Landkreis Coburg Wo war der Wolf unterwegs?

Nach wie vor ist unklar, wo genau der Wolf im März das Reh gerissen hat. Ein Hinweis aus Neuses an den Eichen entpuppt sich als unsicher.

 
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Noch immer ist unklar, wo genau im Landkreis der Wolf im März ein Reh gerissen hat. Foto: picture alliance/dpa/Boris Roessler

Nachdem Ende März der genetische Nachweis eines weiblichen Wolfes im südlichen Coburger Land vom Landesamt für Umwelt (LfU) bestätigt wurde, melden sich immer wieder besorgte Landkreisbürger in der NP-Redaktion. Spekuliert wird nicht zuletzt darüber, wo genau im Landkreis das Reh vom Wolf mit der Kennung GW3178f nachgewiesen wurde. Erst vergangene Woche meldete sich der IT-Unternehmer Reinhard Ehrlich aus Schottenstein, der seinen Verdacht äußerte, die Wölfin habe sich im Wald bei Welsberg aufgehalten und sei auch dort nachgewiesen worden (NP vom 13. Mai). Dabei legte der 64-Jährige unserer Zeitung auch die Aufnahme eines toten, bis auf das Skelett abgenagten Rehes vor, das er eigenen Angaben nach aus Jägerkreisen erhalten hatte. Es soll den Kadaver zeigen, an dem im März die Genprobe für den Wolfsnachweis genommen wurde. Nun bestätigte das am LfU ansässige Netzwerk Große Beutegreifer auf NP-Nachfrage im Bildvergleich, dass das auf dem vorgelegten Foto abgebildete Reh nicht identisch ist mit dem Tier, das im März zur Genanalyse herangezogen wurde. Da das LfU Informationen über den genauen Fundort des gerissenen Rehes, an dem der Wolfsnachweis erfolgte, zum Schutz der betroffenen Personen und auch des Tieres zurückhält, ist damit nach wie vor offen, wo genau die Wölfin im Landkreis unterwegs war.

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Indes bestätigt das LfU, dass am 12. Mai vom Coburger Landratsamt der Hinweis weitergeleitet wurde, dass ein weiteres totes Reh mit Verdacht auf Tötung durch einen Wolf im Landkreis aufgefunden worden war. Das Landratsamt hatte unserer Zeitung am vergangene Freitag diese Meldung bestätigt; nun teilte der Pressesprecher des LfU jedoch mit, dass für die Behörde keine Möglichkeit bestanden habe, diesen Verdacht zu verifizieren. „Wir haben keine genauen Standortkoordinaten des Fundes. Und nach Ablauf von drei Tagen ist es auch nicht mehr möglich, geeignete genetische Proben vom Kadaver zu nehmen“, heißt es.

Der Landwirt und Kreistagsabgeordnete Gerhard Ehrlich aus Neuses an den Eichen glaubt dennoch daran, dass der Wolf im Itzgrund unterwegs war – und vielleicht noch ist. Erst am vergangenen Wochenende hatte er daher das Foto eines weiteren grausam zugerichteten Rehkadavers an die NP-Redaktion gemailt, um seiner Sorge Ausdruck zu verleihen. Das Tier war kurz zuvor von seinem Sohn an einem Feldweg zwischen Scherneck und Menschenbach entdeckt worden. „Man geht einfach zu leichtfertig mit dem Thema um, die Bevölkerung sollte einfach vorsichtig sein“, sagt der 72-Jährige und setzt auf eine Sensibilisierung. „Man kann doch nicht immer nur fragen – ist denn schon etwas in der Vergangenheit passiert? Wenn man so an eine Sache herangeht, dann bin ich damit nicht zufrieden.“ Der Umgang mit dem Thema belaste ihn und rühre ihn auf; mit dem Foto des Kadavers möchte er die Menschen in der Region aufrütteln. „Ich will, dass man sich rechtzeitig Gedanken macht und das Thema Wolf nicht einfach zur Seite schiebt“, betont er. Dass immer wieder solch zerfetzten Kadaver gefunden werden, belege, dass es inzwischen keine Seltenheit mehr sei, dass sich ein Wolf am Rehwild gütlich tue.

Das beim LfU angesiedelte Monitoring basiert auf genau solchen Meldungen möglicher Wolfsnachweise aus Bevölkerung und Jägerschaft; diese Meldungen sind – wie der Pressesprecher betont – freiwillig und keinesfalls verpflichtend. Die Hinweise können ganz einfach über die Homepage des Instituts – unter Angabe von Ort, Datum und Rahmenbedingungen des Fundes oder der Sichtung – abgegeben werden. Dass immer wieder Rehe gerissen werden – sollten diese tatsächlich einem Wolf zum Opfer gefallen sein – darin sieht der LfU-Sprecher darin keinen Grund zur Beunruhigung. „Rehe sind nun mal das Hauptnahrungsmittel von Wölfen und so soll es ja auch sein. Wenn ein Wolf ein Reh reißt, dann ist das also ein völlig natürliches Verhalten.“

Alex Krüger, der Kreisfachberater der Coburger Jäger, betont indes, dass ein sicherer Wolfsnachweis nur über eine genetische Probe des gerissenen Tieres, an dem Speichel des Angreifers haftet, erfolgen kann. „Alles andere wäre pure Spekulation. Denn auch Füchse und Wildschweine nagen – alleine anhand des Fotos von einem Kadaver kann ich nicht sagen, wer der Übeltäter war“, gibt er zu bedenken und verweist auf das am LfU angesiedelte Netzwerk Große Beutegreifer. Der erfahrene Jäger mahnt auch: „Man sollte mit dem Thema nicht so massiv umgehen. Wer weiß, ob wir den Wolf bei uns in den nächsten Tagen und Wochen überhaupt noch einmal zu Gesicht bekommen.“ Er persönlich gehe davon aus, dass der im März nachgewiesene weibliche Wolf längst wieder weitergezogen ist und sich „die Sache damit erledigt hat“. Im Übrigen sei es auch völlig normal, dass Rehwild seinen Standort mehrmals wechsele. Alleine aus der Tatsache, dass ein Sprung nicht mehr an einer Stelle stehe, lasse sich nicht schließen, dass die Tiere von einem Wolf verschreckt wurden. „Die Sprünge bilden sich vor allem über den Winter und Spätwinter. Aber wenn dann wieder die Vegetation losgeht und sich überall Futter finden lässt, suchen sich die Rehe neue Plätze“, so Alex Krüger, der betont: „Es ist eine normale Sache, dass sich Sprünge wieder auflösen und andere Einstände suchen.“

Das traditionell für Pfingsten geplante Vater-Kind-Zelten zwischen Neuses an den Eichen und Welsberg wird indes auch wie geplant stattfinden. Seit vielen Jahren wird das Event vom „Fanclub Red Residenz Coburg 01“ unter Regie von Red-Residenz-Präsident Norbert Scholz organisiert. Nach dem Wolfsnachweis im März erkundigte er sich bei der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Coburg. „Dort wurde mir gesagt, dass absolut keine Gefahr bestehe, dass ein Wolf den Menschen meidet und scheu ist“, sagt er und fügt hinzu: „Sorgen habe ich mir keine gemacht, aber als Veranstalter habe ich mich sofort an das Landratsamt gewandt. Wenn in irgendeiner Weise eine Gefahr bestehen würde, hätte ich einen Ersatz-Zeltplatz gesucht.“