Kronacher Frauen und Corona Zwischen Frust und Aufbruchsstimmung

Heike Schülein
  Foto: /Heike Schülein

Frauen aus der Region machen sich Gedanken über den Umgang mit der Corona-Pandemie. Und schmieden Pläne.

 
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Kronach - Zum Weltfrauentag hat kürzlich ein Frühstück via Zoom stattgefunden. Dazu eingeladen hatten die Akademie für Selbstverteidigung und Gewaltprävention, die Frauenliste Stadt und Landkreis Kronach und der Ju-Jutsu Verband Bayern. „Wir möchten Frauen im Landkreis Kronach und Umgebung mit all ihren Themen vertreten“, stellte Heike Bittner, Schulsport- und Frauenreferentin des Ju-Jutsu-Verbandes Bayern, die Idee hinter der neuen Gruppierung „Frau-L-Ich“ – Sport und Freizeit vor. Dieser angeschlossen hat sich auch die Frauenliste Stadt und Landkreis Kronach.

„Wir könnten derzeit vieles voranbringen. Aber dann kommt immer irgendetwas, das unser Konzept kaputt macht, und wir beginnen wieder von vorne“, bedauerte die Präsidentin des Ju-Jutsu Verbandes Bayern und stellvertretende Vorsitzende von Teamsport Bayern, Eva Straub, die ebenfalls an dem Frühstück teilnahm.

Auch den Teilnehmerinnen des Frühstücks brannte die Pandemie unter den Nägeln. „Das Lehren ist schwer“, erzählte Frauenlisten-Vorsitzende Silke Wolf-Mertensmeyer vom Homeschooling ihrer Tochter, die die fünfte Klasse besucht. Die Situation sei zermürbend. Im Homeoffice fehle ihr der Kontakt zu den Menschen. Man müsse aufpassen, nicht in Lethargie zu verfallen. In ihrem Umfeld mache sich Hoffnungslosigkeit breit, viele verlören das Vertrauen in die Regierung.

Problemfall Kinderbetreuung

Die Erzieherin Martina Zwosta hat eine große Familie, in der sie und ihr Ehemann ihre Enkel beim Homeschooling unterstützten. „Aber für Alleinstehende wird es schwierig“, sagte sie. Im Kindergarten habe man nur eine Notbetreuung. Bei einem Corona-Fall werde die Gruppe sofort geschlossen, und die Eltern hätten von jetzt auf gleich ein großes Problem. Anders verhalte es sich bei Profi-Fußballern, bei denen nicht alle Mitspieler eines Infizierten in Quarantäne müssten. Dies habe sie so empört, dass sie einen Brief an Ministerpräsident Söder geschrieben habe, auf den sie jedoch nur eine unbefriedigende Antwort erhalten habe. „Warum werden hier andere Maßstäbe angesetzt?“, fragte sie. Ähnlich sah es ihre Berufskollegin Katrin Klinger. Auch in den schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) der Lebenshilfe gebe es derzeit nur Notgruppen. Als Mutter zuhause noch Lehrerin zu sein, fordere sie sehr. Wenn sie arbeite, sitze sie manchmal danach abends noch bis um 19 Uhr mit ihrem Kind an den Hausaufgaben. „Die Luft ist raus“, resümierte die Erzieherin. Ihr Neffe lerne derzeit in der Abschlussklasse für seine Mittlere Reife, wobei ihm viel Schulstoff fehle. Er mache sich viele Gedanken um seinen Abschluss, auf dem seiner Meinung nach der Corona-Stempel haften bleibe.

Ihr Sohn sei ebenfalls sehr frustriert, ergänzte Heike Bittner. „Seine Gedanken kreisen nur noch um die Prüfung für sein Fach-Abi“, verdeutlichte die Fachwirtin für Konfliktmanagement und Selbstverteidigung. Auch sie selbst sei Mitte Dezember in ein Loch gefallen, als sie von einem Tag auf den anderen keine Kurse mehr an Schulen halten durfte. In der vergangenen Woche habe sie mit Teilnehmern aus ganz Deutschland ein Seminar zum „Ausbilder Erste Hilfe“ in Mindelheim absolviert- und zwar in Präsenz, mit einem zugelassenen Hygienekonzept. Warum sei dies hier nicht möglich, fragte sie. Ihr selbst sei kein Fall bekannt, bei dem sich Corona durch Vereinstraining ausgebreitet hätte. Dass Sport gerade jetzt wichtig sei, bestätigte Straub. „Es müssen Lösungen her und ich glaube, die gibt es auch“, betonte die Präsidentin. Was spreche beispielsweise gegen Kontakttraining, wenn man getestet sei?

Konfliktpotenzial

Petra Zenkel-Schirmer berichtete von zwei aus beruflicher Sicht ganz unterschiedlichen Lockdowns. Während die Restauratorin vor einem Jahr Aufträge verloren hatte, arbeitet sie jetzt so viel wie in den vergangenen Jahren nicht mehr. Die Menschen seien daheim und ließen ihre Bilder restaurieren.

Wolf-Mertensmeyer sorgte sich wegen des Konfliktpotenzials in Familien. Die Gefahr von Gewalt gegen Frauen und Kinder nehme zu, da geschützte Räume wie der Arbeitsplatz oder die Schule fehlten. Klinger rief dazu auf, auf das Umfeld zu achten und Unterstützung anzubieten. Manchmal helfe schon ein Gespräch. Trotz aller Probleme sollte man in der Krise auch eine Chance sehen, beispielsweise für Neustrukturierungen – nach dem Motto „was brauche ich wirklich?“ Vor allem solle man positiv bleiben.

Dem konnte sich Bittner nur anschließen: „Frauen sind stark. In uns schlummern viele Kräfte.“ Darum gehe es auch in der Gruppierung Frau-L-Ich, mit der man etwas bewegen und Frauen aktivieren möchte. Als nächstes Projekt ruft man die Sport-Vermittlungsbörse „Du & Ich“ ins Leben. Weitere Aktionen sind geplant.

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