Kreis Haßberge „Die Impfzahlen sind im Keller“

Die Nachfrage nach Impfterminen in den Haßbergen lässt immer mehr nach. Ab 1. Mai wird es nur noch ein Impfzentrum im Kreis geben, dafür aber einen Impfbus. Foto: /René Ruprecht

Der Landkreis Haßberge kämpft seit Beginn der Impfkampagne mit einer niedrigen Quote – trotz vielfältiger Aktionen und hohem Aufwand.

 
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Es war ein passender Termin für die zweite Impfkonferenz im Landkreis Haßberge an diesem Donnerstagabend: Am Nachmittag hatte der Bundestag die allgemeine Impfpflicht scheitern lassen. Gleichzeitig meldete das Gesundheitsamt Haßberge weitere 247 Neuinfektionen an einem Tag. Stellvertretender Landrat Oskar Ebert (FW), der für den erkrankten Landrat Wilhelm Schneider (CSU) eingesprungen war, zeigte sich zu Beginn der virtuellen Veranstaltung frustriert über die Abstimmung im Bundestag und die Tatsache, dass man keine gemeinsame Strategie habe finden können. Die Leidtragenden seien die Kommunen. Dennoch sei es wichtig, am Ball zu bleiben, um bei einer möglichen nächsten Welle im kommenden Herbstgewappnet zu sein. André Kuhn, Leiter der Verwaltungsgruppe Impfzentrum, stellte dann die Thematik im Haßbergkreis vor.

1. Die aktuelle Situation

Zwei Impfzentren sind aktuell im Landkreis Haßberge noch in Betrieb: in Königsberg und in Hofheim. „Das Angebot übersteigt die Nachfrage bei Weitem“, sagt André Kuhn. Während daher das Impfzentrum in Königsberg zum 30. April geschlossen wird, soll Hofheim zunächst bis zum 31. Dezember laufen. „Hier können wir zeitnah hoch und runter fahren, um auf mögliche weitere Wellen reagieren zu können“, so Kuhn. Das Impfzentrum Ebelsbach ist seit 1. April geschlossen, weiterhin unterwegs sind mobile Impfteams. Auch bei ihnen herrscht laut Kuhn derzeit eine sehr geringe Auslastung.

2. Die Impfquote

Noch immer liegt die Impfquote in den Haßbergen unter dem bundesweiten Schnitt. Auch im regionalen Vergleich hinkt sie teilweise weit hinterher (siehe auch Seite 18). „In der Anfangszeit lagen wir noch weiter zurück, wir konnten etwas aufholen“, fasst der Leiter der Verwaltungsgruppe Impfzentrum zusammen. „Es wird aber zunehmend schwerer“, sagt André Kuhn – die Impfzahlen derzeit seien im Keller. In aktuellen Zahlen liegt die Quote der Grundimmunisierten in den Haßbergen bei 71,4 Prozent, geboostert sind 56,6 Prozent (Stand Donnerstag). Auf die Frage aus der Runde, weshalb wohl die Quote trotz der massiven Anstrengungen weiter so gering sei, hatte André Kuhn nur eine Vermutung: In ländlichen Regionen sei die Impfbereitschaft meist geringer als in den Großstädten.

3. Impfungen nach Alter

In der Aufschlüsselung der Impfungen nach Altersgruppen zeigt sich, dass die Boosterimpfungen im Alter scheinbar stark abnehmen. Was allerdings der Tatsache geschuldet sei, dass die Boosterimpfungen zunehmend über die Hausärzte geleistet würden, wie André Kuhn erklärt. Impfzahlen von Haus- und Betriebsärzten waren in der Übersicht nicht enthalten. Der zweite Ausreißer in der Gruppe der unter 20-Jährigen liege schlicht im zeitlichen Verzug: Sie kamen erst spät zur Grundimmunisierung, folglich steht bei vielen der Booster erst noch aus.

4. Der Tot-Impfstoff

Große Hoffnung lag auf der Einführung des sogenannten „Tot-Impfstoffes“ – die Hoffnung aber habe sich zerschlagen, so André Kuhn. Nachdem die Anfragen weiterhin im einstelligen Bereich lägen, wird die Novavax-Impfung nur noch im Impfzentrum Königsberg angeboten. Denn: In einer Ampulle befinden sich zehn Dosen, nach Anbruch ist eine Ampulle nur sechs Stunden haltbar. Ist die Nachfrage zu gering, müssten zu viele Dosen entsorgt werden.

5. Die Aktionen

Viele Vorschläge wurden seit der ersten Impfkonferenz im Januar umgesetzt. Es gibt mittlerweile eine medizinische Impfberatungshotline, auch von Ärzten mit verschiedenen Sprachkenntnissen, Impftermine in verschiedenen Sprachen, ein Aufklärungsangebot an Schulen sowie Informationen und Beratungen in Pflegeeinrichtungen. Die Nachfrage sei allerdings durchwachsen, gesteht André Kuhn. Auch, was die Abfrage bei den 26 Landkreiskommunen speziell nach Personengruppen mit Migrationshintergrund betrifft, die man erreichen wollte: Rückmeldungen habe es nur von neun Gemeinden gegeben. 80 Unternehmen wiederum hätten ihre Impfzahlen gemeldet, die durchweg gut sind: So sind etwa 89 Prozent der Mitarbeiter grundimmunisiert, rund 63 Prozent geboostert. Interesse an weiteren Impfangeboten gäbe es nicht. Ebenfalls gering sei die Resonanz auf direkte Einladungsschreiben an alle leistungsberechtigten des Jobcenters gewesen.

6. Impfungen bei Ukrainern

Eine weitere Herausforderung, die auf den Landkreis Haßberge zukommt, ist die Immunisierung der aus der Ukraine geflüchteten Menschen. Konkrete Zahlen über die Impfquote der im Landkreis angekommenen Flüchtlinge liegen nicht vor, für die Ukraine wird jedoch nur eine Grundimmunisierung von 34 Prozent der Bevölkerung registriert. Darunter seien aber auch Menschen, denen etwa der Impfstoff Sinovac aus China, in der Europäischen Union nicht zugelassen, verabreicht worden sei. Mittlerweile empfiehlt das RKI hier die Auffrischimpfung mit einem mRNA-Vakzin. Derzeit gebe es zwei Ärzte, die russisch oder ukrainisch sprechen, so André Kuhn.

Einen ersten Impftermin hatte es in Oberaurach gegeben, der ersten Kommunen, in der dezentral viele Flüchtlinge verteilt wurden. Direkt angesprochen waren nicht nur die Geflüchteten, sondern auch die Gastfamilien. Immerhin sechs Impfungen habe man hier durchführen können.

7. So soll’s weitergehen

„Vorsichtig bleiben“, raten die Ärzte abschließend, angesichts der stockenden Impfkampagne. Trotz der laut André Kuhn mit „sehr viel Aufwand und sehr, sehr viel Kosten“ betriebenen Aktionen bleiben die Zahlen auf geringem Niveau. Doch man will dran bleiben: Zunächst mit einer Bedarfsabfrage bei den Saisonkräften, zunächst zur Spargel-, später auch zur Erdbeerernte.

Der Impfbus startet wie geplant ab 1. Mai und soll bis 31. Juli im Landkreis unterwegs sein – und „sicher auch gezielt Veranstaltungen anfahren, die dann wieder möglich sind“, wie André Kuhn verspricht. Fortführen wolle man auch das „offene Impfen“ ohne Termin und Registrierung. Eine Info-Veranstaltung über den „Totimpfstoff“ Novavax sei in der Diskussion, erfahre aber derzeit nur geringes Interesse.

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