Kronach Über die Schattenseiten der Mode

Heike Schülein

Das T-Shirt wird maximal zweimal angezogen, die neuen Schuhe passen dann doch nicht und die Jeans kommt aus Fernost. Kronacher Schüler erfuhren nun, was Fast Fashion für Mensch und Umwelt bedeutet.

 
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Unter dem Titel „Ultra Fast Fashion“ und „Tausche T-Shirt gegen Hoffnung“ haben sich kürzlich Kronacher Schüler mit fair produzierter Kleidung auseinandergesetzt. Eingeladen zu den beiden Terminen hatte der Kronacher Steuerkreis des Trägervereins zur Förderung des Fairen Handels, der sich mit einer vielseitigen Veranstaltungsreihe an der „Fairen Woche“ beteiligt. Unter dem Motto „Fair steht Dir“ hat die bundesweit größte Aktionswoche des Fairen Handels in diesem Jahr insbesondere die Schattenseiten der Textilproduktion in den Blick genommen.

Skrupellose Ausbeutung Schwacher, Löhne jenseits des Existenzminiums und unwürdige Arbeitsbedingungen, bei der sogar Todesopfer in Kauf genommen werden: In scharfen Worten prangerte der Journalist und Sachbuchautor Frank Herrmann die Unersättlichkeit, Geldgier und den Wachstumswahn großer Bekleidungs-Unternehmen, einhergehend mit einer ungeheuren ökologischen Belastung, an.

Werbung in sozialen Netzwerken

„Früher gab es nur zwei Kollektionen pro Jahr. Heute wirft die Modebranche in immer kürzeren Abständen neue Billigkleidung auf den Markt und nutzt inzwischen verstärkt die Sozialen Netzwerke als Vertriebskanal“, erläuterte Herrmann den Neuntklässlern des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums im Kreiskulturraum. Nach wie vor sei die Bekleidungsindustrie einer der stärksten Wirtschaftszweige überhaupt: 77,5 Milliarden Euro setzte sie 2019 – vor der Corona-Pandemie – um. 2020 und 2021 ging der Umsatz auf jeweils rund 65 Milliarden Euro zurück, wobei vor allem der Handel vor Ort Leidtragender war.

„Für den Ultra-Fast-Fashion-Kaufrausch zahlt unser Planet einen hohen Preis“, verinnerlichte der Journalist, dass die daraus resultierende CO2 -Belastung mittlerweile unvorstellbare Höhen erreiche. So verursache die Textilindustrie bis zu 1,7 Milliarden Tonnen CO2 jährlich, mehr als der gesamte Flug- und Schiffsverkehr zusammen. Der Weg einer Jeans von der Näherei bis zum Endabnehmer könne durchaus bis zu 50 000 Kilometer betragen, womit sie somit mehr als einmal um die Welt reise.

Kleider-Vernichtung in großem Stil

2020 wurden 200 Milliarden Kleidungsstücke produziert, doppelt so viel wie 2014. Verkauft wurden „lediglich“ 160 Milliarden. Der Rest werde größtenteils vernichtet. Auch der Kunde trage, so der Journalist, mit vielen Paket-Rücksendungen beim Online-Shopping zur schlechten Klimabilanz bei. 2021 seien schätzungsweise 17 Millionen retournierte Artikel entsorgt worden. Doch selbst, wenn die Ware verkauft werde: Die Freude über das neue Lieblingsteil halte oft nicht lange an. Von den etwa fünf Milliarden Kleidungsstücken in deutschen Kleiderschränken werde nur rund ein Drittel von ihren Besitzern im Alter von 18 bis 69 Jahren regelmäßig getragen. Im Durchschnitt kaufe eine Person 60 Prozent mehr Kleidungsstücke pro Jahr und behalte sie etwa halb so lange wie noch vor 15 Jahren.

Mit der abnehmenden Qualität lasse auch die Verwertbarkeit nach, weswegen mittlerweile rund die Hälfte der abgegebenen Kleidung zum weiteren Tragen unbrauchbar sei. Selbst Recyclingfirmen könnten zum Teil aufgrund der schlechten Fasern keine Putzlappen mehr daraus herstellen. Stattdessen werden die Klamotten nach Afrika verschifft – nach dem Motto: „Hauptsache weg!“

Ausgebeutete Näherinnen

Unter der Herstellung unserer „Billig“-Klamotten leide aber nicht nur die Umwelt, sondern vor allem auch in der Textilbranche tätige Näherinnen und Näher. „Produziert wird dort, wo es billig ist“, so der Entwicklungsexperte, der 20 Jahre lang in Südamerika lebte. Dort erhielten Beschäftigte nur 51 Cent pro Stunde; also pro Tag nur rund 4 Euro. Teurere Verkaufspreise bedeuteten nicht unbedingt, dass fair produziert werde; produzierten doch selbst Markenhersteller billig. Somit werde lediglich der Unternehmensgewinn höher.

Beim Kauf sollten Verbraucher daher auf qualifizierte Gütesiegel achten oder bei Unternehmen kaufen, die nachweislich fair produzieren lassen. Alternativen wie Secondhand, Kleidertauschpartys oder „Kleidung mieten“ sollten verstärkt in den Fokus rücken. Vor allem aber sollte man sich, gab er seinem aufmerksamen Publikum mit auf den Weg, vor jedem Kauf fragen: „Brauche ich das wirklich?“ Alleine könne der Konsument das Problem nicht lösen. Gefragt sei vor allem die Politik, insbesondere durch ein strengeres Lieferkettengesetz.

Film zum Thema in der Filmburg

Der lokale Veranstaltungsreigen der Fairen Woche fand dann seine Fortsetzung mit einer Filmvorführung in der Kronacher Filmburg „Tausche T-Shirt gegen Hoffnung“. Der Nürnberger Filmemacher Jonathan Ziegler und seine Partnerin Sarah Dorner berichten in dem Dokumentarfilm über ihre Reise von Deutschland bis Indien. Sie hatten sich auf den Weg gemacht, um Menschen zu treffen, die einen Unterschied in der Mode-Industrie machen.

Ein kräftiger spontaner Applaus am Ende des Films machte klar, dass die aufmerksamen Schulklassen des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums sowie beider Realschulen von den beiden Filmemachern und ihrem Dokumentarfilm begeistert und beeindruckt waren. Im anschließenden Filmgespräch erzählten Jonathan Ziegler und Sarah Dorner von der Faszination Indiens, dieser doch so ganz anderen Kultur. Sarah Dorner beendete die Veranstaltung mit einer Life-Musik-Einlage, mit einem von ihr komponierten Soundtrack.

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