Pflegekräfte Auch mit leichten Symptomen zur Arbeit

  Foto:  

Es ist ein Schritt nach vorne, wenn auch nur ein kleiner. Nachdem bisher nur positiv getestete Pflegekräfte ohne Symptome arbeiten durften, soll dies nun auch auf „geringe Symptome“ ausgeweitet werden.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Fehlende Mitarbeiter, die positiv getestet, aber mit gar keinen oder wenig Symptomen auf die heimische Couch gezwungen sind – das ist das Dilemma vieler Senioren- und Pflegeheime derzeit. Erst am Dienstag dieser Woche , 15. März, sorgte ein Hilferuf des Leiters des Eberner Seniorenzentrums Stefan Dünkel bei Facebook für Aufsehen (die Neue Presse berichtete). In nachfolgenden Gesprächen äußerte Dünkel den Wunsch, dass auch Mitarbeiter mit leichten Symptomen eingesetzt werden dürfen, da ihm – und auch vielen anderen Heimen – damit eine Last von den Schultern genommen würde: „Helfen würde es uns, wenn Positive, die Symptome haben wie bei einer Erkältung, nicht in Quarantäne müssen.“ Die, die es richtig erwischt habe, „die kommen doch eh nicht zur Arbeit. Die bleiben freiwillig daheim“, so seine Einschätzung.

Nun gibt es diesbezüglich positive Signale aus dem Landratsamt Haßberge: „Um den Betrieb aufrecht zu erhalten, werden aktuell die Ausnahmegenehmigungen – die sogenannten Arbeitsquarantänen – für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorbereitet, die keine bis kaum Symptome haben“, berichtete die Pressesprecherin des Landratsamtes, Monika Göhr, auf Anfrage der Neuen Presse. Die rechtliche Grundlage ergebe sich hier aus der sogenannten „Allgemeinverfügung Isolation“. „Hier wurde für solche Fälle die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung geschaffen“, so Monika Göhr. In den Ausnahmegenehmigungen sind Regelungen und Auflagen zur Einhaltung des Infektionsschutzes und zum Schutz anderer Mitarbeiter beinhaltet, beispielsweise sollen positive Mitarbeiter nur positive Bewohner pflegen, es gibt getrennte Mittagspausen der Mitarbeiter und andere Hygienemaßnahmen.

„Ein leichtes Halskratzen ändert für sich genommen an der Situation erst mal nichts, aber hier ist ein erhöhtes Maß an Kontrolle beziehungsweise das Achten auf weitere Symptome oder eine Verschlimmerung der Symptomatik notwendig“, erklärt Monika Göhr den Unterschied, warum positiv Getestete ohne Symptome bisher arbeiten durften; Kollegen mit geringen Symptomen hingegen nicht. „Hier sind wir mit den Einrichtungen und den Betroffenen immer im Austausch und beraten.“

Freilich, ein Allheilmittel ist diese weitere Option nicht, denn es bleiben die Einschränkungen, dass infiziertes Personal auch nur infizierte Bewohner pflegen darf. Gibt es in einer Einrichtung jedoch kaum infizierte Bewohner – dann ist auch das Einsatzgebiet des infizierten Personals eingeschränkt. Und: Das Problem in anderen Bereichen, in denen kein Bewohner infiziert ist, aber durch erkrankte Mitarbeiter ein Personalmangel herrscht, bleibt.

Wichtig ist daher vor allem, dass die Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Darauf weist Sabine Dittmar, selbst Medizinerin und Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, auf Anfrage der Neuen Presse hin. Auf das Geschehen im Eberner Seniorenheim angesprochen heißt es aus Berlin: „Die Lage ist bestürzend und zeigt einmal mehr, wie wichtig Hygiene- und Schutzkonzepte sowie umfassende Testregimes sind, um Infektion zu verhindern beziehungsweise frühzeitig zu erkennen.“

Um die Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeeinrichtungen bestmöglich zu schützen, habe die Bundesregierung darauf gedrungen, dass die Länder in den Heimen umfassende Schutzkonzepte implementieren, so Dittmar weiter. „Ziel ist es, Corona-Ausbrüche – und insbesondere Massenausbrüche in Einrichtungen mit besonders gefährdeten Personengruppen – zu verhindern.“

Leicht gesagt, doch die Schutzmaßnahmen in (Pflege)Heimen alleine nutzen nichts, wenn außerhalb der Heime solche Maßnahmen nicht beachtet werden. Denn die Infektionen kommen nicht selten auch daheim, über die Kinder zustande, wie Sandra Partosch, Einrichtungsleitung des AWO Seniorenzentrums Knetzgau, bereits in einem Gespräch mit der Neuen Presse am Mittwoch, 16. März, betonte.

