Der HSC überzeugte, trat mutig und entschlossen auf. Es schien, als sei eine tonnenschwere Last von den Schultern der Vestestädter abgefallen seit der Abstieg besiegelt ist. Eine derartige Spielfreude strahlte das Tabellenschlusslicht zuletzt kaum aus. Immer wieder fand Pouya die Lücken in der HBW-Deckung, stand nach 20 Minuten schon bei vier Toren. Der Iraner verlässt den HSC ja im Sommer – er machte Werbung in eigener Sache.
Der Spielgestalter bekam in der Folge eine Pause – und die machte sich im Coburger Angriff bemerkbar. Die Dynamik und die Leichtigkeit fehlten etwas, dennoch gelang es den Gastgebern, mit einer Führung (16:14) in die Pause zu gehen.
Vier-Tore-Vorsprung des HSC
Nach dem Wechsel hatte zunächst der Vorsprung Bestand. Es änderte sich nicht viel am Spielgeschehen. Per Siebenmeter stellte Florian Billek zehn Minuten nach Wiederbeginn auf 21:18, Stepan Zeman erhöhte wenig später sogar auf 22:18. In der darauf folgenden Abwehraktion wurde der Tscheche mit einer Zweiminuten-Strafe des Feldes verwiesen – es war die dritte und damit das vorzeitige Ende für den Kreisläufer. Sowohl vorne als auch hinten war Zeman ein wichtiger Faktor für den HSC, die restlichen gut 18 Minuten musste der Tabellenletzte ohne ihn auskommen. Drasko Nenadic musste fortan die Arbeit in der Deckung verrichten.
Balingen-Weilstetten kämpfte sich bis auf ein Tor heran, vergab sogar die Chance auf den Ausgleich, weil wieder einmal Konstantin Poltrum etwas dagegen hatte. Pouya scheiterte im Angriff und Gregor Thomann stellte auf 23:23 (50.). Der HSC hatte seine Vier-Tore-Führung aus der Hand gegeben. Keine Mannschaft konnte sich danach absetzen, es blieb extrem umkämpft. Gäste-Trainer Jens Bürkle nahm in der 55. Minute die Auszeit und stellte seine Spieler neu ein. Gleich mehrfach nutzte er in seiner kurzen Ansprache das Wort „Überzeugung“. Mit genau dieser sollte der HBW die Schlussminuten angehen, um den so wichtigen Sieg im Abstiegskampf einzufahren. Zu diesem Zeitpunkt führte Konkurrent Ludwigshafen zu Hause gegen Leipzig mit einem Tor und verschärfte die Balinger Situation im Abstiegskampf.
Reine Nervenschlacht
Vier Minuten vor dem Ende lag die Mannschaft um Romas Kirveliavicius mit einem Tor in Front, vier Minuten waren noch zu gehen. Es wurde ein echter Handball-Krimi in den letzten Minuten. Jona Schoch musste nach einem Zweikampf mit Pouya mit einer Platzwunde am Kopf vom Feld. Der Gästespieler wurde von Coburgs Mannschaftsarzt Dr. Gerolf Bergenthal später mit zwölf Stichen genäht. Florian Billek besorgte den Ausgleich zum 25:25. Tim Nothdurft brachte die Gäste wieder in Führung, Felix Sproß musste mit einer Zeitstrafe vom Feld, der HSC war die letzten zwei Spielminuten dezimiert. Billek per Siebenmeter: 26:26. Wieder war es Nothdurft auf Balinger Seite, der danach von außen traf.
Alois Mraz nahm die Auszeit, 33 Sekunden waren noch zu spielen. Die Gäste hatten mindestens einen Punkt sicher. Pouya übernahm Verantwortung und stellte auf 27:27. Bürkle reagierte vier Sekunden vor Schluss und nahm seine Auszeit. „Es ist genug Zeit“, sagte der Gäste-Coach seinen Schützlingen. Der HBW traf zwar, die Schiedsrichter gaben aber Freiwurf, weil sie einen Schrittfehler erkannt hatten. Es war eine unglaublich schwierige Schiedsrichter-Entscheidung. Am Ende stand ein 27:27. Coburg lieferte eine tolle Leistung ab, spielte sehr couragiert. Für Balingen-Weilstetten ist der eine Punkt zu wenig. Im Parallelspiel kam Ludwigshafen gegen Leipzig ebenfalls zu einem 27:27 und verpasste einen wichtigen Schritt in Richtung Klassenerhalt.
Die Statistik
HSC 2000 Coburg – HBW Balingen-Weilstetten 27:27 (16:14)
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Konstantin Poltrum (13/32,50 Prozent gehaltene Bälle), Paul Dreyer (n.e.) – Pouya Norouzi Nezhad (5), Felix Sproß (1), Dominic Kelm (4), Drasko Nenadic, Florian Billek (9/4), Dino Mustafic (n.e.), Pontus Zetterman (2), Paul Schikora (n.e.), Stepan Zeman (1), Milos Grozdanic 2/2 von 3), Andreas Schröder (3), Christoph Neuhold (n.e.). – Trainer: Alois Mraz.
HBW Balingen-Weilstetten: Mario Ruminsky (8/33,33), Mike Jensen (1/8,33) – René Zobel (n.e.), Vladan Lipovina (4), Romas Kirveliavicius, Gregor Thomann (5/4), Tim Nothdurft (6), Fabian Wiederstein, Oddur Gretarsson (1), Niklas Diebel (n.e.), Kristian Beciri (1), Jona Schoch (2), Björn Zintel (4), Lukas Saueressig (2), Tobias Heinzelmann, Moritz Strosack. – Trainer: Jens Bürkle.
SR: Thomas Kern (Bellheim)/Thorsten Kuschel (Karlsruhe).
Zeitstrafen: 5 (Zeman 3, Billek, Sproß) – 2 (Schoch 2). – Rote Karten: 2 (Grozdanic, Zeman) – 0 . – Siebenmeter: 6/7 – 5/6. – Zuschauer: 450.
Spielfilm: 1:0, 1:1, 2:1 (3.), 2:2, 2:3 (6.), 3:3, 3:4 (7.), 4:4 (9.), 5:4 (11.), 5:5, 6:5 (16.), 8:5 (18.); Auszeit HBW; 9:5, 9:6, 10:6 (20.), 10:7, 11:7, 11:8, 12:8 (23.), 12:9, 13:9 (24.), 13:10, 13:11 (26.), 14:11, 14:12; Auszeit HSC; 15:12 (29.), 15:13, 15:14 (30.), 16:14; Halbzeit; 16:15, 17:15, 18:15 (33.), 18:16, 18:17 (35.), 19:17, 19:18, 20:18 (37.), 21:18 (40.), 22:18 (42.), 22:19, 22:20 (45.), 23:20 (46.), 23:21, 23:22 (48.); Auszeit HSC; 23:23 (50.), 24:23, 24:24; Auszeit HBW; 24:25 (56.), 25:25, 25:26 (59.), 26:26 (60.), 26:27; Auszeit HSC; 27:27; Auszeit HBW; (Endstand).