Kronacher Schüler in Israel Eine Bildungsreise, die tief bewegt

Kronach

Wenige Wochen vor den Anschlägen der Hamas besuchten Schüler des Frankenwald-Gymnasiums Israel. Dabei lernte man unter anderem einen palästinensischen Landwirt und Kibbuzbewohner kennen.

 
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Dahoud Nassar (Mitte) mit der Reisegruppe des Frankenwald-Gymnasiums um Kirsten Uhthoff (Zehnte von links) und Matthias Simon (rechts außen). Im Hintergrund jüdische Siedlungen direkt neben Nassars Weinberg. Foto: Privat

„Sie sind der stärkste Mensch, den ich in meinem Leben getroffen habe“, fasst Kirsten Uhthoff ihre Gefühle in Worte und spricht gleichzeitig einigen der Mitreisenden aus dem Herzen, die das zu diesem Zeitpunkt nicht schaffen. Dahoud Nassar, der Adressat der Worte, hatte zuvor mit seiner Familiengeschichte die Schüler des Frankenwald-Gymnasiums samt ihren mitreisenden Gästen in Bann gezogen.

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Der Besuch bei dem christlichen Palästinenser auf seinem Weinberg bei Betlehem war sicher einer der emotionalen Höhepunkte der Exkursion des Frankenwald-Gymnasiums nach Israel und Palästina – nur wenige Wochen vor den Anschlägen der Hamas auf Israel. Im Rahmen ihres wissenschaftlichen Seminars waren die Schüler mit ihrem Seminarleiter Matthias Simon, Kirsten Uhthoff als weitere Lehrkraft und einigen Gästen eine Woche unterwegs, um „Israel, das Land der Gegensätze“ kennenzulernen. Unter diesem Titel hatten sich die Schüler bereits ein Jahr mit dem Land am Mittelmeer, seiner politischen Geschichte, seiner geografischen und religiösen Vielfalt und all den daraus resultierenden Problemen beschäftigt, die kurz nach der Rückkunft auf der politischen Agenda auftauchten.

Vier Tage in Jerusalem

So groß wie die Bandbreite der Themen, die sich die Schüler für ihre Seminararbeiten ausgesucht hatten, so umfangreich war auch das Programm der Exkursion, das die Gruppe gemeinsam erstellt hatte. Den Auftakt bildeten vier Tage in Jerusalem, in denen einige Facetten der Hauptstadt der Religionen kennengelernt werden konnten. Auf den Spuren der christlichen Pilger führte der erste Weg zu Fuß vom Ölberg durch das Kidrontal in die Altstadt. Durch die schmalen Gassen des arabischen Soukh erreichte die Gruppe die Grabeskirche und schließlich die Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg. Pater Matthias Karl von der dort lebenden Gemeinschaft der Benediktiner berichtete den Jugendlichen von der Lage der Christen im Heiligen Land. Maximal zwei Prozent der Bevölkerung Israels gehören noch einer christlichen Kirche an, viele seien aufgrund der teils prekären politischen oder wirtschaftlichen Lage in den vergangenen Jahren ausgewandert, wie der Benediktiner berichtete.

Bethlehem, in Palästina gelegen, war ein weiteres Ziel der Exkursionsgruppe und nach einem Besuch auf den Hirtenfeldern in Beit Sahour und der Geburtskirche führte der Weg auf „Dahers Weinberg“. Dort lebt die Familie von Dahoud Nassar seit über 100 Jahren auf ihrem eigenen Land, wo sie Landwirtschaft betreibt. Dass und warum der Staat Israel die vor Jahrzehnten vorgelegten Besitzurkunden der Familie nicht akzeptiert und unter welchen Repressalien die Familie seit Jahrzehnten leidet, erzählte Dahoud Nassar den Gästen aus dem Frankenwald. Nach einem typisch palästinensischen Essen führte er die Besucher in einen halb-unterirdischen Raum, der als Gruppenraum dient. Ohne Recht auf Wasser oder einen Stromanschluss kann Dahoud Nassar sehen, wie in Sichtweite der Staat Israel Siedlungen für jüdische Siedler baut – mit eigenem Pool im Garten. Allen Repressalien zum Trotz betreibt er mit seiner Familie ein Camp auf seinem Anwesen, bei dem jeden Sommer Kinder aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenkommen. „Wenn wir es schaffen, dass die Kinder friedlich und in gegenseitigem Verständnis miteinander leben, werden sie es hoffentlich auch als Erwachsene tun“, formulierte Nassar seine Hoffnung. „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ steht dann auch sein Motto und das seiner Arbeit auf einem Findling, der die Besucher am Eingang des Geländes begrüßt.

