Kronach Gedenken an tapfere Frauen

Heike Schülerin
Der Schweden-Sonntag in Kronach wurde mit einem eindringlichen Festgottesdienst in der Stadtpfarrkirche begangen. Foto: /Heike Schülerin

Die Schwedenprozession in Kronach muss wegen Corona erneut ausfallen. Weil Regen den geplanten Freiluftgottesdienst verhindert, feiert die Gemeinde in der Stadtpfarrkirche.

 
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Kronach - Noch vor dem Allerheiligsten schreiten die Frauen: Vor 387 Jahren erstmals begangen, bietet die Schweden-Prozession noch immer diesen außergewöhnlichen Anblick. Mit der Friedens- und Dankesprozession am Sonntag nach Fronleichnam erinnern die Kronacher daran, dass sie im Dreißigjährigen Krieg verschont blieben. Zugleich ist sie auch Bitte für ein friedliches Miteinander und ein Dank an die tapferen Frauen, die dem feindlichen „Schwedenheer“ das Fürchten lehrten.

Zurück geht dieses Brauchtum auf die Ereignisse im Jahr 1632, als in Kronach der Schwedenkrieg tobte. Aufgrund des Beschusses konnte damals in der belagerten Stadt die Fronleichnams-Prozession nicht abgehalten werden. In ihrer Not gelobten die Bürger eine Prozession zur Festung Rosenberg, sollten sie die Angriffe der Feinde glücklich überstehen. Dass dies gelang, war insbesondere den mutigen Kronacher Frauen zu verdanken. Sie trugen heißes Wasser und schwere Gegenstände herbei, mit denen man von oben die Angreifer „bombardierte“. Als Ehrung für ihre Tapferkeit versprachen die Männer, dass die Frauen bei dem Zug vor ihnen selbst und vor dem Allerheiligsten schreiten sollen. Dieses Gelübde wurde erstmals bei der ersten Schweden-Prozession 1634 eingelöst – und seitdem Jahr für Jahr. Den Anfang bildet dabei stets eine Eucharistiefeier in der Stadtpfarrkirche. Danach begeben sich die Teilnehmer auf den vier Stationen umfassenden Weg zur Festung und zurück. In Texten und Gebeten werden aktuelle Anliegen in den Fokus gestellt. Während der NS-Zeit wurde die Prozession ab 1941 von den Nationalsozialisten komplett verboten. Jetzt machte die Corona-Pandemie diese nunmehr im zweiten Jahr in Folge unmöglich.

„Uns liegt viel daran, das Gelübde der Vorfahren nicht zu unterbrechen“, bedauerte Pfarrer Thomas Teuchgräber, den Schweden-Sonntag wiederum nicht im gewohnten Rahmen feiern zu können. Nach Corona habe nunmehr auch noch, wie bereits im Vorjahr, das Wetter die ersatzweise auf der Festung angesetzte Messfeier ausfallen lassen. So wurde der Gottesdienst, der in seiner Festlichkeit, Würde und Achtsamkeit dem feierlichen Anlass vollends gerecht wurde, vom Stadtpfarrer zusammen mit Pastoralreferentin Sarah Maria Röck-Damschen in der Stadtpfarrkirche zelebriert. Sehr freuten sich diese über die Anwesenheit von Mitgliedern des Kronacher Stadtrats mit Bürgermeisterin Angela Hofmann an der Spitze, ebenso wie von Repräsentanten der Brauchtumsvereine wie auch der Feuerwehr, Polizei sowie weiterer dem Ordnungssystem von Stadt und Landkreis zugehöriger Institutionen.

Meisterliche Art

In seiner eindringlichen Predigt ging der Pfarrer auf den Sündenfall im Paradies ein. Wer die Schriftlesung aus dem Buch Genesis als historische Reportage sehe, dem verberge sich der wahre Zugang zu dieser Urgeschichte vom Anfang der Welt. „Die Erzählung will kein Tatsachenbericht sein“, so Thomas Teuchgräber. Die raffiniert aufgebaute, vielschichtige Geschichte beschreibe hingegen in psychologisch geradezu meisterlicher Art und Weise, wie wenig es doch brauche, um ein zuvor harmonisches Verhältnis der Menschen untereinander wie auch zu Gott zu zerstören. Geschickt flicht die Schlange einige falsche Behauptungen, Übertreibungen und Versprechen in ihre Rede ein. Gottes Gebot formuliere sie zu einem einzigen Verbot um, nach dem Motto: „Gott gönnt es euch nicht. Er schränkt eure Freiheiten ein. Nehmt euer Glück selbst in die Hand. Dann gehen euch die Augen auf.“

„Die Augen gingen ihnen auch auf. Aber sie sehen sich nackt und erbärmlich“, verinnerlichte der Pfarrer, dass das Verhältnis untereinander von da an gestört gewesen sei. Adam schiebe die Schuld auf Eva, aber auch in gewisser Weise auf Gott; habe er ihm doch diese Frau an die Seite gestellt. Eva wiederum schiebe die Schuld wiederum weiter auf die Schlange. „Dieses große Verschiebespiel beherrschten wir Menschen nach wie vor.“ Der Sündenfall, so der Pfarrer weiter, beschreibe eigentlich das, was wir alltäglich erleben. Wir seien neugierig und strebsam; meinten dabei aber, unser Leben vollkommen alleine in die Hand nehmen zu können – ohne die realistische Selbsteinschätzung, dass Allmacht nur bei Gott liege. „Der Sündenfall ist die menschliche Erfahrung, sein zu wollen wie Gott“, verdeutlichte er.

Gerne verschöben wir die Verantwortung für unsere Lebensentscheidungen auf das Schicksal oder auf andere. Dabei hätten wir die Freiheit, unsere Entscheidung zu treffen – und Gott nehme diese ernst. Sehr berührend sei für ihn Gottes erste Frage nach dem Sündenfall: „Adam, wo bist du?“ – Zeichen dafür, dass Gott nach uns suche. Wenngleich unser Leben voller Komplikationen sei, dürften wir uns nicht verstecken. Vielmehr sollten wir hinaustreten, uns unserer Verantwortung stellen und mit unserer neu gewonnenen Lebenserfahrung neu beginnen. „Der Glaube an Gott ist ein Wagnis“, meinte er. Aber es zahle sich aus, weil er uns trotz allem liebe und uns jeden Morgen einen neuen Tag schenke.

Zahlreiche Helferinnen und Helfer

Pfarrer Thomas Teuchgräbers Dank galt am Sonntag in der Kronacher Stadtpfarrkirche vor allem den zahlreichen Helferinnen und Helfern für die Vorbereitung des Gottesdienstes sowie den Mitwirkenden an der Messe.

Seinen Abschluss fand der eindrucksvolle Festgottesdienst mit der Aussetzung des Allerheiligsten in der prachtvollen Sonnenmonstranz sowie dem innigen und ergreifenden sakramentalen Segen von Pfarrer Teuchgräber: „Gott schütze Kronach und das Kronacher Land.“

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