Bald fanden sich die Outdoor-Gesellschaften auch geschmackloserweise in den großen Kriegsschauplätzen der Zeit ein. Die Napoleonischen Kriege, der Amerikanische Bürgerkrieg, vor allem der Krimkrieg 1853 bis 1856 wurden ausgiebig zum Picknicken genutzt. Ausgerüstet mit Weidenkorb und Fernstecher amüsierte man sich am Rande des Schlachtfeldes mit Gänseleberpastete und Schildkrötensuppe, während in unmittelbarer Sichtweite Freund und Feind ihr Leben ließen.
Revolutionäre Wende durch die Thermoskanne
Um die Jahrhundertwende kündigte sich eine revolutionäre Erfindung an: die Thermoskanne. 1903 ließ sich der deutsche Glasbläser Reinhold Burger die Isolierflasche mitsamt Trinkbecher patentieren, die damals noch mit einem Korkverschluss ausgestattet war. Damit war es möglich, heiße Getränke und Speisen mitzunehmen. Der kleine Kocher, der bis dahin Bestandteil vieler Freiluftpartys, blieb zu Hause.
Immer öfter leistete sich jetzt auch Otto Normalverbraucher sein Picknick, nachdem Eisenbahn, Dampfschiff, später auch Fahrrad und Automobil die Preise für einen Abstecher ins Grüne purzeln ließen.
Bitte nicht über Politik sprechen
Auch heute ist ein Picknick viel mehr als nur eine einfache Mahlzeit im Freien. Schon das Packen des Korbes kann ein Vergnügen sein. Lecker belegte Sandwiches, hart gekochte Eier, Wiener Würstchen mit Dijon-Senf, Käse-Spezialitäten, Antipasti, Dipps, Salate: Ein Schlückchen Champagner ist dann das absolute i-Tüpfelchen, das man sich ruhig einmal gönnen sollte.
Zu einer richtigen Outdoor-Mahlzeit gehört ja nicht nur der stilvolle Genuss, sondern viel mehr: interessante Gespräche vor allem und jede Menge Müßiggang. Diskussionen über Politik oder Alltagsprobleme gehören übrigens nicht dazu. Sie sind am Stammtisch besser aufgehoben. Beim Picknick steht das Vergnügen im Vordergrund.
Wie formvollendet das auch heute noch sein kann, lässt sich übrigens nicht nur in England bei großen gesellschaftlichen Ereignissen beobachten, sondern sehr schön auch – ausgerechnet – beim Viktorianischen Picknick des Wave-Gotik-Treffens, das alljährlich über Pfingsten im Leipziger Clara-Zetkin-Park abgehalten wird. Hier scheint es, als hätte jemand eine Zeitmaschine angeworfen, und man fühlt sich in das viktorianische England des 19. Jahrhunderts zurückversetzt.