Kronach Der Plantanz bot Zerstreuung

Gerd Fleischmann
Die Haßlacher Kirchweihgesellschaft im Jahr 1920 mit (hintere Reihe, von links): Barbara Raab, Nikol Detsch, Barbara Doppel, Lorenz Detsch, Marie Wich, Gretel Raab, Franz Herrmann, Marie und Heinrich Hoh sowie (vordere Reihe, von links) Margarete und Josef Kestel, Georg Raab, Georg und Marie Doppel und Georg Zinner. Repro: Gerd Fleischmann Quelle: Unbekannt

Vor 100 Jahren war das Leben in Haßlach bei Kronach hart. Da war die Kirchweih für die Bürger des Dorfes umso wichitger. Sie brachte ein bisschen Freude.

 
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Haßlach bei Kronach - Die Kirchweih ist seit eh und je in Haßlach bei Kronach, das 1975 im Rahmen der Gebietsreform seine Selbstständigkeit verloren hat und in die Einheitsgemeinde Stockheim integriert ist, zünftig gefeiert worden. Ein aussagestarkes Foto aus dem Jahre 1920 vor dem "Doppelshaus" mit der Hausnummer 8, das damals mit Schiefer verkleidet war, dokumentiert diesen alten Brauch des Kirchweihplantanzes recht eindrucksvoll. Zu jener Zeit - am 20. Juni vor einhundert Jahren - sorgte eine Kirchweihgesellschaft für Schwung. Der mächtige Kirchweihbaum durfte bei dem frohen Treiben nicht fehlen. Und die Plantänze standen in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ohnehin hoch im Kurs. Denn schließlich bot das bescheidene, von schwerer Arbeit geprägte Alltagsgeschehen wenig Abwechslung.

Zwei Jahre nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) kehrte so etwas wie Normalität in die Dorfgemeinschaft ein. Damals trauerte man in Haßlach um die vier Gefallenen Johann Nikolaus Schirmer, Georg Müller, Johann Fugmann und Joseph Fehn. Ein Gedenkstein aus norwegischem Granit im örtlichen Gotteshaus St. Johannes der Täufer - die Initiatoren dieser bemerkenswerten Aktion waren Georg Heinlein und Helmut Bittruf - erinnert an die Opfer beider Weltkriege mit 27 gefallenen und vermissten Soldaten.

Es ist schon beachtlich, dass es im Jahre 1920 in dieser Dorfgemeinschaft zu einem Plantanz gekommen war. Haßlach damals mit gerade mal 31 Häusern zählte lediglich 276 Einwohner. Als Bürgermeister amtierte Michael Kestel (1919 bis 1929). Ein Großteil der Männer schuftete in den Steinkohlengruben von Stockheim und Reitsch. Ebenfalls boten die Champagnerflaschenfabrik Sigwart und Möhrle in Stockheim sowie die Gundelsdorfer Ziegelei Arbeitsmöglichkeiten. Und die Frauen waren vor allem mit Heimarbeit beschäftigt. Lediglich die Haßlacher Mühle in unmittelbarer Nähe des Schlosses nahm hinsichtlich der Bauweise eine Sonderstellung ein. Kleine, geduckte Häuser dominierten. Gelegenheitsarbeit gab es beim Mühlenbesitzer Wolfgang Hoh (1864-1941) in der seit 1773 grundlegend erneuerten Schneidmühle. Abwechslung gab es insbesondere auf dem Haßlachfluss mit den Floßknechten, die ihre bis zu 18 Meter langen Holzverbände gen Kronach wagemutig durch das Haßlacher Wehr steuerten, das wegen des Hochwassers 1918 total erneuert werden musste.

Die Inflation von 1923, die Weltwirtschaftskrise von 1929, die anschließend hohe Arbeitslosigkeit sowie der Zweite Weltkrieg mit 60 Millionen Opfern ließen in der Haßlacher Dorfgemeinschaft kaum Freude aufkommen. Erst ab den 1950er-Jahren wurde die Haßlacher Kerwa erneut zum magischen Anziehungspunkt. Legendär vor allem die Kirchweihtänze im Saal Detsch. Zum Ritual zählte es, dass nach ausgiebigen Tanzeinlagen in den Morgenstunden die Stockheimer Jugend auf der Schwalbswiese am Stockheimer Ortseingang sich temperamentvolle Fußballschlachten lieferten.

Im Jahre 1978 bekamen die Haßlacher ihr Gotteshaus. Nur durch gemeinsame Anstrengung konnte am 18. Juni 1978 unter großer Beteiligung der Bevölkerung die St. Johanneskirche durch Weihbischoff Dr. Martin Wiesend konsekriert werden. Große Verdienste um die Realisierung hat sich der Kirchenbauverein - er ist 1967 im Gasthof Deutscher Hof wieder gegründet worden - mit seinen Vorsitzenden, dem Geistlichen Rat Karl Vollmer und Georg Heinlein, erworben. Als Schatzmeister fungierte Walter Biesenecker, Schriftführer war Franz Kestel.

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