Kronach Ruf nach zweiter Phase der Energiewende

Rainer Glissnik

Künftig soll die sichere Vergütung für produzierten Ökostrom enden.

 
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Bei einem Expertengespräch über Klimapolitik und Energiewende begrüßte Grünen-Kreisvorsitzende Edith Memmel Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (mit Schirm) in der ehemaligen Kronacher Synagoge . Diese sprach von einer großen Vision, eine klimaneutrale Gesellschaft zu schaffen. Foto: Rainer Glissnik

Kronach - "Die Zeichen stehen auf erneuerbare Energien." Davon zeigte sich Bundestagsabgeordnete (MdB) Lisa Badum bei einem Expertengespräch über Klimapolitik in der Kronacher Synagoge überzeugt. Klima und Umwelt seien inzwischen für sehr viele ein entscheidendes Thema. Viel verspreche sie sich davon, dass nunmehr die Auto- und Stahlindustrie mit im Boot seien. "Wir brauchen eine zweite Phase des Energiewandels", appellierte sie. Es müsse gelingen, die Bevölkerung mitzureißen.

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Was tun mit den Altanlagen?

Photovoltaikanlagen, die 20 Jahre alt werden, drohte laut ursprünglicher EEG-Gesetzesnovelle das Aus. Gingen sie vom Netz, so die Sorge, könnte das Erreichen der Energiewendeziele gefährdet werden. Im neuen Entwurf ist nun vorgesehen, dass diese nicht abgebaut werden müssen. "Wer einen Beitrag zur Energiewende leistet, darf nicht nur Probleme haben", betonte dann auch MdB Lisa Badum. Es müsse unbedingt eine für alle tragbare Lösung gefunden werden. Bei den Anlagen könne von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren ausgegangen werden, erklärt Solar-Pionier Manfred Drechsler. Für die aus der Förderung fallenden Altanlagen hatte er einen einfachen Vorschlag: "Sie laufen einfach weiter und liefern regenerativen Strom, die Einspeiser erhalten den Börsenpreis, derzeit 4,6 bis 4,8 Cent je Kilowattstunde", so Drechsler. rg


Auch wenn es den Grünen zu lange dauert, sah die Sprecherin für Klimapolitik der Grünen-Bundestagsfraktion durchaus positive Zeichen. So wurde etwa der Kohleausstieg beschlossen. Warum die Kohlekonzerne aber noch 4,3 Milliarden Euro Entschädigung bekommen sollen, verstehe sie nicht. Sie hoffe nun auf das Veto der EU-Kommission, die derzeit prüfe, ob die Konzerne so einen Wettbewerbsvorteil bekämen.

"Wir brauchen eine Bürger-Energiewende", forderte sie. Möglichst viele Private sollten selbst Anlagen bauen oder gemeinsam betreiben können.

Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im ersten Entwurf sei völlig unzureichend gewesen, so Badum. Immerhin habe man inzwischen leichte Verbesserungen erreicht. Zunehmend erreichten auch PV- und Windanlagen ein Alter von 20 Jahren, deren Wegfall von der Stromerzeugung Potenzial verschenke. "Hier braucht es Druck von unten", rief die Grünenpolitikerin auf. Immerhin gehe es um 1,5 Millionen Menschen, die eine Photovoltaikanlage betreiben. Eigentlich sei die Energiewende ein Betriebsunfall der Geschichte, betonte sie. Anfangs glaubte kaum jemand an deren Erfolg und die Strombosse unterschätzten völlig das Potenzial der erneuerbaren Energien. "Erst als immer mehr eigenen Strom erzeugten und immer mehr kleine Anlagen ans Netz gingen, merkten die Großen, dass sie hier etwas verpassen", so Badum. Große Stromkonzerne seien aber nicht an kleineren Anlagen interessiert, sondern an großen mit viel Gewinn.

"Wir brauchen eine demokratische Energiewende", appellierte die Grünen-Politikerin. Dies sei eine große Chance für Stadtwerke.

Die heimischen Grünen wollen sich mit ihrer Kreisvorsitzenden Edith Memmel indes mit den Coburger Grünen verstärkt an die Menschen der Region wenden und Aufklärungsarbeit leisten, um die Energiewende gemeinsam voranzubringen und weiterzuentwickeln. "Im ganzen Land gibt es derzeit viel Verunsicherung", stellte Memmel fest.

"Wie können wir regenerative Energien in unseren Alltag einbauen?", fragte etwa Sophia Heinlein. Sie appellierte, die Möglichkeiten von Corona-Förderungen auch als Aufbruch zu nutzen, innovativ, gerecht und generationenübergreifend die erneuerbaren Energien voranzubringen.

Das Erneuerbare Energien-Gesetz habe ermöglicht, dass die Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien bezahlbar wurden, erinnerte Klaus Knorr. Inzwischen sei diese Energieerzeugung voll konkurrenzfähig. Nun befürchte er, dass mit der Neufassung des Erneuerbare Energien-Gesetzes vieles wieder zurückgedreht werden könnte. "Da sind furchtbare Sachen im Gange", sorgt er sich. Rasch mehr getan werden müsse für die Verwendung der durch die Waldschäden anfallenden Holzmengen, etwa durch mehr Hackschnitzelheizungen im öffentlichen Bereich. "Die Energiewende ist eine Herausforderung", unterstrich auch Stefan Klinger. Alle, die ihren eigenen Strom produzieren, seien glücklich über ihre Entscheidung, betonte Bernd Berlips (Energievision Frankenwald). Eine Nachfrage in seiner Heimatgemeinde nach einer solaren Baupflicht habe nur Ablehnung bekommen, bedauerte Josef Schedel.

Beim Thema Klimaschutz dürfe der Umweltschutzgedanke nicht fehlen, erklärte Florian Wagner (Biologe an der Ökologischen Bildungsstätte Mitwitz). So sei festzustellen, dass es im Umfeld von Biogasanlagen auch zu einer intensivieren Nutzung der Flächen komme. Anfangs sei mehr Gülleverbrennung angedacht gewesen, letztlich werde immer mehr Mais angebaut und verbrannt, monierte er.

Bei großflächigen Photovoltaik-Anlagen könnten Klima- und Umweltschutz gut zusammengebracht werden. So gebe es Anlagen, unter denen Beweidung stattfinden könne. Auch Landwirt Ewald Münch hofft, eine solche Anlage verwirklichen zu können und darunter Schafe zu halten.

MdB Badum sprach sich indes gegen neue Biogasanlagen aus, die bestehenden sollten aber als Teil der Energiewende beibehalten werden. Diese könnten helfen, bei wenig Wind und Sonne den dann fehlenden Strom auszugleichen.

"In Kronach behindert die stärkste Fraktion im Stadtrat erneuerbare Energien", ärgerte sich Stadtrat Peter Witton. Sabine Konrad-Schwämmlein beteiligt sich bei der Nacht der Nachhaltigkeit, hat persönlich viel umgesetzt und arbeitet im Nachhaltigkeitsmanagement bei einem Kronacher Autozulieferer.

Viel dazulernen und mitwirken will die Grünen-Kreisrätin Elena Pietrafesa. Wind und Sonne sind auch Grundlage für Wasserstoff, unterstrich Manfred Drechsler. Seit 2012 gebe es allerdings vermehrt Probleme. "Wir werden richtig gegängelt. Wir können nicht richtig loslegen und Anlagen bauen, um ökologischen Strom zu erzeugen."