Knappe Entscheidung in Coburg Albert und Victoria kommen nicht an den Albertsplatz

Das Wandbild von Albert und Victoria sollte – in etwas verkleinerter Form – an der Nordfassade am Albertsplatz 5 entstehen. Doch der Senat für Bauwesen lehnte das mit einer Stimme Mehrheit ab Foto: Den Entwurf stellte Wolfgang Weiss zur Verfügung

Der Eigentümer der früheren Bonbonfabrik, Werner Weiss, wollte an der Fassade seines Hauses ein großes Wandbild anbringen lassen. Doch der Senat für Bauwesen sagt nein.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Über Kunst lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Und das taten die Mitglieder des Senats für Stadt- und Verkehrsplanung sowie Bauwesen am Mittwoch auch. Im Zentrum stand die Frage: Darf Werner Weiss, der Eigentümer der ehemaligen Bonbonfabrik Weiss am Albertsplatz 5, die Fassade seines Hauses mit einem Wandbild gestalten lassen. Das Bild zeigt Prinz Albert und Königin Victoria und soll vom fachkundigen Fassadenkünstler Gert Neuhaus hergestellt werden. Dieser bemalt seit Ende der 1970er Jahre große Giebelwände in deutschen Großstädten und hat es damit zu weltweitem Ruhm gebracht. Vor allem in Berlin sind viele seiner Werke zu finden.

In Coburg wird sich der Künstler, der im Auftrag von Werner Weiss tätig werden würde, aber nicht verewigen können. Mit einer knappen Mehrheit wurde der Antrag auf denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für das Wandbild nämlich abgelehnt. Fünf der neun Stadträte sprachen sich dagegen aus, dass die denkmalgeschützte Nordfassade bemalt wird. Und das, obwohl Werner Weiss bereits lange im Vorfeld von allen drei Bürgermeistern eigentlich grünes Licht bekommen hat, wie er gegenüber der Neuen Presse betonte.

„Jeder, der ein Baudenkmal besitzt, kann sich eine baudenkmalige Erlaubnis holen“, erklärte Baustadträtin und Referentin Mechthild Neumann das Prozedere. Dann würde sachlich und nach dem Gesetz beurteilt. Die Überprüfung hätte in diesem Fall ergeben, dass das Motiv – Albert und Victoria – zum Platz passt. Dass das Denkmal dadurch nicht geschädigt wird („das Bild wird ja aufgemalt“) und auch was die Größe angeht, hätte Eigentümer Werner Weiss mit sich reden lassen und einer Verkleinerung zugestimmt. Ein Okay vom Senat gab es jedoch trotzdem nicht.

„Es wäre die erste große Wandmalerei, die wir in Coburg bekommen würden“, begann Petra Schneider (SPD) ihre Ausführungen. Damit sei die Frage, ob die Malerei an der Rückwand der Immobilie erlaubt wird, in einem größeren Kontext zu sehen. „Es geht nicht um die Beurteilung des Bildes, sondern ob wir so etwas grundsätzlich wollen“, verdeutlichte die Stadträtin ihre Bedenken. Eigentlich sei sie für Fassadengestaltungen sehr offen, „aber wir verändern hier etwas.“ Im Stadtgebiet gebe es eine riesige Anzahl an Fassaden, die auch gestaltet werden könnten. Mit einem Ja schaffe man jetzt einen Präzedenzfall „wo wir nicht wissen, wie es enden kann. Macht euch Gedanken was wir damit anrichten“, appellierte sie an ihre Senatskolleginnen und Kollegen.

„Natürlich schaffen wir einen Präzedenzfall, aber warum sollten wir nicht einfach mal damit anfangen“, entgegen Stadtrat Hans-Heinrich Eidt. Für den ehemaligen Vorsitzenden des Vereins Stadtbild Coburg gibt es in Coburg ohnehin viel zu viele weiß gestrichene Fassaden. „In anderen Städten ist es nicht unüblich, dass man da was anmalt“, erklärte er. Eidt sah im Motiv einen direkten Bezug zum Albertsplatz, sprach sich aber auch dafür aus, das Bild insgesamt kleiner zu gestalten, damit zumindest das obere Fenster nicht ins Bild hineinreicht. Die Bedenken von Petra Schneider in Sachen Nachahmungseffekt konnte er allerdings nicht teilen. „Man wird doch jetzt nicht in der ganzen Stadt Wände bemalen“, so Eidt.

Zwiegespalten zeigte sich Wolfram Haupt (Grüne). Statt ein Einzeldenkmal zu bemalen, wäre es ihm lieber, eine Fassade zu nutzen, an der man ohnehin etwas machen muss. Für die Umsetzung spreche jedoch, dass sich der Immobilienbesitzer einen bekannten Künstler ausgesucht hätte. „Ein guter Künstler an einer anderen Fassade wäre mir allerdings lieber gewesen“, bekannte Wolfram Haupt.

Zweiter Bürgermeister Hans-Herbert Hartan, der die Sitzung leitete, warb um Zustimmung. „Mir persönlich gefällt es. Und Königin Victoria ist bisher an keiner Stelle im Coburger Stadtbild zu sehen“, gab er zu Bedenken. „Das ist Außenwerbung für uns und jede Stadtführung wird daran vorbeigehen“, war er sicher. Außerdem könne es Initialzündung für andere Hausbesitzer sein, ihre Fassaden auch gestalten zu lassen.

„Wenn wir bei der ersten Maßnahme schon diskutieren, dann wird das kaum Leute motivieren, ihre Fassaden auch machen zu lassen“, mahnte Peter Kammerscheid (Pro Coburg), die private Initiative nicht gleich wieder auszubremsen. Und auch Stadtrat Martin Lücke (SPD) wollte dem Eigentümer, der in die Sanierung seiner Immobilie viel Zeit und Geld gesteckt hat, „einen kleinen persönlichen Akzent“ zugestehen. „Es wäre auch eine Würdigung der Renovierungsleistung.“

Viel Lob für das „Schmuckstück am Albertsplatz“ gab es auch von Birgit Weber (CSU), die Werner Weiss noch einmal für die Sanierung des Gebäudes lobte. Für ein Ja zum Wandbild konnte sie sich allerdings nicht durchringen. „Denkmäler sollte man nachträglich einfach nicht bemalen. Das ist meine persönliche Einstellung“, erklärte sie.

Für Werner Weiss, der nach eigener Aussage bereits seit Juni 2021 an dem Projekt arbeitet, kam die Absage des Senates völlig überraschend, wie er nach der Sitzung bekannte. „Ein Schlag ins Kontor“, so der Immobilienbesitzer. Er hatte zusammen mit anderen Zuhörern die Diskussion im Rathaus verfolgt. „Im Zuschauerraum herrschte nach der Entscheidung blankes Entsetzen“, erzählte er. Für die Anfertigung des Bildes wollte Weiss einen gut fünfstelligen Betrag in die Hand nehmen. „Es wäre ein Geschenk von mir an die Stadt Coburg gewesen.“

Autor

Bilder