Die meisten pflegebedürftigen Menschen werden in Deutschland daheim betreut, von Pflegekräften und Angehörigen. Für 2020 geht der Verband für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) von rund vier Millionen Pflegebedürftigen aus. Mehr als drei Millionen leben zu Hause. Ausgebildete Pflegekräfte fehlen an allen Ecken und Enden.
Bei einem Viertel der Haushalte sind Angehörige mehr als sieben Stunden mit der Pflege beschäftigt - besonders zeitaufwendig ist es bei Menschen mit hohen Pflegegraden und Demenz, wie jüngst eine Umfrage im Auftrag des Wissenschaftlichen Instituts der Allgemeinen Ortskrankenkassen ergab. Laut der Deutschen Stiftung Patientenschutz legt die Studie den Finger in die Wunde, dass die zeitliche, psychische und physische Hauptlast allein bei pflegenden Angehörigen bleibt.
"Ich habe mich in all den Jahren bestmöglich um meine Frau gekümmert", verliest der Verteidiger eine Erklärung seines Mandanten. Dieser habe nicht aus Eigennutz oder Feindseligkeit gehandelt, sondern aus Liebe.
"Ich habe ihn als rüstigen Rentner erlebt, der sich sehr liebevoll und viel um die Ehefrau gekümmert hat", bestätigt der langjährige Hausarzt des Paares. Die Frau habe über viele Jahre hinweg körperlich und geistig abgebaut. Der Pflegeaufwand sei zuletzt sehr hoch gewesen. Einkaufen, Haushalt, Garten, den Partner anziehen, Körperpflege und vieles mehr: "Ich habe gemerkt, dass das alles sehr viel für ihn war", erzählt der Mediziner. Von gemeinsamen Suizidplänen der Eheleute habe er nichts gewusst.
Die Anklage vermutet, dass der Mann seine Frau aus Aussichtslosigkeit erstickte, weil er mit ihr kein gemeinsames Leben in Gesundheit und Selbstbestimmung mehr führen konnte. Oberstaatsanwalt Seebach vermutet eine schwere depressive Verstimmung hinter der Tat und geht von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Das Urteil könnte am Donnerstag gesprochen werden.