Kundgebung vor dem Werkstor Wut und Hoffnung bei der DGH

Gewerkschaft und Arbeiter des insolventen Automobilzulieferers in Hof erheben vor dem Werkstor die Stimme. Der Tenor: Das alles hätte man sich ersparen können.

 
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Hof - Die Botschaft ist klar: DGH in Hof könnte es besser gehen, müsste es besser gehen. Stattdessen steckt der Betrieb tief  in der Insolvenz. „Wir müssten heute nicht hier stehen, hätte man auf den Betriebsrat gehört“, sagte Stefan Winnerlein von der IG Metall Ostoberfranken. Hier, das ist vor dem Tor des Druckgussbetriebs. Kalter Wind lässt die Fahnen der Gewerkschaft flattern, die Ratschen klackern, gut 300 Menschen meist in Rot. Schulterschluss der IG Metall, des Betriebsrats und vieler solidarischer  Metaller anderer Firmen – sogar Kollegen aus Pottenstein sind da.                                      

Ist Ende 2022 Schluss?

Ärger, Wut,  Enttäuschung,    Hoffnung, Kampf. Es finden sich viele Worte bei den Redner, die bei den 250 Hofer Mitarbeitenden des Autozulieferers sind. Ein Investor am Horizont, AE Group heißt er. Daran kann man sich  klammern. Oder  die Arbeiter hören auf Sebastian Glaser, den Sprecher des Insolvenzverwalters Franz-Ludwig Danko: „Sie können am wenigsten dafür. Aber wir müssen davon ausgehen, dass am Ende des Jahres Schluss ist.“ Nicht jeder will das so hinnehmen. Toni Wolf, der die Metaller-Kollegen vertritt, donnert gegen Danko los: „Der Insolvenzverwalter handelt nur halbherzig und liefert keine Lösungsvorschläge. Herr Danko, kommen Sie endlich in die Gänge“. Schuldige an der Pleite sind schnell ausgemacht, der Pfeil gegen Danko fällt  aber kaum ins Gewicht bei der Soli-Kundgebung. Da ist zum Beispiel Markus Schubert. Der 47-jährige Schmelzer arbeitet seit elf Jahren bei DGH. Noch hofft er. Aber er ist auch sauer: „Wir haben uns jahrelang für VW den Arsch aufgerissen. Und das ist der Dank. Man  lässt uns fallen wie eine heiße Kartoffel. An Wochenenden, Feiertagen  habe man gearbeitet, Sonderschichten eingelegt. Nicht besser  fühlt sich Baris Güzelel, der Schichtleiter des Werkzeugbaus. „Wir haben  nie Nein gesagt.“ Die Firma sei auch seine Firma, eine Familie, zu der er seit 2008 gehört. Immer habe man zusammengehalten und tue das auch jetzt. Weder Schuberth noch Güzelel haben sich woanders beworben. Sie haben für den Rest von 2022 noch einen Job zu erledigen.

Das Team hält aus

Teamgeist, das Wort fällt bei allen Reden. Landrat Oliver Bär, Oberbürgermeisterin Eva Döhla, der Chef des Betriebsrats Suphi Gezer. Alle klopfen der Belegschaft verbal die Schulter. Johann Horn, der bayerische IG-Metall-Chef sagt: „Den Schatz  – euch – hat man nicht wertgeschätzt.“ Der Gewerkschaft hält sich nicht zurück. „Die alte Geschäftsführung hat sich aus dem Staub gemacht und einen Scherbenhaufen hinterlassen.“   Es sei Hohn, wenn DGH auf der Homepage  von Innovationen und Erweiterungsmöglichkeiten rede. „Wir wollen nicht mehr, als dass das Management das tut, was es sagt.  „Sich schämen“  solle es sich.  Betriebsrat Suphi Gezer spricht von „tauben Ohren“. Man habe lange und frühzeitig das Management gedrängt, die unausweichliche Transformation zur E-Mobilität  wahrzunehmen und zu reagieren. Aber man habe immer weiter auf Teile für Verbrennermotoren gesetzt. Dann noch der Dieselskandal und Corona.  Gezer will mehr Mitspracherecht des Betriebsrates  bei wirtschaftlichen Themen. Dass das sinnvoll sein könne, zeige der Fall DGH. Seine Kollegen wollen ein Banner auf. „ Zukunft für uns – Zukunft für den Standort – Zukunft für Hof“.  18 Meter ist es lang und soll am Zaun der Firma mahnen, was geschehe, wenn man sich nicht kümmert und Warnungen in den Wind schlägt. Und  250 Mitarbeiter, darunter acht Azubis – mitsamt deren Familien – nun nicht wüssten, was sein wird.

Was hat die AE Group vor?

Das Team steht aber offenbar  immer noch für die Firma ein. Fast schon verwundert sagt Sebastian Glaser für den Insolvenzverwalter, dass die Krankenquote – Coronafälle ausgeklammert – niedriger sei als vor der Insolvenz. Er sagte aber auch. „Für Anerkennung kann man sich nichts kaufen.“ Ein Nicken und Schnauben macht die Runde in der roten Menge. Immerhin, legt Glaser nach, verhandle man noch über eine Leistungsprämie für die Frauen und Männer, deren Tarifgehalt ohnehin schon erhöht worden war – auch mit dem Hintergedanken, dass dann 2023 das Arbeitslosengeld höher ausfällt, sollte der Arbeiter zunächst keine neue Stelle finden.  Gewerkschafter Horn will sich auch nicht länger mit der Vergangenheit beschäftigen. Die AE Group, selbst ein großer Zulieferer, hat die DGH-Immobilie  am Rande Hofs gekauft; nur sei seitdem Stille zu vernehmen. Oberbürgermeisterin Eva Döhla bietet sich an, mit das Gespräch zu suchen. Aber Horn will auch nicht mehr lange reden, den Arbeitern laufe die Zeit davon. In Richtung der nicht präsenten AE Group sagt er: „Was ist die Idee? Was ist der Plan?“ Die Ratschen klackern laut.

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