Länderspiegel "Muttermilch ist von Haus aus grün": Ärzte rufen zum Stillen auf

Stillen ist nach Überzeugung von Fachleuten nicht nur die einfachste, sondern auch die gesündeste Möglichkeit, ein Baby zu ernähren. Foto: Patrick Pleul/dpa Quelle: Unbekannt

Während der Weltstillwoche hat das Klinikum Kulmbach auf die vielen Vorteile des Stillens hingewiesen. Ausstellungen oder Vorträge mussten aber in diesem Jahr aufgrund der Corona- Pandemie ausfallen.

 
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Kulmbach - Normalerweise gibt es am Klinikum Kulmbach anlässlich der Weltstillwoche jedes Jahr diverse Aktionen. Das musste aufgrund der Corona-Pandemie diesmal ausfallen. Doch gerade wegen Corona und den damit verbundenen möglichen Ängsten gibt es in diesem Jahr besondere Informationen aus der als "Babyfreundlich" zertifizierten Geburtsklinik und vom Kinderarzt. Eine davon lautet: Selbst wenn eine stillende Mutter sich infiziert, muss sie deswegen nicht mit dem Stillen aufhören.

Seit 1991 gibt es die Weltstillwoche

Die Weltstillwoche ist eine von der "World Alliance for Breastfeeding Action" organisierte Aktionswoche. Sie gilt als die größte gemeinsame Kampagne aller das Stillen fördernden Organisationen, zu denen auch UNICEF und die WHO gehören, und wird jährlich in über 120 Ländern begangen. In Deutschland findet sie seitdem stets in der 40. Kalenderwoche statt.

Die Weltstillwoche fand erstmals 1991 statt, auf Initiative der World Alliance for Breastfeeding Action (WABA, übersetzt "Weltallianz für das Stillen" oder auch "Weltallianz für aktive Stillförderung"). Diese ist eine globale Initiative für den Schutz, die Förderung und die Unterstützung des Stillens weltweit, die auf der 1990 verabschiedeten "Innocenti-Deklaration über Schutz, Förderung und Unterstützung des Stillens" und der Globalen Strategie zu Säuglings- und Kleinkindernährung von UNICEF und WHO basiert.

Die Weltstillwoche findet jedes Jahr unter einem anderen Motto statt, das in deutschsprachigen Staaten in abgewandelten Formulierungen übernommen wird, statt. Seit der Gründung des Runden Tisches zur Stillförderung im Jahr 1999 wird die deutsche Übertragung beim Frühjahrstreffen diese Gremiums erarbeitet und festgelegt.

"Natur lässt sich nicht kopieren" war der Titel dieser weltweit ausgerufenen Themenwoche, die am 4. Oktober zu Ende gegangen ist und unter anderem von der WHO und UNICEF getragen wird. Der Hintergrund: "Der richtige Weg in ein gesundes Leben ist für ein Neugeborenes das Stillen - gerade in der aktuellen Zeit", sagen die Experten und weisen darauf hin, dass "Babyfreundliche Geburts- und Kinderkliniken" wichtige Partner für Mütter und junge Familien sind, wenn es um einen gelungenen Beginn und Stillstart geht. Das Klinikum Kulmbach arbeite erfolgreich nach den zehn Schritten von WHO und UNICEF und sei offiziell zertifiziert, betont der Leitende Arzt der Frauenklinik, Dr. Benno Lex. "Das Personal unserer Klinik ist umfassend geschult und kann Eltern fachkundig und behutsam beim Stillen unterstützen."

Die Weltstillwoche 2020 hat sich auf die Auswirkungen der Säuglingsernährung auf die Umwelt und den Klimawandel konzentriert. Die Notwendigkeit, das Stillen für das natürliche Gleichgewicht des Planeten und seiner Bewohner zu schützen, zu fördern und zu unterstützen, ist die Verbindung dazu. Das Thema war in diesem Jahr auf die Zusammenhänge zwischen Stillen, Umwelt und Klimawandel abgestellt. "Muttermilch ist von Haus aus grün, da sie erneuerbar, umweltfreundlich, natürlich ist. Sie wird ohne Umweltverschmutzung produziert und geliefert. Wohingegen die massenhafte Produktion und der Vertrieb von Muttermilchersatzprodukten all diese Probleme verschärfen", erklären die Verantwortlichen für diese Aktion. Sie soll auch Wege für eine übergreifende Zusammenarbeit zwischen der World Alliance for Breastfeeding Action (WABA) und Gruppen, die sich mit Umweltfragen befassen, bewirken. "Muttermilch hat keinen ökologischen Fußabdruck. Gemeinsam müssen wir den Zusammenhang zwischen Stillen und Umwelt hervorheben", betonen die Organisatoren.

