Krieg gegen Israel Sorge um die Freunde in Kiryat Motzkin

Israel trauert. In diesen schweren Stunden wollen die Freunde in den Haßbergen ihrer Partnerstadt Kiryat Motzkin besonders zur Seite stehen. Foto: picture alliance/dpa/AP/Ohad Zwigenberg

Seit über einer Woche befindet sich Israel im Krieg. Auch im Landkreis Haßberge bangen die Menschen nach dem Angriff der Hamas um die Bewohnerinnen und Bewohner der Partnerstadt Kiryat Motzkin.

 
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Nach dem Angriff der Hamas auf Israel herrscht große Betroffenheit auch in den partnerschaftlich verbundenen Haßbergen. „Wir haben umgehend Kontakt mit unseren israelischen Freunden aufgenommen“, so Landrat Wilhelm Schneider (CSU). Er berichtet von großer Angst angesichts der massiven Angriffe mit hunderten Toten und Verletzten, mit Raketenanschlägen und Geiselnahmen im ganzen Land. „Die furchtbaren Bilder des Krieges in Israel machen mich sprachlos“, schreibt der Haßberge-Landrat wörtlich in einem Brief, der an Haim Zuri, den Bürgermeister von Kiryat Motzkin adressiert ist. „Diese unmenschlichen und grausamen Taten zeigen, dass auch heute in unserer Welt kein Frieden herrscht und dass es keine Rechtfertigung für solch abscheuliche Angriffe auf unschuldige Menschen gibt. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und den Hinterbliebenen, die um ihr eigenes Leben und um das Leben und die Gesundheit ihrer Angehörigen bangen. Und es versteht sich von selbst, dass wir viel an Sie denken, liebe Freunde! Es muss alles getan werden, was nötig ist, damit weder Sie noch Ihre Familien gezwungen sind, in Angst zu leben, und dass in unserer Welt wieder Frieden herrscht“, so der Wortlaut des Schreibens.

Die Nachrichten aus der Partnerstadt des Landkreises seien beunruhigend und bedrückend. Das Kriegsgeschehen ist auch dort deutlich zu spüren, berichtet Susanne Makowski. Die Partnerschaftsbeauftragte im Landkreis Haßberge ist im ständigen Kontakt mit den israelischen Freunden – per Whatsapp und Facebook. Was sie erfährt: Viele Menschen mussten in Kiryat Motzkin bereits Schutzräume aufsuchen. Die Männer sind als Reservisten eingezogen worden. Eine ehemalige Betreuerin der Jugendbegegnung ist hochschwanger, ihr Mann ist als Reservist eingezogen worden und sie kann nicht sagen, wann sie ihn wiedersieht. Inzwischen ist sie zu ihrem Vater gezogen, um nicht alleine zu sein.

Auch Kiryat Motzkin hat Tote zu betrauern

Immer wieder posten die israelischen Freunde Beiträge von vermissten Personen in Facebook. Die Bürgermeister-Wahlen, die eigentlich im Oktober stattfinden sollten, wurden verschoben. In Kiryat Motzkin sind Soldaten stationiert. Was aber besonders ist: Alle halten zusammen, verteilen Getränke und Essen an die Soldaten. Wie Susanne Makowski berichtet, habe die Stadtverwaltung zum Beispiel gepostet, dass ein Stadtbewohner, Holocaust-Überlebender, zusammen mit seiner Frau die Uniformen der Soldaten wäscht und bügelt, damit sie am nächsten Tag wieder getragen werden können. Außerdem wurden die Bewohner aufgefordert, die israelische Flagge zu hissen, um Unterstützung und Einheit zu präsentieren. Bürgermeister Haim Zuri hat zum Blutspenden aufgerufen, um Verletzten helfen zu können. Auch aus Kiryat Motzkin sind junge Soldatinnen und Soldaten im Einsatz gefallen.

