US-Verteidigungsminister ruft Israel zu Einigung mit Ägypten auf
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach unterdessen mit dem israelischen Verteidigungsminister Joav Galant über die Lage an den Grenzübergängen Rafah und Kerem Schalom im Süden des Gazastreifens, wie das Pentagon mitteilte. Austin habe den Verbündeten aufgerufen, die Gespräche mit Ägypten über eine Wiederöffnung des Grenzübergangs Rafah und den Fluss von Hilfsgütern aus Ägypten über Kerem Schalom zu einem Ergebnis zu führen. Rafah ist nach der kürzlichen Übernahme der palästinensischen Seite durch Israels Armee geschlossen. Ägypten habe darauf bestanden, dass die Lieferungen erst wieder aufgenommen werden könnten, wenn die palästinensische Seite des Übergangs wieder unter palästinensischer Kontrolle stehe, schrieb die "Times of Israel".
Ägypten soll zudem Lieferungen über Kerem Schalom gestoppt haben. Die Ägypter wollten nach der Übernahme der palästinensischen Seite des Übergangs in Rafah durch die Israelis nicht als deren Komplize erscheinen, indem nun stattdessen die Hilfe über Karem Schalom laufe, schrieb "Politico". Kerem Schalom liegt etwa drei Kilometer von Rafah entfernt. Austin habe gegenüber Galant die dringende Notwendigkeit betont, die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen über alle verfügbaren Grenzübergänge zu verstärken, teilte das Pentagon mit.
Israels Vorstoß in Rafah hat nach Darstellung der US-Regierung bislang nicht das Ausmaß erreicht, vor dem sie ihren Verbündeten gewarnt hat. "Die bisherigen israelischen Militäroperationen in diesem Gebiet waren gezielter und begrenzter und umfassten keine größeren Militäroperationen im Zentrum dicht besiedelter städtischer Gebiete", sagte der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Mittwoch in Washington.
Netanjahu zu Geisel-Video: Tun alles für ihre Rückholung
In dem zuvor in Israel veröffentlichten Video, einem Zusammenschnitt von Bodycam-Aufnahmen der Terroristen, sind verletzte, teilweise blutüberströmte junge Frauen mit ihren schwer bewaffneten Entführern zu sehen. Die Frauen waren im Grenzgebiet zum Gazastreifen als Späherinnen der Armee im Einsatz gewesen. Sie sind offensichtlich verängstigt und haben die Arme hinten den Rücken gebunden. Terroristen schreien sie immer wieder an und bedrohen sie. Die Eltern der Frauen hatten der Veröffentlichung des Videos in der Hoffnung zugestimmt, dass die schlimmen Bilder zur Freilassung ihrer Töchter und anderer Geiseln infolge eines Deals zwischen Israel und der Hamas beitragen könnten.
Israels innenpolitisch unter Druck stehender Regierungschef Netanjahu äußerte sich nach der Veröffentlichung des Videos: "Wir werden weiterhin alles tun, um sie nach Hause zu bringen", versprach er laut der israelischen Nachrichtenseite "Ynet". "Die Grausamkeit der Hamas-Terroristen bestärkt mich nur darin, mit aller Kraft für die Eliminierung der Hamas zu kämpfen, damit sich das, was wir heute Abend gesehen haben, niemals wiederholen kann."
Bei dem beispiellosen Terrorüberfall der Hamas im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober waren rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Der Anschlag löste Israels militärische Offensive in dem abgeriegelten Küstengebiet aus, bei der nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 35 700 Menschen getötet wurden. Bei der unabhängig kaum zu überprüfenden Zählung wird nicht unterschieden zwischen Kämpfern und Zivilisten.
Galant treibt Wiederaufbau von Siedlungen im Westjordanland voran
Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant treibt unterdessen die Wiederbesiedlung von vier Ortschaften im nördlichen Westjordanland voran, die 2005 geräumt worden waren. Als "historischen Schritt" bezeichnete Galant laut Medienberichten am Mittwoch die Aufhebung von Anordnungen, die Israelis verboten hatten, das Gebiet der ehemaligen Siedlungen Ganim, Kadim und Sanur zu betreten. Der Zutritt zu einer vierten Siedlung war bereits zuvor genehmigt worden.
Israel eroberte während des Sechstagekrieges 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem. Rund 700.000 Israelis leben dort heute in mehr als 200 Siedlungen. Der UN-Sicherheitsrat bezeichnete diese Siedlungen 2016 als völkerrechtswidrig und forderte Israel auf, alle Siedlungsaktivitäten zu stoppen. Die Palästinenser wollen im Westjordanland, dem Gazastreifen und Ost-Jerusalem einen eigenen Staat einrichten.