Gärtnermeister Hubert Hannig tritt gerne in die Pedale. Dabei kommt er mit seinem Fahrrad oft am Seßlacher Friedhof vorbei und erfreut sich am Anblick der großen, alten Bäume, die dort wachsen. Als er jedoch kurz nach Weihnachten wieder mal unterwegs ist, traute er seinen Augen kaum: Der mehr als 15 Meter hohe Lederhülsenbaum, der bisher die kleine Kirche überragte, ist verschwunden. „Mir ist wirklich die Sprache weggeblieben, es gab keinen Grund, diesen Baum hier zu fällen, noch dazu an so einem Standort wo er niemandem im Weg war“, sagt er. Der Lederhülsenbaum mit botanischem Namen Gleditsia Triacanthus wurde vor geschätzten 120 Jahren direkt neben der Kirche auf dem Friedhof gepflanzt. Er hatte zuletzt einen Durchmesser von 135 Zentimetern und bot viel lichten Schatten. Bis zu 200 Jahre alt können diese Bäume werden. Es fielen jedoch gerade im Herbst viele Blätter auf die umliegenden Gräber und Wege herab, was nach der Vermutung von Hubert Hannig der Grund für die Fällaktion war. „Doppelt ärgerlich ist, dass bisher kein Ersatz gepflanzt wurde“, kritisiert er und bemängelt, dass, falls Schäden vorlagen, nicht versucht wurde, diese baumpflegerisch in den Griff zu bekommen. „Der Verwaltung fehlt das Bewusstsein für die Ökodienstleistung, die solche Bäume den Menschen bringen“, vermutet er. Gerde in Zeiten des Klimawandels sei die Abkühlung, die durch die Bäume entsteht, ebenso wie die Sauerstoffproduktion extrem wichtig. Statt das vorhandene Grün zu erhalten, seien im Stadtgebiet in den vergangenen Jahren immer wieder Bäume in großer Zahl gefällt worden, ohne für Ersatzpflanzungen zu sorgen. Als Beispiel nennt Hubert Hannig unter anderem zehn Pappeln, die jahrzehntelang neben der Stadtmauer wuchsen und vor zweieinhalb Jahren entfernt wurden. Dass die Bäume nicht mehr standfest waren ist dem Gärtnermeister auch klar, wie er sagt. Doch die versprochene Nachpflanzung sei nie erfolgt. Übrig blieben lediglich die Stümpfe, die noch immer neben dem Weg gut erkennbar sind. „Ich bin es leid, immer wieder nachzufragen und als Revolutionär zu gelten. Auch viele Privatleute fällen große Bäume einfach. In Seßlach ist eine Baumschutzverordnung leider nicht durchsetzbar“, bedauert er.