ADFC Coburg „Wir dachten an einen verfrühten Aprilscherz“

20 Euro und reichlich Ironie: Marita Nehring und Ulrich Schmerbeck vom ADFC nehmen mit der Bezahlung der angedachten Fahrrad-Vignetten den FDP-Antrag auf ihre Art und Weise aufs Korn. Foto: /Lukas Schäfer

Der ADFC Coburg spricht sich gegen die Einführung einer Fahrrad-Vignette aus. Das Ganze sei eine äußerst skurrile Idee.

 
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So schnell und unbürokratisch kann es manchmal in der Vestestadt laufen. Kaum haben die FDP-Stadträte Michael Zimmermann und Hans-Heinrich Eidt angekündigt, sich für eine Fahrrad-Vignette engagieren zu wollen, kommen am Dienstag auch schon die ersten Einnahmen auf das Konto der Stadtverwaltung. Ulrich Schmerbeck und Marita Nehring vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Coburg haben jeweils zehn Euro zur nachhaltigen Verbesserung der lokalen Radinfrastruktur gespendet. Das Augenzwinkern dabei war allerdings nicht zu übersehen. „Als ich von dem Antrag gehört habe, dachte ich zunächst an einen verfrühten Aprilscherz“, so Schmerbeck. „Eine Vignette für Fahrräder ist schon sehr skurril.“

Die FDP-Stadträte hatten zuvor ihren Vorstoß damit begründet, dass die Stadt viel Geld in die Hand nehmen müsse, um die städtische Radinfrastruktur zu verbessern. „Man bedenke nur die ins Gespräch gebrachten zwei Fahrradbrücken über die Bahngleise“, heißt es im Antrag. Für finanzielle Entlastung solle daher eine Fahrrad-Vignette sorgen, die zunächst etwa zehn Euro jährlich kosten solle (die NP berichtete).

Gesellschaftlicher Nutzen

„Der Antrag ist sicher gut gemeint, aber nicht zu Ende gedacht“, erklärt dazu Ulrich Schmerbeck, ehrenamtlicher Vorsitzender des ADFC Coburg. „Es gibt in Deutschland keine zweckgebundenen Steuern, also auch keine getrennten Steuertöpfe für Auto- oder Radfahrer“, so Schmerbeck. In einer gemeinsamen Mitteilung spricht sich das Vorstandsteam des ADFC Coburg dann auch klar gegen den geplanten Antrag aus: Wörtlich heißt es: „Mit Befremden haben wir die Absicht der Stadträte Eidt und Zimmermann zur Kenntnis genommen, den Stadtrat aufzufordern, eine Fahrrad Vignette für die Stadt Coburg einzuführen.“

Der ADFC bezieht sich dabei auf eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse für Auto und Fahrrad, die von der Universität Lund in Schweden durchgeführt wurde. „Während das Fahrrad pro gefahrenen Kilometer einen gesellschaftlichen Nutzen von 30 Cent erwirtschaftet, erzeugen Autofahrer Kosten von 20 Cent pro Kilometer, die derzeit nicht durch Steuern und Abgaben gedeckt sind.“ Als Konsequenz wird empfohlen, die Investitionen in den Radverkehr deutlich aufzustocken und das Fahrrad proportional zum Auto zu fördern. Allgemeines Ziel müsse es sein, den Anteil des Radverkehrs zu erhöhen und mehr Menschen zum Umstieg auf den Drahtesel zu bewegen. „Im Prinzip ermöglicht das Fahrrad Mobilität für alle Schichten. Für die Nutzung muss ja auch kein teurer Führerschein erworben werden“, so Marita Nehring.

Kaum zu kontrollieren

Offen blieb in der Debatte bisher, wie eine mögliche kostenpflichtige Plakette für Fahrräder überhaupt umgesetzt und kontrolliert werden soll. Theoretisch müsste jedes Fahrrad in der Innenstadt überprüft werden. „Neben entstehenden Kosten für Bürokratie zur Kontrolle, Verwaltung, Organisation, Datenerfassung usw. wären negative Einflüsse auf den Tourismus und die generelle Nutzung des Rades in der Stadt die Folge. Dies würde die zu erwartenden Einnahmen bei Weitem übersteigen“, so der ADFC.

Die FDP-Stadträte halten ihren Antrag dagegen „für eine angemessene Kostenbeteiligung, insbesondere für Radfahrer, die nicht selten bis zu 8000 Euro für ihr E-Bike bezahlen.“ Neben finanziellen Vorteilen zum Ausbau der Infrastruktur erhoffen sie sich auch mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Durch ein Vignette sei es eher möglich, Verkehrsverstöße von Radfahrern zu unterbinden. Das Vorstandsteam des ADFC Coburg sieht auch das kritisch. „Wenn eine Kennzeichenpflicht das Fehlverhalten von Verkehrsteilnehmern verhindern würde, gäbe es bei Autos keine Tempoverstöße, Falschparker oder zu dichtes Überholen mehr. Gerne hätten wir natürlich hierzu auch die Meinung des stolzen Besitzers eines 8000-Euro-Rades eingeholt, leider ist er uns nicht bekannt“, heißt es. Und weiter: „ Ziel bei der Bewältigung der vor uns liegenden Herausforderungen darf kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander aller Verkehrsteilnehmer sein.“

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