Dr. Lea Ganor, die Leiterin des Holocaust-Gedenkzentrums in Kiryat Motzkin und Perah Kiasar, schildern in einer E-Mail an Landrat Wilhelm Schneider ihre persönlichen Eindrücke und bedanken sich für die Botschaft der Solidarität. „Wir durchleben hier in Israel schreckliche Zeiten. Inzwischen hat jeder die Nachrichten über den schrecklichen Angriff der Hamas gehört und die Bilder gesehen, was sie unschuldigen Israelis angetan haben: Kindern, Babys, Frauen, Männern, älteren Menschen, ausländischen Arbeitern, Hausmeistern. Babys, die aus nächster Nähe erschossen wurden. Junge Frauen bei einem Naturfestival vergewaltigt und ermordet. Familien lebendig verbrannt. Viele wurden gekidnappt und sind Geiseln. Viele der Geiseln sind Bürger aus vielen Ländern der Welt. Bis jetzt haben wir über 1300 Ermordete, 3000 Verwundete, und dies ist erst der achte Tag dieses Krieges. Überall auf der Welt werden Juden angegriffen, und es scheint, dass sich die Geschichte wiederholt. Die Hamas ist dabei, den Völkermord in Israel fortzusetzen und alle Juden auf der ganzen Welt zu ermorden. Dies ist der größte Krieg, den wir seit dem Holocaust erlebt haben.“

„Israel braucht jeden, dem das Land am Herzen liegt“

Die beiden Frauen hoffen weiterhin auf Unterstützung: „Israel braucht jeden, dem das Land am Herzen liegt, als Botschafter, um die Welt auf das aufmerksam zu machen, was hier geschieht. Israel braucht die Unterstützung der Welt gegen die Terroristen: Kundgebungen, Mahnwachen, Spenden und Druck, die finanzielle Unterstützung von Terrorregimen einzustellen.“

Landrat Wilhelm Schneider macht deutlich: „Es gilt auch bei uns im Landkreis Antisemitismus und Israelfeindlichkeit entgegenzuwirken. Der Hass darf nicht in unsere Häuser, auf unsere Straßen, in unsere Schulen getragen werden“. Er forderte alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich jeglichen Anfängen von Antisemitismus entgegenzustellen.

Lange Freundschaft

Bereits im Jahr 1985 nahm der Landkreis Haßberge erstmals freundschaftliche Beziehungen zu der israelischen Kommune Kiryat Motzkin auf. Schon ein Jahr später, 1986, startete die erste jugendliche Reisegruppe nach Israel. Seitdem besteht ein reger und regelmäßiger Austausch von Schüler- und Jugendgruppen zwischen dem Landkreis und der Partnerstadt.

/KJR

Im Jahr 1992 wurde der Grundstein für die offizielle Partnerschaft zwischen dem Landkreis Haßberge und der israelischen Stadt Kiryat Motzkin mit der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden gelegt.

Rudolf Handwerker (rechts) erhielt 2014 von Bürgermeister Haim Zuri den Schlüssel der Stadt Kiryat Motzkin. /NP Archiv

Eine besondere Ehre war im Jahr 2014 dem früheren Haßberge-Landrat Rudolf Handwerker zuteil geworden: Er ist seitdem Ehrenbürger der Stadt Kiryat Motzkin. Bei einem Besuch in der israelischen Partnerstadt des Landkreises Haßberge hatte Handwerker von Bürgermeister Haim Zuri den „Schlüssel der Stadt Kiryat Motzkin“ überreicht. Mit dieser besonderen Auszeichnung wurden seine Verdienste um die Partnerschaft und die Aussöhnung zwischen Israel und Deutschland gewürdigt. Nur 22 Personen wurde bis dato im Laufe der nun bald 90-jährigen Stadtgeschichte von Kiryat Motzkin die Ehrenbürgerwürde verliehen – darunter nur fünf Personen, die nicht aus Israel stammen.

Auf der Internetseite von Kiryat Motzkin findet man die Partnerschaft zum Landkreis Haßberge in der Rubrik „Sister Cities“. Das ist auch ein Ausdruck davon, wie eng man sich mit den israelischen Freunden verbunden fühlt.  

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