Kreis Haßberge Drogenumsatz in Millionenhöhe

Martin Schweiger
Drogenhandel im großen Stil betrieben laut Anklage vier Angeklagte aus den Haßbergen. Mit zwei weiteren mutmaßlichen Drogendealern stehen sie nun vor Gericht. Foto: picture alliance/dpa//William Archie

Vor dem Landgericht Bamberg muss sich eine sechsköpfige Drogenhändler-Bande verantworten. Gedealt wurde vor allem im Raum Haßfurt – teilweise der Liebe wegen.

 
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Bamberg/ Kreis Haßberge - Der wohl größte Rauschgiftprozess der letzten Jahre mit Beteiligten aus dem Landkreis hat am Montag am Landgericht begonnen. Auf der Anklagebank sitzen drei Männer und drei Frauen im Alter zwischen 21 und 29 Jahren. Vier der Angeklagten haben ihren Wohnsitz im Landkreis Haßberge.

Laut Anklageschrift betrieben die Angeklagten von Anfang 2020 bis zur Festnahme am 23. März dieses Jahres einen schwunghaften Drogenhandel im großen Stil. Cannabis, Methamphetamin, Amphetamin und Kokain sowie auch Ecstasy und LSD wurden kiloweise vor allem in Berlin und Wiesbaden gekauft und in einem Umkreis von zirka 50 Kilometer um Haßfurt an Großabnehmer weiterverkauft. Dabei machte die Bande einen Umsatz von weit über einer Million Euro.

Der 28-jährige und der 25-jährige Angeklagte – beide aus dem Landkreis – sollen laut Anklage als Anführer aufgetreten sein, Anweisungen gegeben und die Beschaffung sowie den Vertrieb eines Teils des Rauschgifts durch persönliche Übergaben organisiert haben.

Internet und Darknet

Der 21-jährige Angeklagte – ein Bankkaufmann ebenfalls aus dem Landkreis – soll von seiner Wohnung aus über das Internet und das Darknet einen Teil des Rauschgifts verkauft und auch größere Drogenlieferungen entgegengenommen haben.

Die angeklagten Frauen sollen vor allem Beihilfe geleistet haben, indem sie die Angeklagten fuhren oder die Drogensendungen verpackten. Eine der beiden 25-jährigen Angeklagten soll darüber hinaus in Drogengeschäfte involviert gewesen sein.

Beamte der Kriminalpolizei überwachten die Handys der Angeklagten. Am 23. März wurden alle Bandenmitglieder festgenommen. Dabei soll der 28-jährige Angeklagte mit Kopfstößen Widerstand geleistet haben und versucht haben, im Badezimmer Drogen die Toilette hinunterzuspülen.

Die beiden mutmaßlichen Anführer der Bande sind vor Gericht alles andere als Unbekannte. Der 28-Jährige wurde zum ersten Mal im Jahr 2010 im Alter von 17 Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Raub zu zwei Wochen Jugendarrest verurteilt. Im Jahr 2012 brach er in Gerolzhofen in mehrere Läden ein und verursachte einen Schaden in Höhe von 14 000 Euro, wofür er ein Jahr Freiheitsstrafe erhielt. Im Jahr 2018 wurde er wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt.

Selbst abhängig

Die Zeit im Bezirkskrankenhaus, die mit Haftlockerung verbunden war, nutzte er für die angeklagten Straftaten ebenso aus, wie der 25-jährige Angeklagte, der im Jahr 2019 wegen Drogendelikten zu fünf Jahren Haft mit Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt wurde. Beide Angeklagte sind seit ihrer Jugendzeit drogenabhängig.

Die Staatsanwältin kündigte nach einem Rechtsgespräch an, für beide eine Freiheitsstrafe von über zehn Jahren zu fordern. Den 21-jährigen ebenfalls drogenabhängigen Angeklagten stufte die Anklagevertreterin ebenfalls als Haupttäter ein. Er ist jedoch nicht vorbestraft. Die Staatsanwältin kündigte an, auf eine Haftstrafe von bis zu sieben Jahren und drei Monaten zu plädieren. Eventuell käme auch eine Jugendstrafe in Betracht, die dann niedriger ausfalle.

Die drei angeklagten Frauen kämen nicht als Haupttäterinnen in Betracht. Die 25-jährige Mittäterin müsse aus Anklagesicht mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren und zwei Monaten rechnen. Sie nimmt nach eigenen Angaben keine Drogen.

Ihre Eltern seien geschockt gewesen, als sie von der Festnahme der Tochter erfuhren. Sie hat bereits bei der Polizei auch gegen die anderen Angeklagten ausgesagt. Daher käme laut ihres Verteidigers Paragraf 31 des Betäubungsmittelgesetzes, der sogenannte „Judas-Paragraf“ zur Anwendung, der Kriminellen die Möglichkeit gibt, durch Kooperation mit Polizei und Justiz eine drohende Haftstrafe abzumildern. Die 25-Jährige fürchtet sich vor Racheaktionen und ist deswegen von Bayern nach Baden-Württemberg verzogen.

„Blind vor Liebe“

Die zweite 25-jährige Angeklagte muss laut Staatsanwältin mit einer Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren und drei Monaten rechnen. Sie ist ebenfalls nicht vorbestraft. Sie habe sich in den 28-jährigen Haupttäter verliebt und sei so ins Drogenmilieu mit unregelmäßigen Konsum abgerutscht. Sie sei „blind vor Liebe“ gewesen. „Die Beziehung hat mich den Arsch gekostet“, gab sie zu Protokoll.

Die 29-jährige Angeklagte muss laut Anklagevertreterin mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren und zwei Monaten rechnen. Sie machte keine Angaben zu Drogenkonsum. Die Anwälte der Frauen gaben als Ziel Bewährungsstrafen für ihre drei Mandantinnen an.

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