Der Aufschrei, der seit dem Bekanntwerden des Videos durch das offizielle Deutschland geht, ist groß. Ungezählte Politiker haben sich geäußert und die Tat mit scharfen Worten verurteilt. Der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Beispiel bezeichnete die gegrölten Parolen als „ekelig“ und „nicht akzeptabel“. Die Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Eine Schande für Deutschland.“ Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Sylter Gemeinden erklären in einem gemeinsamen Statement: „Wir haben für diese Gesänge null Toleranz. Dieses Verhalten ist für uns abstoßend und vollkommen inakzeptabel. Wir wenden uns in jeder Form gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Menschenfeindlichkeit. Insofern begrüßen wir, dass die Betreiber der Bar sehr deutlich Stellung genommen haben.“ Auf Sylt lebten Menschen aus 113 Nationen friedlich miteinander. Die Insel begrüße Touristinnen und Touristen aus vielen Ländern. In diesen Tagen, in denen das Grundgesetz 75 Jahre alt werde, „während die liberale Demokratie unter Beschuss steht“, möchten die Lokalpolitiker „unmissverständlich klar machen: Solche Gäste brauchen nicht noch einmal nach Sylt zu kommen. Sie sind herzlich ausgeladen. Denn wir sind eine weltoffene Insel.“
Geschäftsführer ist auch selbstkritisch
Freitagabend in Kampen. Die Terrasse des Pony ist nun ordentlich gefüllt. Ein paar Gäste erklären auf Nachfrage sinngemäß: Das Gegröle der Parolen sei vermutlich ein Einzelfall gewesen und keinesfalls typisch für das Pony. Tom Kinder, 31 Jahre, ist einer von drei Pony-Geschäftsführern, er nimmt sich Zeit für die Journalisten, die kommen und gehen. Er ärgert sich allerdings auch über jene Reporter, die ungefragt die Gäste ansprechen. Kinder zeigt auf seinem Smartphone ein Video, das offenbar am Pfingstsamstag von einer Überwachungskamera aufgenommen worden ist. Zu sehen ist eine große, feiernde Menschenmenge auf der Terrasse der Bar.
Kinder sagt, am betreffenden Abend sei kaum mehr zu hören gewesen als eine dröhnende Geräuschkulisse. Das ist aus der Sicht des Geschäftsführers ganz klar der Beweis: Seine Mitarbeiter hätten unmöglich mitbekommen können, was passiert ist. Kinder gibt sich indes auch selbstkritisch, sagt, im Pony hätte der Song „L`amour toujour“ besser nicht gespielt werden sollen. Aber er und seiner Mitarbeiter hätten nicht gewusst, dass dieses Lied schon seit einiger Zeit von Rechtsextremen instrumentalisiert werde. Er habe sich erst im Nachgang informiert und herausgefunden: „L`amour toujour“ sei schon mehrfach missbraucht worden.
Das Pony, sagt Kinder, stehe für Vielfalt. Einer der Gesellschafter habe iranische Wurzeln. Und Angelo, der Mann hinter der Bar, hätte die Naziparolen grölenden Gäste ganz bestimmt sofort raus geworfen, wenn er denn etwas mitbekommen hätte. Als das Video viral ging, habe das Pony sofort die Polizei informiert. Man kenne die Namen von bislang einer Handvoll Gästen, die auf dem Videoclip zu sehen sind. Alle hätten Hausverbot, für immer. Das Pony werde sich zudem dafür einsetzen, dass diese Leute in möglichst vielen anderen Kneipen und Bars überall im Land zu unerwünschten Personen erklärt werden. Mindestens zwei der Leute, die im Pony die rechtsextremen Parolen gegrölt und gesungen haben, haben mittlerweile ihre Jobs verloren.
Noch klarer gegen rechts positionieren
Geschäftsführer Kinder sagt dann noch, die Sache habe vielleicht ein Gutes: „Rassismus bekommt ein Ohr.“ Sprich: Es werde nun bundesweit noch mehr darüber diskutiert, was getan werden kann und muss, damit solche Straftaten wie am Pfingstsamstag auf der Terrasse in der Whiskymeile in Kampen nicht mehr begangen werden. Auf der Internetseite des Ponys ist auf der Startseite zu lesen: In Zukunft werde sich der Club mit „noch klarere Kante gegen Rassismus, Faschismus und jegliche Form der Diskriminierung“ einsetzen. „Denn nie wieder ist jetzt! Kein Platz für Rassismus im Pony!“
Wer indes nur den Club in Kampen und die Insel Sylt in die Pflicht nehme, springe zu kurz, so Kinder sinngemäß. „Den Hindenburgdamm dichtmachen - und das Problem ist gelöst?“ Das sei zu einfach, so der Geschäftsführer. Und das ist eher eine schlechte Nachricht. Denn rechtsextreme Menschen gibt es ganz offenkundig fast überall in der Republik. Ganz normal?