzerstörung genau – und sieht seine Aufgabe darin, die Schäden zu reparieren und weitere Zerstörung zu verhindern, um das wertvolle Erbe Natur an die nächsten Generationen weiterzugeben. „Nachhaltige Forstwirtschaft funktioniert“, betont Weiß – und plädiert dafür, diese Erfahrungen auf Industrie und Gewerbe zu übertragen. Als Waldpädagoge versteht Weiß den Forst nicht nur als Lebensraum und Rohstofflieferant, sondern auch als idealen Lernort, um ein Grundverständnis für ökologische Zusammenhänge zu entwickeln. Auch in der digitalen Ära hat das noch seinen Reiz, versichert Weiß: „Die Kinder sind sehr interessiert!“
Wie in Coburgs Nachbarschaft aus hehren Prinzipien Taten werden, schildert Matthias Schöring von „Transition Bamberg“. Das Netzwerk verbindet und bestärkt Menschen, die eine solidarische und nachhaltige Gesellschaft aktiv gestalten möchten. Die Bandbreite geht von der Initiative „Essbare Stadt“ bis hin zum Carsharing, das der kommerziellen Konkurrenz erfolgreich Paroli bietet. Ganz ohne Profitstreben, Marketing und Hierarchien.
Schlechte Noten gibt’s am Ende aus dem Publikum für die Stadt Coburg: „Das Klimakonzept besteht aus leeren Sätzen“, meint Wolfgang Andrich, der als umweltbewusster Bauherr „Ignoranz und Rechtsbruch“ der Behörden anklagt. Doch auch ein positives Beispiel ist vor Ort: Alexander Engelhardt betreibt sein Stadthaus nach der Generalsanierung klimaneutral.