Andere Perspektive

Mit dieser Begegnung im Kopf sahen die Exkursionsteilnehmer nun manche Programmpunkte aus einer etwas anderen Perspektive, etwa die Begegnung mit vielen, teilweise ultraorthodoxen Juden an der Klagemauer oder die vielen israelischen Flaggen an Häusern im muslimischen oder christlichen Viertel der Altstadt Jerusalems.

Ein Besuch im Israel-Museum, im Herzl-Museum auf dem Herzlberg sowie der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gehörten ebenfalls zu den Tagen in Jerusalem wie ein Bummel über einen typisch jüdischen Wochenmarkt. Mit dem Besuch einer deutschen Schule für Mädchen in Ost-Jerusalem endeten die Tage in Jerusalem. Vorwiegend muslimische Mädchen bekommen dort eine Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben.

Im Toten Meer

Voller Eindrücke ging die Exkursion schließlich in den Norden Israels, nach Galiläa. Trotz des Sandsturms durfte natürlich ein Bad im Toten Meer nicht fehlen. Der Rückgang des Meeresspiegels in den letzten Jahrzehnten war dabei unübersehbar und die Frage nach der Zukunft dieses einmaligen Ortes beschäftigte die Teilnehmer sehr.

Im Vergleich zum geschäftigen Jerusalem wesentlich ruhiger ging es dann an den drei Tagen zu, in denen die Exkursion an Orte rund um den See Genezareth führte. Ein Besuch im Kibbuz Deganja führte eindrucksvoll die Idee dieser Lebensgemeinschaft vor Augen, nicht ohne auf aktuelle Probleme hinzuweisen, die alle Kibbuzim heute betreffen. Ein Ausflug in die jüdische Stadt Sefad, der Besuche von Kafarnaum und eine Bootsfahrt auf dem See durften im Programm genauso wenig fehlen wie ein Blick vom Berg Arbel auf den See und die gegenüberliegenden Golanhöhen. Einen tiefen Einblick in das Leben auch von jungen Menschen bekamen die Schüler schließlich von Fayez Fowaz, einem muslimischen Araber, der die Gruppe mit seiner dänischen Frau Tina in seinem Haus in Eilaboun empfing. Bei Tee, landestypischem Gebäck und arabischem Kaffee wurde so der Alltag einer Familie, die verschiedene Kulturen vereint, deutlich.

Das Leben der Mönche

Das Benediktinerkloster in Tagha, direkt neben der Unterkunft am See gelegen, und seine Begegnungsstätte Beit Noach waren der letzte Programmpunkt der Reise. Pater Josef, der Prior der Gemeinschaft, empfing die Gruppe und berichtete vom Leben der Mönche und der integrativen Arbeit im angeschlossenen Jugendhaus. Dort können behinderte Jugendliche und junge Erwachsene gemeinsam Ferien verbringen, unabhängig von Religion oder Herkunft. Mit einem besinnlichen Abschluss an der Dalmanutha, des Gebetsortes am Seeufer, ging eine beeindruckende Woche zu Ende. „Man konnte vor Ort deutlich bessere Eindrücke von dem Leben der Menschen bekommen, als es einem die Medien vermitteln“, fasste Alina die Reise für sich zusammen und Anna ergänzt: „Wir duften so viel lernen und ich bin dankbar, dabei gewesen zu sein!“ So landete das fliegende Klassenzimmer mit einigen Koffern voller Eindrücke wieder im Frankenwald – dort werden die Eindrücke aller Beteiligten noch lange Thema sein.