Auch Sabine Dittmar sieht die Problematik, die durch Lockerungen verstärkt werden könnten. Die aktuelle Coronalage gebe, so Dittmar, keinen Anlass, „die Schutzmaßnahmen, die am 19. März regulär auslaufen, ersatzlos wegfallen zu lassen.“ Darauf habe Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wiederholt hingewiesen. „Der Bundestag verabschiedet daher am Freitag, 19. März, Änderungen im Infektionsschutzgesetz, damit Schutzmaßnahmen weiterhin angeordnet werden können.“ Die Länder seien aufgefordert, für eine Übergangszeit bis zum 2. April alle Schutzmaßnahmen zu verlängern und bis dahin entsprechende Hotspot-Regeln zu verabschieden.

Für den Landkreis Haßberge, der mittlerweile sogar Platz eins des bundesweiten Inzidenz-Rankings erreicht hat, ist das jedoch wenig hilfreich, erst recht für die Pflegeheime der Region. Die Regelungen, die nun das Landratsamt Haßberge ausarbeitet, soll den Einrichtungen wenigstens ein weiteres Mittel an die Hand geben, um mehr Mitarbeiter, die kaum merkbar erkrankt sind, einsetzen zu können.

Zwar liegt die neue Ausnahmeregelung den Einrichtungen noch nicht vor, wie Christine Vogl, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit beim Caritasverband für den Landkreis Haßberge e. V. mitteilt, aber man nutze bereits die aktuelle Regelung, nach der positiv Getestete ohne Symptome arbeiten dürfen (die Neue Presse berichtete). „Wir gehen nach wie vor von ‚symptomfrei’ aus, was die Ausnahmegenehmigung angeht, so wie es in der AV Isolation geregelt ist“, bestätigt Vogl noch einmal auf Nachfrage. „Gegebenenfalls ist die Kreisverwaltungsbehörde ja aufgrund der aktuellen Situation bei der Auslegung von ‚keine bis kaum’ symptomatisch nun großzügiger, dazu liegt uns allerdings nichts vor.“

Auch Angelika Schmidt, Fachbereichsleitung Altenhilfe des Caritasverbands für den Landkreis Haßberge e. V., bestätigt nochmals die aktuelle Ausschöpfung der Möglichkeiten: „Diese Ausnahmegenehmigung hilft uns, den Betrieb überhaupt aufrechterhalten zu können. Diese Möglichkeit der Ausnahmegenehmigungen gibt es ja schon länger. Wir haben auf diese auch schon immer wieder mal zurückgreifen müssen.“

Für die Bewohner selbst, die dann von positiv getesteten, also erkrankten Mitarbeitern gepflegt würden, sei dies kein Problem. „Die Bewohner fühlen sich sicher, wenn sie von positiven Pflegekräfte gepflegt werden – zusätzlich zur Erklärung der Situation hilft ja auch, dass die Pflegekräfte weiterhin FFP 2-Masken tragen. Generell wissen die Bewohner, dass wir kein Risiko eingehen, sie haben ein großes Vertrauen zu den Pflegekräften.“ Angehörige seien auch umgehend aufgeklärt worden, deshalb könnten diese, falls es doch Bedenken gebe (die es nicht gibt), letzte Beruhigung (per Telefon) schaffen.

„Da die Bewohner in ihrer bekannten Gruppe kohortenisoliert sind, fühlen sie sich auch gar nicht alleine, bei stark demenziellen Erkrankungen wird die Tatsache der Infektion auch oft gar nicht verstanden“, so Schmidt abschließend.

Am Donnerstagabend, 17. März, gibt es dann doch noch gute Nachrichten von Eberns Seniorenheimleiter Stefan Dünkel. „Ich konnte mit dem Gesundheitsamt aushandeln, dass Mitarbeiter mit leichten Symptomen arbeiten dürfen, sofern sei sich arbeitsfähig fühlen.“ Mitarbeiter hätten ihm auch bereits signalisiert, dass sie spätestens ab Montag wieder einsatzfähig sein könnten. Natürlich dürften diese nur die positiven Bewohner pflegen, „aber immerhin: es hilft“, freut sich Dünkel. kap

Autor

Bilder