Gleich zwei wichtige Ansätze gibt es nach Überzeugung von Dr. Helmut Bock, dem Kinderarzt am Klinikum Kulmbach, diesmal für die Weltstillwoche. Einmal die Covid 19-Thematik und auch "Fridays for future" spiele eine Rolle. "Stillen unterstützen für einen gesünderen Planeten" ist eine Schlagzeile, die laut Dr. Bock diesen Ansatz gut erklärt. Und da bringt der Kinderarzt auch das Thema Stillen in Zeiten der Corona-Pandemie ins Gespräch. "Da die Vorteile des Stillens überwiegen, sollen Mütter ihre Neugeborenen übrigens auch im Fall einer vermuteten oder bestätigten Corona-Infektion stillen." Dies empfehle die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Kinder haben demnach laut aktuellem Forschungsstand der WHO ein geringes Risiko, sich mit dem Corona-Virus anzustecken. Sie seien jedoch deutlich anfälliger für andere Krankheiten, wenn sie nicht gestillt werden. SARS-CoV-2 sei bisher nicht als Lebendvirus in Muttermilch nachgewiesen worden.

Dr. Bock ist mit seiner Ansicht keineswegs allein. "Auch und gerade in Zeiten von Corona gilt: Stillen wird für alle empfohlen." Das sagt die Nationale Stillkommission. Und auch die WHO vertritt die selbe Auffassung. In mehreren Studien sei Muttermilch auf das neue Coronavirus untersucht worden, ohne dass dieses nachgewiesen werden konnte. In wenigen Fällen sei jedoch Erbgut des Virus (Virus-RNA) in der Muttermilch gefunden worden. Allerdings habe es bislang keinen Hinweis gegeben, dass diese Virus-RNA aus der Muttermilch auch tatsächlich die Krankheit von der Mutter auf ihr Baby übertragen kann.

"Damit gibt es keinen Nachweis, dass die Gesundheit des Säuglings durch Stillen beeinträchtigt wird und keinen Anlass, von den derzeitigen Stillempfehlungen abzuweichen", schließt sich Dr. Bock den allgemeinen Empfehlungen an. Stillen bringe weiterhin zahlreiche Vorteile für Mutter und Kind mit sich. Muttermilch enthält beispielsweise viele Immunstoffe und stärke damit die Abwehrkräfte des Babys. Fachleute seien sich einig, dass auch in dieser Situation Neugeborene von den besonderen immunologischen Eigenschaften der Muttermilch profitieren. Die internationalen Empfehlungen zu einer potentiellen Mutter-Kind-Trennung bei gesicherter Infektion der Mutter seien derzeit uneinheitlich. Die meisten Fachgesellschaften empfehlen allerdings, dass das Kind gemeinsam mit der Mutter isoliert wird und im Rooming-In verbleibt. Besondere Hygiene-Maßnahmen seien dafür nötig, um das Kind nicht anzustecken: Mundschutz bei jedem Kontakt zum Kind sei unerlässlich, ebenso wie häufiges und gründliches Waschen der Hände. Auf einen Haut-zu-Haut-Kontakt zwischen Mutter und Kind müsse laut WHO allerdings nicht verzichtet werden. Das Motto dabei sei einfach: "Streicheln ja, Küssen nein."

Der Hintergrund für diese Empfehlung an Mütter: Corona wird durch Tröpfcheninfektionen übertragen. Virushaltige Tröpfchen aus dem Rachenraum oder dem Atmungstrakt gelangen beim Niesen, Husten oder Sprechen durch winzige Speichel-Tröpfchen an die Luft und werden anschließend von einem anderen Menschen eingeatmet oder aufgenommen.

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