Fernöstliche Philosophien seien ihm nicht fern, konstatiert Rudorf. Das heißt für ihn, die Sehenseindrücke so lange zu speichern und ins Meditative fluten zu lassen, bis sie sich zum Bild verdichten und dann gleichsam in einem Zug entladen. Diese Entladung wird durch die Art beziehungsweise Dynamik der Pinselführung deutlich - das typische Kennzeichen in Rudorfs Malerei. Der Betrachter wird geradezu in seine Bilder hineingezogen, in diesen einen atmosphärischen Moment, der je nach Stimmung anregend oder beruhigend ausfallen kann. Der Blick wird in die Tiefe gelockt und tastet sich langsam durch die verschiedenen Ebenen vorwärts.
Rudorfs Maltechnik folgt einer Logik, nach der ein einmal gesetzter Strich alles andere nach sich zieht und den Bildaufbau vorbestimmt. Der Strich ist das Herzstück seiner Malerei. Mit ihm gibt Hermann Rudorf der Farbe eine Struktur und macht sie zu Linie, Fläche, Raum oder Skulptur.
Kantig gezogen, endet er vielfach im Endlosen. Mit ihm staffelt der Maler gekonnt den Bildraum. Im Auf und Ab des Pinselstrichs verbinden sich Landschaft und Gegenstand zu einem harmonischen Sujet, bilden Verwischungen und klar umrissene Formen eine Einheit. Dynamik und Statik können sich nebeneinander behaupten. Der Strich ist die kleinste Bildeinheit, dem Rudorf malerisch absolut alles zu entlocken vermag.
Betrachtet man das Werk Hermann Rudorfs in den vergangenen Jahrzehnten, so findet man da ein Feuerwerk an Farben, ebenso wie Monochromes, Figürliches wie Abstraktes, die ganz großen Emotionen ebenso wie die stillen, meditativen Momente, Vorstöße nach Außen und den Rückzug nach Innen. Seine Bilder sind wie das Leben. Sie wollen bewusst wahrgenommen werden.