Kulturerbe Friedensdank Kostbar und zerbrechlich: der Frieden

Der Friedensengel des Seßlacher Bildhauers Wolfgang Schott machte beim letzten großen Friedensdank 2011 Station in Meeder. Foto: /arin Günther

Bayern zählt das Coburger Friedensdankfest in Meeder fortan zu seinem Immateriellen Kulturgut. Im August wird es zum 370. Mal begangen.

 
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Der Heimatminister war beeindruckt: „Das hatte er in einem so kleinen Ort nicht erwartet“, erinnert sich Henning Schuster an Albert Fürackers Besuch vor zwei Jahren. Schülerinnen in weißen Kostümen der Pazifistin Anna B. Eckstein führten den Gast fachkundig durch das Friedensmuseum und die Friedenswerkstatt im Schulhaus und die Vorsitzenden des Vereins, Elke Bräutigam und Henning Schuster, gaben ihm einen Herzenswunsch mit auf den Weg nach München: Das Friedensdankfest Meeder möge doch zum bayerischen Kulturerbe ernannt werden.

Ein Jahr später stellte die Kirchengemeinde den offiziellen Antrag – der nun zum Erfolg geführt hat: Auf Empfehlung eines Expertengremiums beschloss der Ministerrat am Dienstag, das traditionsreiche Fest in das bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufzunehmen.

Das Timing ist perfekt: In diesem Sommer steht wieder das „große Friedensfest“ bevor, das auf Initiative des damaligen Landrats Klaus Groebe seit 1971 im Zehn-Jahresturnus von Gemeinde, Stadt und Landkreis gemeinsam ausgerichtet wird, im vergangenen Jahr allerdings wegen Corona verschoben wurde. Insgesamt wird der Friedensdank zum 370. Mal begangen: Er wurzelt im Jahr 1650, als der Coburg regierende Herzog Friedrich Wilhelm II. anordnete, das Ende des Dreißigjährigen Krieges fortan jährlich zu feiern. Das Dorf Meeder, das mehr als zwei Drittel seine Einwohner im Krieg verloren hatte, machte daraus eine Tradition, die bis heute trägt und in diesem Jahr deutlicher denn je vor Augen führt, wie wertvoll, schützenswert und zerbrechlich der Frieden ist. Neben Meeder begeht lediglich Augsburg seit dem Westfälischen Frieden 1648 regelmäßig das „Hohe Friedensfest“, das 2018 in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde.

Glücklich reagierten die Initiatoren in Meeder am Dienstag auf die Nachricht aus München: Als „große Freude und große Verantwortung“ bezeichnete Pfarrerin Krisztina Kollei das Prädikat Kulturerbe, von dem sie sich mehr Bekanntheit für das Friedensdankfest erhofft. Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine gelte es in die Jahr, nicht nur zu danken, sondern auch für den Frieden zu beten.

„Das ist eine super Sache!“ kommentierte Martin Albrecht, Vertrauensmann der Kirchengemeinde, die Anerkennung der Friedensarbeit, die sich nicht in einer Festwoche im August erschöpfe. „Kontinuierlich am Frieden zu arbeiten ist uns ein wichtiges Anliegen“, betont Albrecht. Darum beginne Friedenserziehung in Meeder bereits im Kindergarten und werde mit Arbeitsgemeinschaften in der Grundschule fortgesetzt.

Im Schulgebäude ist auch das Friedensmuseum untergebracht, das getreu dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ anschaulich zeigt, wie aus ehemaligen Kriegsgütern Gegenstände wurden, die dem Leben der Menschen dienen: Die Tortenschaufel stammt aus dem Rotorblatt eines abgeschossenen Kampfflugzeuges, der Spaten aus dem Stahl verschrotteter sowjetischer Langstreckenraketen. In der Lernwerkstatt Frieden werden mit verschiedensten Ausstellungsstücken Friedensgeschichte(n) erzählt und die Auswirkungen politischer und gesellschaftlicher Ereignisse auf die Menschen in der Region aufgezeigt.

„Patronin“ des Museums und Namensgeberin der Schule ist die 1868 in Coburg geborene Friedensaktivistin und Vizepräsidentin der amerikanischen Friedensgesellschaft Anna B. Eckstein, die für ihre „Weltpetition zur Verhütung des Krieges zwischen den Staaten“ zwei Millionen Unterschriften sammelte. Die Ausstellung dokumentiert mit Exponaten aus der ganzen Welt das außergewöhnliches Leben und Engagement er Vorkämpferin für den Völkerbund, die in ihrer Heimat lange Zeit vergessen war.

Das 370. Coburger Friedensdankfest in Meeder steht unter dem Motto „Auf Frieden bauen“ und beginnt offiziell traditionsgemäß am Sonntag nach Sebaldi (19. August). Auf dem vielfältigen Programm stehen das Musical „Bethlehem 82“ und das Heimatspiel „Frieden auf Erden“, Kinderbibeltage und ein „Dance for Peace“ fürs junge Publikum, Festkommers, Friedensmarkt und vieles mehr.

Bereits jetzt stimmen eine Reihe von Veranstaltungen auf das Fest ein: Am Sonntag, 10. April, um 15 Uhr liest der Schauspieler Thomas Straus aus Anne Tellers Roman „Stell dir vor, es ist Krieg – wohin würdest Du gehen?“ Erzählt wird die Geschichte eines 14-jährigen Jungen aus Deutschland, der mit seiner Familie auf der Flucht vor dem Krieg in Europa ist. An der Gitarre begleitet Christian Rosenau die Lesung.

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