Kronach Poesie für Besucher und Patienten

Heike Schülein
Der 60. Kurs der Berufsfachschule für Krankenpflege bestückte einen Poesiebaum im Eingangsbereich der Frankenwaldklinik mit neuem Leben. Foto: Heike Schülein

Mit der Kraft der Lyrik haben rund 20 Schüler der Berufsfachschule für Krankenpflege Kronach wieder einen toten Baum vor der Helios-Frankenwaldklinik zu neuem Leben erweckt.

 
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„Der Kopf tut so weh – Die Kraft gibt so langsam nach – Doch das Ziel bleibt fern“, „Wettlauf gegen Zeit – Verantwortung zu Menschen – Möglich scheint alles“, „Niemals vergessen – Patienten sind auch Menschen – mit Herz und Verstand“ und „Arbeiten so lang – Wichtig ist der Spaß dabei – Sonst gehst du kaputt“ – Sie kommen aus der Seele und berühren das Herz: Im Haiku beschreibt der Dichter seine poetische Wahrnehmung des Augenblicks und trägt sie hinaus in die Welt.

Genau dies taten auch rund 20 angehende Pflegefachmänner und -frauen an der Berufsfachschule für Krankenpflege in Kronach, die unter Anleitung von Ingo Cesaro in einem zweitägigen Literatur-Workshop ihre Gedanken schweben ließen. Der Kulturvermittler hatte dabei auch heuer wieder junge Menschen dazu bewegt, Gedankengänge zu ihrem Berufsalltag im Krankenhaus oder im privaten Bereich, Wünsche und Hoffnungen sowie Sorgen und Ängste zu reflektieren und niederzuschreiben, kurz: Ihr Innerstes nach außen zu tragen. Was dabei herausgekommen ist, flattert nun vor dem Krankenhaus im Wind. Auf grünem Papier, als Blattersatz einlaminiert, wirken die Zeilen besonders plastisch und lebendig.

Bei den „poetischen Kostbarkeiten“ handelt sich um Senryu, eine Art deutsche Form des traditionellen dreizeiligen japanischen Kurzgedichts Haiku, das pro Zeile fünf, sieben, fünf – insgesamt 17 Silben – aufweist. Die Zeilen voller Wärme und Anteilnahme wurden von den jungen Leuten traditionell an einem toten Baum befestigt, um ihn damit zu neuem Leben zu erwecken. Gerade die Bewegung der hängenden Gedichte und deren Reflexion in der Sonne sorgen dafür, dass der Baum sofort wahrgenommen wird und neugierig macht. Das „Kreative Schreiben“ stand erneut unter dem Motto „Mit Literatur über den Berg“. Wie Cesaro – einer der bekanntesten Haiku-Publizisten im deutschsprachigen Raum – betont, solle der „Poesiebaum“ die Besucher vor und nach dem Krankenhausbesuch „heiterer und lockerer“ werden lassen. „Viele gehen sicherlich mit düsteren Gedanken in das Krankenhaus und verlassen es auch so wieder. Ich habe schon oft erlebt, dass die Leute die Gedichte nicht nur lesen, sondern sie auch abschreiben oder abfotografieren, um sie mit nach Hause zu nehmen. Poesie beschwingt einfach“, bekundet Cesaro, dass der „neu erblühte“ Baum gleichzeitig Ruhe, Kraft und Hoffnung schenken solle – gerade an solch einem Ort.

Die nachhaltige Literaturwerkstatt hatte für den 60. Kurs an der Berufsfachschule für Krankenpflege stattgefunden. Besonders wichtig ist dem Schriftsteller dabei, die Ergebnisse nach außen zu tragen. Vieles davon dreht sich um den alles andere als einfachen Berufsalltag im Krankenhaus. Geschrieben wurden aber auch fröhliche Zeilen voller Optimismus und Lebensfreude. Auch Klassenlehrerin Maren Haslach-Häfner, die von 2000 bis 2003 an der Schule selbst ihre Ausbildung absolvierte, kann sich noch gut an das kreative Schreiben mit Cesaro erinnern. „Unsere ganze Klasse war sehr skeptisch – ich auch. Ich und dichten?“, lacht sie. Aber sie kann bestätigen, dass man wirklich sehr schnell hineinfinde und dass das Schreiben dann richtig Spaß mache: „Man kann abschalten und bekommt den Kopf frei.“

Bis in den späten Herbst hinein können sich Besucher und Patienten nunmehr an dem Poesiebaum erfreuen. Die Gedichte sind zudem noch bis 8. September in der Galerie Einblicke im Landratsamt zu sehen.

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