Landgericht Coburg Streit in der Drogenszene?

Mathias Mathes
Wegen versuchten Totschlags muss sich ein 19-Jähriger vor Gericht verantworten. Foto: picture alliance/dpa/Volker Hartmann

Ein angeblicher Raubüberfall in Teuschnitz entpuppt sich als Räuberpistole. Bei der Attacke ging es offenbar um etwas anderes.

 
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Abends in Teuschnitz kommt an der Schule ganz plötzlich und unvermittelt ein maskierter Räuber aus einer dunklen Ecke. Ein wahrscheinliches Szenario? Eher nicht, wie sich am Mittwoch am Landgericht Coburg herausstellte.

Am zweiten Verhandlungstag um eine gewaltsame Auseinandersetzung am 4. April in der kleinen Stadt im Landkreis Kronach versuchte die Strafkammer unter dem Vorsitz von Richterin Jana Huber mittels Zeugenaussagen das Geschehen aufzuklären. Die Anklageschrift zu dem Fall ist kurz und bündig geraten: Der 19-jährige Angeklagte soll mit einem anderen Mann in der Nähe der Grundschule in Streit geraten sein. Dabei soll der 19-Jährige ein Messer gezogen und auf seinen Kontrahenten eingestochen haben. Er muss sich jetzt wegen versuchten Totschlags verantworten.

Bald stellte sich heraus, dass das Ganze doch nicht so einfach ist. Da war die Geschichte des 22-jährigen Mannes, der mit einem Messer angegriffen worden sein soll. Dem Gericht präsentierte er eine wahre Räuberpistole vom maskierten Unbekannten in Schwarz, der gänzlich unerwartet aus der Deckung gekommen sei und von ihm Geld und sein Handy gefordert habe. Das sei bei einem zufälligen Stopp mit dem Wagen gewesen, als das vermeintliche Opfer seinen Hund an der Schule habe ausführen wollen. Bei der Rangelei mit dem Räuber sei er verletzt worden, vermutlich durch ein Messer. Auch der Polizei hatte der 22-Jährige diese Version aufgetischt. „Wir bekamen die Mitteilung über einen Raubüberfall“, gab ein Polizist im Zeugenstand an.

Diese Geschichte kaufte die Kammer dem 22-Jährigen jedoch nicht ab. Sie wirkte sogar derart unglaubwürdig, dass Oberstaatsanwalt Christopher Rosenbusch den jungen Mann, der als Nebenkläger am Prozess teilnimmt, im Gerichtssaal wegen Verdachts einer Falschaussage verhaften ließ (die NP berichtete). Der Beschuldigte brach daraufhin sein Schweigen und schilderte seine Version der Dinge: An dem Abend sollte an der Schule ein Drogendeal über die Bühne gehen. Er sei jedoch ohne Rauschgift zu dem Treffen mit dem 22-Jährigen und seinem 17 Jahre alten Begleiter gekommen. Da sei der 22-Jährige auf ihn losgegangen, habe auf ihn eingeschlagen. Der Jüngere habe eine Schreckschusspistole gezogen und mehrere Schüsse abgegeben. Da habe er sich mit seinem Messer zu Wehr gesetzt.

Ein Streit in der Drogenszene also? Einiges deutet darauf hin. „Wir sind noch einmal die Rauschgiftszene durchgegangen“, so ein Ermittler. Denn die Version vom Überfall sei den Polizeibeamten von Anfang an merkwürdig vorgekommen. Bald stellte sich heraus, dass der 17-Jährige und der 22-Jährige zur regionalen Drogenszene gehören. Sie seien schon mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Offenbar ist an der Schule wirklich mit einer Schreckschusswaffe geschossen worden. Es fanden sich am Tatort Patronenhülsen und schließlich die dazu passende Pistole selbst. Ein Beamter kam zu dem Schluss: „Statt eines spontanen Raubüberfalls handelte es sich um ein geplantes Treffen.“

Die Verhandlung wird am

Dienstag, 29. November, fortgesetzt.

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