Kronach Bilderwelten, die manches Rätsel aufgeben

Heike Schülein

„Cesaros temporäre Galerie“ im Kronacher Impfzentrum hat Zuwachs erhalten. Zu sehen sind dort nun auch 71 Original-Grafiken aus dem Fundus des Ausstellungsmachers.

 
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Kronach - Radierungen, Lithografien, Siebdrucke, Aquatinta, Bleistift- und Kugelschreiber-Zeichnungen und vieles mehr – in der vergangenen Woche wuchs „Cesaros temporäre Galerie“ im Kronacher Impfzentrum um 71 Original-Grafiken. Vertreten sind nahezu alle Techniken – in Werken von rund 30 Künstlern. Die Arbeiten zieren den Wartebereich sowie die Impfzimmer.

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„Ich frage mich noch immer, wo Werner Durth damals gestanden hat“ – sinnend stehen Ingo Cesaro und seine Ehefrau Gisela Gülpen vor einem Bild vom Kronacher Stadtaufbaus und rätseln über die ungewöhnliche Perspektive. Noch gut kann sich der Kultur-Aktivist an den Besuch des renommierten Architektur-Historikers und seiner Studenten im Jahre 1987 erinnern.

Der Hochschullehrer war zu jener Zeit Professor für Umweltgestaltung im Fachbereich Bildende Kunst der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. In seinen Forschungen beschäftigte sich Durth, der auch ein großartiger Maler, Zeichner und Illustrator ist, mit Kontinuitäten und Diskontinuitäten der Architektur und des Städtebaus der Moderne. „Seine Studenten saßen in der gesamten Stadt, den Zeichenblock auf den Beinen, und haben prägnante Ansichten festgehalten. Die Leute haben ihnen staunend über die Schulter geschaut und noch an Ort und Stelle die Zeichnungen abgekauft“, blickt Cesaro zurück.

71 Arbeiten hat der Vorsitzende des Vereins Regionale Kunstförderung Kronach jetzt selbst für seine temporäre Galerie im Impfzentrum beigesteuert – und zu jeder gibt es eine Geschichte. Darunter sind beispielsweise Arbeiten von Horst Böhm, für den Cesaro bereits in den vergangenen Jahren die wichtigsten Ausstellungen konzipiert und auch Kataloge herausgegeben hatte. Derzeit ist er im Auftrag der Stadt Kronach damit beschäftigt, die bisherige Lebensleistung des großen Kronacher Künstlers in einem Werkverzeichnis zusammenzufassen. Einige seiner in Mischtechnik von gegenständlicher Malerei bis zum Rande der gegenstandslosen Kunst angefertigten Bilderwelten sind von Beginn an in der Ausstellung im Impfzentrum zu sehen, die es seit mittlerweile einem Jahr gibt.

Nun zieren Grafiken, deren Wiedererkennungswert in der zusätzlichen Verbindung mit zeichnerischen Elementen liegt, auch den neuen Container-Bereich. Hierzu zählt beispielsweise das Werk „Diana im Gottesgarten“, womit er Cesaro im Jahre 2008 zum Geburtstag gratulierte.

Im Impfzentrum vertreten ist auch der gebürtige Stockheimer Peter Schindhelm. Aus seinen Arbeiten bestand die erste von Cesaro im Rathaus organisierte Ausstellung überhaupt. Weitere Namen in der Schau dürften dem kunstinteressierten Publikum ebenfalls bekannt sein – etwa der in Österreich lebende Grafiker und Maler Wilhelm Schramm, Alfred Hertrich, der beispielsweise schon in der Kronacher Synagoge ausstellte, Gottfried Wiegand sowie Hans-Jürgen Gabriel.

Peter Bannert zeigt eine etwas andere Darstellung des Altstadtfestes 1984 – und die ist durchaus derberer Art. Nicht minder gewagt ist der ebenfalls nicht ganz ernst zu nehmende Ärztebrief No. I aus Kulmbach von Götz von Culmbach mit einem Text von Ingo Cesaro zu einem bestimmten Krankheitsbild. Dabei kann der Arzt zwar kein Herz, dafür aber ein anderes lebendiges Merkmal eines Patienten erkennen. „Das waren noch Zeiten“, lacht der Autor, Herausgeber, Galerist und Handpressendrucker, aus dem die Anekdoten nur so heraussprudeln.

Erforderlich wurde die Erweiterung der Ausstellung, nachdem das Impfzentrum vergrößert beziehungsweise umgebaut worden war. Da keine Malereien an den Wänden im Containerbereich aufgehängt werden können, sorgte Cesaro für Nachschub in Form von Grafiken aus seinem schier unerschöpflichen eigenen Fundus und befestigte diese mit magnetischen Aufhängern.

Mit den ebenfalls verkäuflichen Arbeiten hat sich die Anzahl der Exponate auf nunmehr weit über 200 erhöht; an die 70 Künstler erhalten auf diese Weise eine Ausstellungsplattform. Weitere Künstler, die ihre Werke im Kronacher Impfzentrum präsentieren möchten, sind willkommen.