Kronach Hitzige Debatten führen nach Berlin

Heike Schülein

Die Klasse 10 b des FWG gehört zu den Gewinnern des bundesweiten Wettbewerbs „Demokratisch handeln“. Nun wird das Projekt im Beisein einer Kronacher Delegation im Schöneberger Rathaus vorgestellt.

 
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  Foto: /Heike Schülein

Die 45-köpfige Fachjury des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Wettbewerbs ist in diesem laufenden Wettbewerbsjahr – nach eigener Angabe – beeindruckt gewesen von der Fülle der Ideen und Projekte. Eine Entscheidung sei daher nicht leichtgefallen. Man sei begeistert gewesen von dem eindrucksvollen Engagement, heißt es in dem Schreiben an die Klasse 10b des Frankenwaldgymnasiums. Diese darf sich nun nicht nur darüber freuen, nach Berlin zu fahren und den Preis entgegennehmen zu dürfen, sondern auch darüber, dass das Projekt neben den anderen im Schöneberger Rathaus ausgestellt werden wird und man während des Festivals mit demokratischen Gleichgesinnten zusammenkommen kann.

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Im ausgezeichneten Parlamentsprojekt der zehnten Klasse sind die Schüler für einen Nachmittag in die Rolle ihrer zukünftig gewählten Volksvertreter geschlüpft. Dabei hatten die Jungparlamentarier keine einfache Aufgabe gehabt: „Ihr sollt ein Klimagesetz für den Landkreis Kronach erarbeiten“, so Tobias Pohl, der Sozialkundelehrer und Projektleiter. Damit man die Arbeit hat aufnehmen können, hat man die Simulation des kleinen Parlamentarismus derart vervollständigt, als dass die Schüler in freien Wahlen ihr eigenes Parlament gewählt und so die Anzahl der jeweiligen Abgeordneten bestimmt haben. Dabei erhielten die Grünen eine klare Mehrheit, gefolgt von der FDP.

„Den Parlamentarismus kann man erklären, sicher“, erläutert Tobias Pohl, weshalb er dieses Planspiel mit seiner Klasse durchgeführt hat: „Verstehen kann man die parlamentarischen Spielregeln aber erst, wenn man sie selbst erlebt, erfahren, gefühlt und alsdann verstanden hat.“ Folglich haben die Schüler, nunmehr junge Parlamentarier in ihren Fraktionen, einen Plenarsaal hergerichtet, Fraktionsräume eingerichtet und Ausschüsse gebildet. Und pünktlich zur Eröffnung des Gesetzgebungsverfahrens haben die Fraktionen ihre jeweiligen Positionen geklärt, ihre Vorsitzenden gewählt und nun darauf gewartet, dass man endlich anfangen könne, das Gesetz zu erarbeiten. Es gehe ja nur um den Landkreis Kronach. Schnell haben sie aber feststellen müssen, dass die Durchsetzung der eigenen Ansichten nicht einfach ist. „Sie haben sich intensiv aneinander gerieben“, erzählt Pohl über die Arbeit im Plenum und in den Fraktionen sowie den Ausschüssen: „Sie haben sich die jeweiligen Vorschläge angehört, sie kritisch geprüft und zerpflückt. Und irgendwann haben sie angefangen, um einzelne Worte, Passagen, Vorhaben zu feilschen.“ Es geht um Mehrheiten!.

So haben sich die Jungparlamentarier den Debatten in den Fraktionen stellen müssen, den Reibungen in den Ausschüssen und schließlich den großen Aussprachen mit Zwischenrufen im Plenum. Und immer wieder dazwischen haben sich die Schüler gefragt, wie ein Abgeordneter diesen Stress zwischen Plenum, Fraktion und Ausschuss aushalten kann, wie ein Parlamentarier seine Ideen, Ansichten und Werthaltungen behalten kann – ob der Tatsache, dass dieser sich immer wieder durch Gespräche, lange Debatten und kräftezehrende Diskussionen durchkämpfen muss.

Demokratie lernt man nicht dadurch, dass man deren Merkmale lernt; Demokratie erlernt man dadurch, dass man sie macht: Getreu diesem Credo mühten sich die Schüler einen Nachmittag ab, ein eigenes Klimagesetz zu verfassen und kamen zur Erkenntnis, dass man für keinen der Vorschläge eine Mehrheit findet. Fertig von diesem aufregenden und aufreibenden Nachmittag aber erfuhren sie, was die Kompromissfindung Parlamentariern abverlangt!

Der Lohn für diese Anstrengung ist nunmehr nicht nur der Bundespreis, nicht nur die Anerkennung, dass jenes Parlamentsprojekt in diesem laufenden Wettbewerbsjahr zu den bundesweiten 13 Prozent gehört, das sich gegen so viele andere Projekte durchgesetzt hat. Vielmehr gehört zu dem Ergebnis des Projekts, dass man sich bereits kurz nach dessen Beendigung und vor der Preisverleihung gefragt hat, ob man am FWG nicht auch ein Schülerparlament einführen solle. „Es geht doch um uns, oder nicht?“, verdeutlichte eine Schülerin.

Dies entspricht dem Verständnis der Kultusministerkonferenz, welche diesen Wettbewerb empfohlen hat: Es ist eine Würdigung dieses demokratisch gelebten Engagements, die Sichtbarmachung einer Verpflichtung seitens junger Demokraten, Volksherrschaft im Sinne einer konstruktiven Streitkultur zu leben. Folglich freut sich die Klasse über diese Anerkennung. Schöner noch ist, dass diese jungen Demokraten ein Mehr an Demokratie wünschen, mancher sogar fordert: „Wenn Schule Demokratie vermitteln will, sollte sie dann nicht selbst demokratischer sein? Müssen wir dann nicht ein Mehr an Volksherrschaft wagen? Ein Mehr an Schülerherrschaft, ein Mehr an Verantwortung?“